Review Grift – Vilsna Andars Boning (EP)

Bands wie Ulver und Satyricon machten es in den 90ern vor, unzählige Bands haben ihr Vermächtnis inzwischen fortgesetzt und es an neue Ufer geführt: die Fusion von Black Metal und Folk. Einer der Musiker, die diese verheißungsvolle Nachfolge angetreten sind, ist Erik Gärdefors, der mit seinem Soloprojekt GRIFT im Untergrund bereits weitreichendes Ansehen genießt. Volkstümliche, akustische Musik und der ungezähmte Black Metal der zweiten Welle waren von Anfang an charakteristisch für das schwedische Projekt, das 2017er Album „Arvet“ vermittelte zuletzt jedoch den Eindruck, dass der Folk langsam, aber sicher mehr Raum für sich beanspruchte. Es ist somit nur folgerichtig, dass GRIFT mit „Vilsna Andars Boning“ nun eine komplett akustische EP herausgebracht hat.

Wer jetzt denkt, GRIFT hätte hier schlicht auf verzerrte E-Gitarren und Blast-Beats verzichtet und sonst sei alles wie gehabt, der befindet sich auf dem sprichwörtlichen Holzweg. Mehr noch als es bei den nicht-elektronischen Bestandteilen früherer Veröffentlichungen der Fall war, hat der experimentierfreudige Einzelmusiker sein Songwriting für die zwei neuen Songs strikt auf das Wesentliche reduziert – und sich damit eigentlich sogar dem Kern der Stilrichtung angenähert.

Tiefer, trübsinniger Gesang – der heisere Schreigesang, den man sonst von GRIFT gewohnt ist, kommt hier gar nicht zum Einsatz – Akustikgitarre und gelegentlich mal gelassene Perkussion sowie unaufgeregte, melancholische Bläser sind alles, was man auf dem gut zehnminütigen Minialbum zu hören bekommt. Langeweile kommt hier dennoch zu keiner Zeit auf. Sowohl das schwungvolle „Bortom Berget“ als auch das eher gemächliche, wehmütige „Dårarnas Massiv“ wissen beide auf ihre Weise zu gefallen. Die Instrumentalisierung wie auch die Produktion sind wunderbar naturbelassen und aufgrund ihrer strukturellen Einfachheit gehen die beiden Nummern schnell ins Ohr.

Letzteres ist im Fall von „Vilsna Andars Boning“ jedoch ein zweischneidiges Schwert. Minimalismus kann gerade im Folk gewiss ein wirkungsvolles Stilmittel sein, doch es lässt sich kaum bestreiten, dass GRIFT schon um einiges interessanteres Material in seinem Repertoire hat, auch im EP-Format und auch innerhalb der Grenzen des Folk. Eine geänderte Herangehensweise allein macht nun mal noch keinen spannenden Song aus und so gibt es auf „Vilsna Andars Boning“ zwar praktisch nichts zu bemängeln, aber eben auch kaum etwas hervorzuheben.

Im Grunde genommen findet sich auf der dritten EP aus dem Hause GRIFT alles, wofür folkloristische Musik steht: ungekünstelte Natürlichkeit, Nachdenklichkeit und eine urtümliche Simplizität, die keineswegs mit Trivialität gleichzusetzen ist. Dennoch ist nicht abzustreiten, dass es in der Diskographie von GRIFT wesentlich Aufregenderes zu entdecken gibt, sodass „Vilsna Andars Boning“ letztlich wohl dazu verdammt ist, eine unauffällige Randnotiz im sonst so außergewöhnlichen Katalog des Projekts zu bleiben. Als Zwischenspiel zur zeitlichen Überbrückung bis zum nächsten Release oder als Teil einer geruhsamen Folk-Playlist eignet sich die EP zweifelsohne. Ob sich hierfür auch langfristig Begeisterte finden, ist jedoch fraglich.

Keine Wertung

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