Review Æðra – Perseiderna

  • Label: Naturmacht
  • Veröffentlicht: 2016
  • Spielart: Black Metal

Fünf lange Jahre hat es gedauert, bis das Ein-Mann-Projekt ÆƉRA von Erik Lagerlöf, aktuell sesshaft in Denver, in Form des zweiten Albums „Perseiderna“ neues Liedgut präsentiert. Dem Bandnamen, der aus dem Isländischen stammt und so viel wie „höher“ oder „erhaben“ bedeutet, konnte der Musiker leider in den letzten Jahren nicht gerecht werden, wenn man den Bekanntheitsgrad betrachtet. Schade eigentlich, denn bereits der Vorgänger „The Evening Red“ beinhaltete  hochwertige Musikstücke. Wie sehr können also die sieben neuen Songs begeistern?

Anscheinend hat sich Erik Lagerlöf schon in Sachen Verpackung einige Gedanken gemacht. Der Titel „Perseiderna“ kommt aus dem Schwedischen und steht in der deutschen Sprache für die Perseiden oder auch Laurentiustränen, einen jährlich in der ersten Augusthälfte wiederkehrenden Meteorstrom, der für eine erhöhte Anzahl von Sternschuppen sorgt. Dazu passend liefert der US-Amerikaner ein stimmiges und nicht minder atmosphärisches Artwork, das einen schon vorab von lauschigen Sommernächten und fernen Welten träumen lässt. Ohne Umschweife startet der eröffnende Titeltrack in die Klangsphären des Black Metal, mit präsenten Gitarren, Double-Bass-Einsatz und krächzenden Screams. Auch wenn diese Gesangsparts kraftvoll überzeugen, so sind es doch die im zweiten Teil eingesetzten Instrumentalpassagen, die fesselnder und intensiver gestaltet wurden. Jede kleine Nuance der Musik von ÆƉRA kann sich so entfalten, seien es die verspielten Melodien der Saitenfraktion oder ihre walzenden Riffs. Alles in allem ein sehr guter Start in die knapp 60 Minuten, die „Perseiderna“ zu bieten hat. Diese Abwechslung zwischen harten Anteilen und melodischen Passagen wird auch im Anschluss beibehalten, mal ist die aggressive Seite schneller und ausgeprägter („The Rainflower Crest“) oder es werden vertrackte Schlagzeugrhythmen inklusive Piano  und Ambient-Klängen eingebunden („Tracing Luna’s Path“).

Gerade in diesen Momenten kommt die Stärke von ÆƉRA zum Tragen: Immer wenn man im Glauben ist, es passiert nichts Neues und die Längen schleichen sich in einen Song ein, dann kommen völlig unerwartete Stimmungswechsel zum Einsatz. So ist beispielweise „Alpenglow“, das nur vom Titel her an Nightwish erinnert, für knapp zwei Minuten ein lupenreines und instrumentales Post-Rock-Stück mit treibenden Drum-Pattern, setzt aber ebenfalls an Sludge erinnerende Momentaufnahmen ein. Den Abschluss des Longplayers bildet ein 18-minütiger Doppeltrack, der aus dem dreiminütigen Piano-Stück „The Shoreline’s A Starting Point…“ und dem 15 Minuten langen „…For The Long Road Home“ besteht. Letzteres bedient sich nochmals an allen bisher gehörten Elementen im weit ausholenden Stil: Breit angelegte Solo-Passagen, aggressive Screams über schnellen Gitarrenläufen, schleppende Akustik-Passagen oder tonnenschwere Doom-Riffs verbinden sich zu einem massiven Ungetüm eines Songs, der durch seine vielen Wechsel und Elemente deutlich schwerer greifbar ist als die vorherigen Titel. Dennoch ein versöhnlicher Ausklang aus dem Sternenschauer, der sich weitab unserer Erde alljährlich abspielt und vor allem durch seine intensive Art überzeugen kann.

Die Kompositionen von ÆƉRA sind auf „Perseiderna“ grundsätzlich von Härte geprägt, keifen wütend aus den Boxen und haben auch diese gewisse verwaschene Underground-Attitüde. Doch gerade im Zusammenspiel mit Akustik-Gitarren, Keyboard-Klängen und teilweise unvorhergesehenen Momenten entfaltet sich eine ganz eigene Atmosphäre, die diesem Release einen künstlerisch-wertvollen Anstrich verpasst. Erik Lagerlöf verarbeitet in ÆƉRA seine Liebe zur Musik, lässt sich von Grenzen nicht aufhalten und Konventionen sind sowieso kein Thema. Freunde progressiv-atmosphärischen Black Metals sollten sich, sofern sie den Output des US-Amerikaners bisher nicht kannten, dringend mit ebendiesem beschäftigen.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Christian Denner

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