Review Corvus Corax – Sverker

CORVUS CORAX lieben Herausforderungen. Das haben schon ihre beiden Umsetzungen des „Carmina Burana“-Stoffes mit dem Titel „Cantus Buranus“ gezeigt. Nachdem diese mit dem zweiten Album offensichtlich abgeschlossen sind, wenden sich die deutschen Urväter der Mittelalter-Spielleute neuen Ufern zu. Mittel-, Ost- und Südeuropa haben sie weitestgehend abgegrast, deshalb geht der kompositorische Weg diesmal vor allen Dingen gen Norden. CORVUX CORAX haben dabei keine Mühen gescheut und elf Staaten bereist, um sich musikalisch inspirieren zu lassen. So sind es die traditionellen Weisen der Kelten und der Wikinger, die auf „Sverker“ in typischer Art und Weise vertont werden.

Auch die Besprechung des Albums ist eine kleine Herausforderung, da die Stücke viele Facetten beinhalten und das Werk dadurch sehr vielschichtig wird. Man ist versucht, die Songs zu analysieren, was aber einen sehr trockenen Lesegenuss mit sich bringen würde. Also versuche ich, meine Eindrücke von „Sverker“ überschaubar zu halten.
Mit „Intro Gjallarhorni“ und „Gjallarhorni“, die in meiner Ansicht eigentlich zusammen einen Track bilden, beginnt das Werk sehr hymnisch und urtümlich. Der Titeltrack „Sverker“ wirkt mit schwerem Rhythmus und getragenen Melodien düsterer und etwas melancholisch, hat aber durch die Chorgesänge ebenfalls einen sehr hymnischen Touch. Das emotionale Gegenteil bildet das folgende „Fiach Dubh“ mit ziemlich fröhlicher Melodie und beschwingten Rhythmen, die zum Mittanzen einladen. Das kurze Trinklied „Trinkt vom Met“ bildet sozusagen das Intro für den Song „The Drinking Loving Dancers“, der teilweise ein bisschen wie ein altertümlicher Shanty anmutet.
Die zweite Albumhälfte ist nicht so stimmungsvoll, sondern setzt verstärkt auf tiefgründige Atmosphäre, die bei „Lá í mBealtaine“ gleich mal nachdenklich und etwas traurig anmutet, während das dänische „Havfrue“ (Meerjungfrau) mehr mit lieblichen, ohrschmeichelnden Melodien arbeitet. Das sehr traditionell angehauchte „Baldr“ wirkt wie ein Heroen-Lied und das vergleichsweise schwere „Ragnarök“ wie ein düsterer Schlachtenepos. Das Highlight des Albums offenbart sich aber erst am Schluss mit der variantenreichen und bezaubernden Dudelsack-Hymne „Na Láma-sa“.
Aber egal, ob nun stimmungsvoll oder tiefgründig, ob fröhlich oder episch, ob romantisch oder düster, CORVUS CORAX zaubern aus allen verwendeten Traditionals Stücke, die sich schnell der Gehörgänge bemächtigen und auch nachhaltige Eindrücke hinterlassen. Qualitative Unterschiede kann ich auf „Sverker“ nicht entdecken. Es wird durchweg ein hohes Songwriting-Niveau gehalten. So haben sich die vielzähligen Reisen in die Welten der Kelten und Wikinger und die Inspirationen durch traditionelle und folkloristische Lieder für die Berliner Spielleute auf jeden Fall gelohnt, denn sie können im Jahre 2011 tatsächlich eines der stärksten Werke ihres langjährigen Schaffens präsentieren.
Mit ihrem Instrumentarium aus Dudelsäcken, Schalmeien, Drehleiern, Hörnern und Schlagwerk sind CORVUS CORAX für diese Kompositionen auch bestens gerüstet. Neu ist ein derart hymnischer Einsatz der Chorgesänge, aber wie „Sverker“ zeigt, beherrschen sie dies auch bestens. Es gibt also auf der handwerklichen Seite nichts zu beanstanden.

Das Beschreiten neuer Wege hat sich rentiert und die Herausforderung, keltische und skandinavische Traditionals in bandtypischer Art und Weise umzusetzen, wurde gemeistert. CORVUS CORAX erfreuen uns auf „Sverker“ mit vielschichtigen nordischen Hymnen, und Freunde dieser folkloristischen und traditionellen Klänge greifen hier zu.

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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