Das Musikjahr 2017 ist dem US-amerikanischen Brutal Death Metal bislang mehr als wohlgesonnen: Mit Immolation und Suffocation meldeten sich zwei große Bands des Genres mit jeweils sehr starken neuen Platten zurück. Da lassen es sich DYING FETUS, die aus Annapolis stammenden Meister des brutalen Todesmetalls, ebenfalls nicht nehmen, mitzumischen – und das ist auch überfällig, denn fünf Jahre sind seit dem letzten, zu Recht fast durchweg positiv rezipierten Langspieler „Reign Supreme“ vergangen – eine Zeitspanne, die DYING FETUS ihren Hörern noch nie aufgebürdet haben. Aber gut Ding braucht oftmals eben Zeit.
Anlegen sollte man sich mit dem Drei-Mann-Trupp jedenfalls nicht. Das implizieren nicht nur der Titel des neuen Albums „Wrong One To Fuck With“ sowie sein morbides, blutiges Artwork (welches im Laden übrigens aus Zensurgründen durch einen Pappschuber mit der Aufschrift „Cover too explicit“ verhüllt wird), sondern auch und in erster Linie die darauf befindliche Musik – denn hier wird in bester DYING-FETUS-Manier alles und jeder eingestampft und gnadenlos dem Erdboden gleich gemacht. Zehn, den Bonustrack „Induce Terror“ eingerechnet elf Abrissbirnen sorgen dafür, dass von den rund 50 Minuten, auf die es der Silberling bringt, nicht eine einzige ruhig abläuft. Der Clou dabei: Ein Song ist besser als der andere! Wie verbissen man auch danach sucht, man wird auf „Wrong One To Fuck With“ nicht einen qualitativen Ausbruch nach unten finden. Hier jagt ein Mörderriff das nächste, massive Breakdowns hauen selbst den standhaftesten Todesmetaller aus den Schuhen und die biestigen Vocals klingen einmal mehr wie von einem zutiefst unmenschlichen Ding aus dem tiefsten aller Sümpfe. Großartig! All diese Elemente in ihrer Kombination sorgen dafür, dass die nicht unbedingt kurzen Nummern (nur „Panic Amongst The Herd“ unterschreitet die Vier-Minuten-Marke) stets spannend und mitreißend bleiben.
Die gleichbleibend hohe Qualität der Songs macht es umgekehrt schwierig, klare Höhepunkte zu benennen, denn seien wir ehrlich: Allzu sehr unterscheiden sich die Nummern bei den ersten Hördurchgängen nicht. Einzelne Songs wie „Ideological Subjugation“ mit seinem gekonnt abwechslungsreichen Gitarrenspiel oder „Weaken The Structure“, das mit einer fast sanften, nahezu schon wehmütig klingenden Gitarre beginnt, bevor es sich in die typische DYING-FETUS-Eruption entlädt, tun sich zwar hervor. Dennoch fällt es auch nach mehrmaligem Genuss der Scheibe schwer, bestimmte Nummern gegenüber anderen explizit positiv hervorzuheben. Vielmehr wirkt „Wrong One To Fuck With“ wie ein Sog, dessen Zugkraft man sich nicht entziehen kann, sobald man einmal hineingeraten ist. Das lohnt sich in jedem Fall ob der hohen Qualität des dargebotenen Materials – eine gewisse Bereitschaft, sich auf ein Album einzulassen, dessen Songs Zeit brauchen, muss man jedoch mitbringen. Echte Weiterentwicklung sollte ohnehin niemand erwarten, hier wird nicht mehr und nicht weniger als der unverfälschte DYING-FETUS-Sound geboten. Dieser ist es jedoch letzten Endes, auf den sich der Hörer einmal mehr blindlings verlassen kann und der das achte Album der Gruppe zu dem Highlight macht, das es ist.
Mit „Wrong One To Fuck With“ müssen sich DYING FETUS nicht hinter den überaus wertigen neuen Platten diverser Genrekollegen verstecken. Sie liefern ein Album ab, das sich hervorragend in die bisherige Diskographie einreiht und bei der Gruppe nicht die geringsten Ermüdungserscheinungen erkennen lässt. Brachial, gewaltig und mitreißend – das sind nur einige der Adjektive, die für diese Meisterleistung aus Übersee stehen. So macht brutaler Death Metal Spaß!
Wertung: 9 / 10