Auch Italien leistet einen beachtlichen Beitrag zur längst zum Establishment avancierten Retro-Thrash-Szene: Seit 2008 aktiv, sind die aus Ferrara stammenden GAME OVER sicher keine Newcomer mehr, sondern steuern inzwischen rasant auf ihren 20. Geburtstag zu. Seit ihrer Gründung hat es die Truppe vom nördlichen Stiefel nicht nur zu einem Vertrag mit Scarlet Records, sondern auch auf stolze fünf Alben gebracht. Gerade mal zwei Jahre nach dem letzten Output „Hellframes“ steht mit dem verheißungsvoll betitelten „Face The End“ nun das nächste GAME-OVER-Album in den Startlöchern.
Ach ja, die 80er – irgendwie sowieso nie out, aber spätestens seit „Stranger Things“ wieder absolut in. Entsprechend kokettiert auch das Intro zu „Face The End“ mit dem Pathos einschlägiger Horrorfilme der Epoche, was für eine stimmige Kombination aus kultigen Synthies und Gitarrenbombast sorgt, die schon mal die Tonlage für das nachfolgende Album festlegt. Danach gibt es dann durch die Bank präzisen Hochgeschwindigkeits-Thrash, mit dem GAME OVER zwar keinen Innovationspreis gewinnen werden, aber immerhin den denkbar besten Soundtrack für jede bierselige Headbanger-Party liefern.
Party, weil sich GAME OVER offenkundig selbst nicht allzu ernst nehmen und in ihren überwiegend kurzen, knackigen Songs so ziemlich jedes Rock-Klischee in die Geschwindigkeit und Aggression des Thrash Metal übertragen. Wie sich in gelungenen Nummern wie „Lust For Blood“ oder „Neck Breaking Dance“ zeigt, rückt das die Italiener in stilistische Nähe zu ihren Landsleuten National Suicide. In „Grip Of Time“ sowie „Veil Of Insanity“ geht das Rezept sogar derart gut auf, dass die Truppe kurzzeitig am Thron der Genre-Überflieger Angelus Apatrida rüttelt. Vergleiche hin oder her, die auf „Face The End“ gebotene Kombination aus kernigen Thrash-Riffs mit whiskygetränkten Leads und singbaren Refrains funktioniert prächtig und macht ordentlich Laune.
Dem stehen auf „Face The End“ mit „Lost In Disgrace“ und dem epischen „Crimson Waves“ auch ein paar längere, „ernstere“ Songs gegenüber. Für sich genommen sind auch das durchaus starke Tracks, im Kontext der eher unbeschwerten übrigen Songs nehmen sie aber auch den Zug aus dem Album – als wäre die Party gerade in vollem Gange und plötzlich stehen die humorlosen Nachbarn vor der Tür. Man kann das natürlich auch anders betrachten, denn diese etwas vielschichtigeren Songs sorgen auch für Abwechslung, aber es bleibt der Eindruck, dass GAME OVER sich mit dem Partysound wohler fühlen.
Mit „Face The End“ ist GAME OVER ein ziemlich starkes Crossover-Thrash-Album gelungen – nicht ganz so ungestüm wie bei den Kollegen Municipal Waste oder National Suicide, aber bei weitem unbeschwerter als der Stoff von Bands wie Warbringer und Suicidal Angels. Dass sie auch diese Seite beherrschen, beweisen die Italiener mit den wenigen ausgefuchsteren Songs der Platte, ihre Stärke liegt aber eindeutig im rotzigen Party-Soundtrack. Doch auch hier sollte man die Truppe aus Ferrara nicht unterschätzen, denn selbst in unter drei Minuten pro Song bringt sie einiges an Finesse unter. Klare Kaufempfehlung für jeden Thrasher mit dem Wunsch nach einer unbeschwerten halben Stunde.
Wertung: 7 / 10