Ellereve - Reminiscence Cover

Review Ellereve – Reminiscence

Eisenwald ist in erster Linie ein Hort für Black-Metal-Bands. Im Roster des deutschen Underground-Labels findet sich zwar auch das eine oder andere dem Doom Metal oder Folk zugeneigte Projekt, der Großteil der unter Vertrag genommenen Acts lässt sich jedoch mit drei Worten beschreiben: archaisch, martialisch, männlich. ELLEREVE, das Soloprojekt der Newcomerin Elisa Giulia Teschner, ist mit seinem irgendwo zwischen Post-Rock, Electropop und Singer/Songwriter-Musik angesiedelten Sound und seiner eher modernen, grazilen Ästhetik demnach geradezu das Gegenteil dessen, was man aus dieser Nische der deutschen Musiklandschaft gewohnt ist. Dass Teschner das Label dennoch von sich überzeugen konnte, spricht vorab dafür, dass ihr Debüt „Reminiscence“ etwas Besonderes sein könnte.

Tatsächlich stellt ELLEREVE auf dem Nachfolger ihrer Debüt-EP „Heart Murmurs“ spielerisches Talent und auch einen gewissen Einfallsreichtum unter Beweis. Die klare, sanfte Singstimme der Nachwuchskünstlerin und ihr instrumentales Können erweist sich im Zuge der Platte als ebenso solide wie jenes ihrer mitwirkenden Live-Band. Unter den teils kräftig-rockigen, teils betont feinfühligen Songs findet sich zudem durchaus das eine oder andere Kleinod.

Zwischen den überwiegend melancholischen Liedern tut sich etwa das trostspendende „I Am Enough“ hervor und das zu Beginn seinem Titel entsprechend karge „The Empty Chair“ bäumt sich schließlich in feinster Post-Rock-Manier mit röhrenden Gitarren zu einem zutiefst bewegenden Finale auf. Von den in der CD-Version des gerade mal halbstündigen Albums enthaltenen, bereits zuvor veröffentlichen Bonustracks prägen sich vor allem das mit seinen drohend schleppenden Gitarren und Drums an Chelsea Wolfe erinnernde „Photographs“ und das betrübliche Pianostück „Colorblind“ ein.

In puncto Songwriting ist ELLEREVE allerdings leider nicht so konsistent wie bei der Performance an den Instrumenten. Während einige Tracks wie das unschlüssig endende „In Infinite Light“ einen stringenten Aufbau vermissen lassen, plätschern andere bloß vor sich hin, ohne einen dauerhaften Eindruck zu hinterlassen. Auch scheinen Teschner kaum zündende Hooks in den Sinn gekommen zu sein, was umso mehr dadurch auffällt, dass ihr Gesang den Mix oftmals geradezu dominiert. Die grundsätzlich schön klare und kraftvolle Produktion der Platte weist leider auch anderweitig Schwächen auf – beispielsweise den seltsam belegten Sound der Vocals in „Somewhere“. Dass ELLEREVE nicht ihr volles Potenzial auszuschöpfen scheint, liegt letztlich aber doch hauptsächlich an dem mäßig spannenden Songmaterial selbst.

Der große Wurf, für den man „Reminiscence“ vorab aufgrund des dahinterstehenden Labels halten mochte, ist das erste Full-Length von ELLEREVE bedauerlicherweise nicht. Zwar wurden die oberflächlich durchaus gefälligen Tracks ohne auffällige Patzer eingespielt und manche davon spielen effektiv auf der Klaviatur der Gefühle. Ein großer Teil des Albums kommt mangels prägnanter Melodien und mitreißender Arrangements jedoch nicht an die Veröffentlichungen vergleichbarer Künstlerinnen wie Emma Ruth Rundle oder Zola Jesus heran – dies von einer Neueinsteigerin zu erwarten, wäre jedoch freilich ohnehin vermessen. ELLEREVE sollte man also nicht voreilig abschreiben – vielleicht wird man von Teschner in Zukunft ja noch mehr Stücke wie „The Empty Chair“ zu hören bekommen.

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Wertung: 6 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

Ein Kommentar zu “Ellereve – Reminiscence

  1. Ist auch kein Wunder. Elisa springt schon immer auf jeden Trend-Zug auf, den sie finden kann. Jetzt eben die Ruth Rundle Ecke, inklusive hastig schwarz gefärbter Haare für die Metal-Fans. Naja.

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