Review Garmarna – Förbundet

Seit einigen Jahren erlebt das Interesse am vorchristlichen Skandinavien ein Comeback. Serien über plündernde Nordmänner wie „Vikings“ überschwemmen regelrecht die Streaming-Plattformen und in der Musikbranche sind die Klangschamanen Heilung quasi über Nacht zur Nordic-Folk-Sensation geworden. GARMARNA vertonten traditionelle skandinavische Volkslieder jedoch schon lange, bevor es „cool“ wurde, sich mit der nordischen Mythen- und Sagenwelt zu befassen. Dass der abrupte Schwenk in Richtung Electro-Pop auf ihrem sechsten Album „6“ (2016) nicht jedem ihrer Fans schmecken würde, war da nur allzu vorhersehbar. Mit dem nachfolgenden „Förbundet“ kommen GARMARNA dem konservativen Teil ihrer Anhängerschaft inzwischen allerdings wieder ein Stück weit entgegen.

Das schlägt sich bereits in der Tracklist nieder: Nach dem hauptsächlich von der Band selbst geschriebenen „6“ interpretieren GARMARNA auf der Nachfolgeplatte nun wieder in erster Linie althergebrachtes Liedgut aus dem europäischen Norden. Dass hierin die eigentliche Stärke des Quintetts liegt, zeigt sich gerade in der Gegenüberstellung mit den wenigen Eigenkompositionen auf dem Album. So angenehm das zarte, mit Zeitlupenbeats unterlegte „Vägskäl“ auch klingen und so atmosphärisch das Outro „Din Grav“ die Platte auch abrunden mag – die wahren Highlights findet man auf „Förbundet“ anderswo.

Und GARMARNA geizen damit nicht, noch lassen sie damit lang auf sich warten: Schon der Opener „Ramunder“, der sich im Gegensatz zu Myrkurs gemächlicher Version auf „Folkesange“ (2020) als energiegeladene Folk-Rock-Nummer präsentiert, zeigt, wie spannend alte Lieder sein können, wenn sie neu aufbereitet werden. Doch nicht nur mit den fetzigeren Songs, in denen die Schweden ihr vielseitiges Repertoire an traditionellen Instrumenten – darunter Hurdy-Gurdy, Moraharpa und Hardangerfiedel – mit modernem Drumming und dezenten Electronic-Sounds versetzen („Dagen Flyr“), wissen GARMARNA zu überzeugen.

Auch die weniger flotten Tracks wie das schunkelnde, leicht mysteriöse „Två Systrar“, das resolut stampfende „Lussi Lilla“ und „Avskedet“ mit seiner bedeutungsschweren Kantele sind voll mit interessanten Details und mitreißenden Melodien, die nicht grundlos Jahrhunderte überdauert haben. Zwischen den von Song zu Song wechselnden Instrumenten ist Emma Härdelins treffsicherer und bodenständiger Gesang einmal mehr die alles zusammenhaltende Konstante. Ein großes Lob verdient außerdem die von Christopher Juul von den eingangs erwähnten Heilung übernommene Produktion, durch die das Album vielschichtig, glasklar und trotz seines urigen Charakters vollkommen zeitgemäß klingt.

Obwohl ein so konsequenter künstlerischer Bruch mit der Vergangenheit, wie ihn GARMARNA mit „6“ gewagt haben, durchaus Anerkennung verdient, ist es doch schön, dass die Band nun wieder an ihren angestammten Platz zurückgekehrt ist. Schließlich zeigt sich auf ihrer siebenten LP einmal mehr, dass die Schweden sich am Besten darauf verstehen, aus Altem Neues zu machen. „Förbundet“ ist nicht nur prägnant arrangiert und produktionstechnisch top, GARMARNA ist es darauf darüber hinaus gelungen, die von ihnen aufgegriffenen Traditionsstücke zu modernisieren und zugleich ihr zeitloses Wesen zu bewahren.

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Wertung: 8 / 10

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