Review Ad Nauseam – Imperative Imperceptible Impulse

Auf den ersten Blick scheint AD NAUSEAM – zu Deutsch „bis zum Erbrechen“ – ein recht banaler Name für eine Death-Metal-Band zu sein. Schließlich gehört es in dieser Stilrichtung doch geradezu zum guten Ton, mit Musik, Texten und Artworks Ekel zu erregen. Dass hinter dem lateinischen Namen der besagten italienischen Musikgruppe jedoch mehr als bloß schnöde Genrekonformität steckt, zeigt sich auf ihrem zweiten Album „Imperative Imperceptible Impulse“: Nicht nur erreicht die Band auf der knapp einstündigen Platte ein Level der Brutalität, dass sich einem vom Zuhören beinahe der Magen umdreht, sondern man hört dem Album auch an, dass das Quartett „ad nauseam“ an den Kompositionen getüftelt hat.

Um das wahnsinnige Klangchaos, das AD NAUSEAM in ihren Songs veranstalten, kurz und bündig zu beschreiben, bietet sich insbesondere ein Vergleich mit Imperial Triumphant an. Zwar tragen die Italiener ihre Jazz-Einflüsse nicht so deutlich nach außen wie die New Yorker mit deren illustren Piano- und Bläserarrangements, ihre avantgardistische Herangehensweise an Extreme Metal ist jener ihrer Kollegen in mancherlei Hinsicht jedoch zum Verwechseln ähnlich. Sowohl die in ihrer Wildheit regelrecht desorientierende, furchterregende Instrumentierung als auch die monströsen, wie aus dem gähnenden Schlund eines grotesken Molochs hervordringenden Screams und Growls hörte man zuletzt bereits in gleichermaßen beeindruckender Form auf „Alphaville“ (2020).

Surrende, verstörend dissonante Gitarrenriffs treffen auf halsbrecherische Schlagzeugeskapaden, ein abrupter Break jagt den nächsten und selbst in den schleppenden Passagen geben die Songs ein so beeindruckendes wie abstoßendes Bild ab. Und gerade wenn man meint, den Gipfel des Extremen erreicht und AD NAUSEAM endlich durchschaut zu haben, legen die Italiener noch eine Schippe drauf. So fließt etwa der Opener „Sub Specie Aeternitatis“ über gefühlt endlos anschwellende, unheimliche Soundflächen in das anschließende „Inexorably Ousted Sente“ hinein und die immer schneller werdenden Melodien im Zwölfminüter „Coincidentia Oppositorum“ werden mit jeder Wiederholung beängstigender.

In den wenigen Momenten, die AD NAUSEAM nicht von ihrer grässlichsten Seite zeigen, verarbeitet die Band ebenfalls allerlei spannende Ideen. Der Titeltrack und das albtraumhaft gehetzte „Horror Vacui“ werden etwa von teils tragischen, teils unheilvollen Geigen eingeleitet. In den letzten Minuten des Closing-Tracks „Human Interface To No God“ sind dann ausschließlich lässige Jazz-Gitarren und gestreichelte Drums zu hören – ein unerwartet ruhiger Abschluss, der mit seiner beunruhigenden Stimmung erstaunlich gut ins Gesamtbild passt.

Mit „Imperative Imperceptible Impulse“ haben AD NAUSEAM eines dieser seltenen Alben geschaffen, die selbst an Bands wie Anaal Nathrakh oder Ulcerate gewöhnte Hörer*innen noch an ihre Grenzen zu bringen vermögen. Mit ihren polyphonen und –rhythmischen, nicht zuletzt dank der wuchtigen, organischen Produktion unglaublich mächtig klingenden Songs ist die Platte ein ausgesprochen schwer zu schluckender Brocken, der gewiss ebenso schwer zu kreieren war. Es verwundert daher nicht, dass AD NAUSEAM nach ihrem Debüt „Nihil Quam Vacuitas Ordinatum Est“ (2015) sechs Jahre Zeit gebraucht haben, um etwas Derartiges hervorzubringen. Wer als bewanderter Metal-Fan erfahren möchte, wie Extreme Metal sich für damit nicht vertraute Menschen wohl anhören muss, wird durch „Imperative Imperceptible Impulse“ vermutlich ein Gefühl dafür bekommen.

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Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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