Review Architects – For Those That Wish To Exist

Szenewächter und Keyboard-Warrior aller Länder vereinigt euch! ARCHITECTS haben ein neues Album am Start und es klingt absolut nicht nach dem gewohnten technischen Metalcore der Briten. Stattdessen ist „For Those That Wish To Exist“ vollgepackt mit Klargesang, Synthies, poppigen Refrains und jeder Menge Melancholie. Na wenn das mal kein Grund ist, die Social-Media-Kanäle mit negativen Kommentaren zu fluten. Aber Spaß beiseite, nicht nur Szenewächter, auch eingefleischte Fans der Band dürften an Album Nummer neun durchaus zu knabbern haben. Denn der Stilbruch ist durchaus radikal. Bereits auf den letzten Alben kam immer öfter der Klargesang von Sam Carter zum Einsatz und auch elektronische Elemente sind nicht fremd im Sound der ARCHITECTS, allerdings bilden sie nun die Grundpfeiler, auf denen „For Those That Wish To Exist“ steht. Metalcore für die Moshpits dieser Welt ist das nicht mehr, dafür aber sehr ambitionierter Breitband-Metal mit einem Hang zum Dramatischen.

15 Songs und gut eine Stunde Spielzeit umfasst das Album, und ja, nicht jede Nummer zündet, aber wer sich auf die Reise einlässt, wird erstaunt sein. Denn „For Those That Wish To Exist“ ist der Soundtrack zum Untergang der Welt, der Abgesang auf unsere egoistische Gesellschaft, die sich über 20 Grad im Februar freut und Schutzmaßnahmen gegen eine weltweite Pandemie verteufelt. Songwriter Dan Searle kanalisiert auf dem Album all seine Ängste vor der Zukunft, sein Unverständnis für die heutige Gesellschaft und die Wut, die er gegenüber unserer Tatenlosigkeit im Angesicht von Klimawandel und Co. empfindet. Und genau deshalb klingt die Scheibe auch so melancholisch, depressiv und hoffnungslos. Erreicht wird das vor allem über bombastische orchestrale Passagen, Sam Carters wehmütigen Klargesang und Riffs, die mehr Industrial-Metal oder NDH als Metalcore sind.

Die Aggressivität der früheren Alben findet sich auf „For Those That Wish To Exist“ nur noch punktuell, dafür teilen ARCHITECTS an diesen Stellen so richtig aus. Bestes Beispiel ist die Single „Animals“, die mit ihrem heftigen Industrial-Beat und den schweren Riffs keine Gefangenen macht. Auch „Black Lungs“ oder „Impermanence“ (mit einem furiosen Gastauftritt von Parkway-Drive-Monster Winston McCall) schlagen in diese Kerbe, warten aber auch noch mit epischen Synthie-Passagen auf. Anstatt technisch anspruchsvollere Metal-/Mathcore-Riffs setzt die Band in diesen Fällen auf unmissverständliche und effektive Härte.

Allerdings ist diese Härte nur ein Aspekt, der zur Weltuntergangsstimmung des Albums beiträgt. Entscheidend sind dafür vor allem die orchestralen Passagen. ARCHITECTS haben sich nicht lumpen lassen und dafür auf ein echtes Orchester zurückgegriffen, was dem Sound hörbar gutgetan hat. Schon der Opener „Do You Dream Of Armaggedon?“ besticht durch bombastische Arrangements. Die absolut perfekte Symbiose aus klassischer Bandbesetzung und Orchester bildet aber „Dead Butterflies“. Epische Streicher und Bläser machen das Stück zu einem fast schon an Filmmusik erinnernden Leckerbissen und erzeugen nachhaltig Gänsehaut.

Zu diesem ohnehin schon vielschichtigen Sound gesellen sich aber auch noch Synthies und Sam Carters variabler Gesang. Der Mann, der früher vor allem für sein „Blegh!“ berühmt war, zeigt sich auf „For Those That Wish To Exist“ so verletzlich wie noch nie. Innerhalb eines Songs wechselt er zwischen abgrundtief bösen Shouts hin zu tieftraurigem Klargesang und nimmt die Hörer mit auf eine emotionale Achterbahnfahrt. Besonders packend: das rein elektronische „Flight Without Feathers“ und der akustisch gehaltene Abschluss „Dying Is Absolutely Safe“. Carter liefert in diesen Stücken eine Gesangsperformance ab, die so ziemlich jedem nahegehen dürfte. Ganz großes Kino!

Mit Songs wie „Demi God „oder „Discourse Is Dead“ haben sich durchaus auch ein paar Längen eingeschlichen, aber das schmälert die Qualität des Albums nur marginal. Mit „For Those That Wish To Exist“ legen ARCHITECTS ein Mahnmal, eine Abrechnung vor, die nicht jedem gefallen wird. Aber das kann einer Band egal sein, die nicht nur karrieretechnisch viel erreicht, sondern auch den Tod eines geliebten Menschen überstanden hat. Daher können auch alle Hater dieser Welt nichts daran ändern, dass die Briten einen neuen Weg eingeschlagen haben, der uns noch viele ambitionierte Alben bescheren dürfte.

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Wertung: 8 / 10

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