Review Hypocrisy – Hypocrisy

  • Label: Nuclear Blast
  • Veröffentlicht: 1999
  • Spielart: Death Metal

Diese CD kam zu einem Zeitpunkt raus, als es die Band eigentlich schon gar nicht mehr geben sollte. Peter Tägtgren war doch arg erbost über den mangelnden Einsatz seiner Spießgesellen während der letzten Jahre und so wurde der Vorgänger nicht umsonst „The Final Chapter“ tituliert. Warum man sich danach wieder zusammenraufte, wissen, obwohl das Werk von der Presse mächtig abgefeiert wurde, bis auf die Involvierten wohl nur die Elche, die an Peterchens Blockhütte im beschaulichen Mittelschweden spinxten.

Auch wenn man nicht unbedingt von einer (todes-) metallischen Offenbarung reden muss, es ist gut, dass HYPOCRISY weitergemacht haben. Auch wenn man nie wieder so gut wurde wie zur glorreichen Mittelzeit (hier muss in jedem Fall „Abducted“ genannt werden, aber auch das angesprochene „The Final Chapter“ geht gut ab), HYPOCRISY ist einfach eine Institution in Sachen Schweden-Tod. Und so war jeder Fan froh, als 1999 das selbstbetitelte Album auf den Markt kam, welches freilich mit dem einen oder anderen Gassenhauer aufwarten kann. Zu gut erinnert man sich noch an die Nuclear-Blast-Festivals, bei denen Peter das hypocrisiale Set standesgemäß mit einer Arschparade eröffnete. Und dabei kam selbstverständlich „Fractured Millenium“ zum Zuge, ein Song, über den man natürlich denken kann, was man will. Damals (und auch heute, eigentlich) war es ein atmosphärischer Todesbrecher, wie man ihn wohl selten erlebte… diese erhabenen Keyboards im Intro, welche recht bald Unterstützung in Form einer einfachen, aber effektiven Gitarre fanden, der markerschütternde Schrei, das perfekt sitzende Arrangement… böse Zungen sprechen hier wohl gerne von Kommerz und auch wenn ich mich soweit nicht aus dem Fenster lehnen wollte, die Nummer ist schon hübsch zurecht gemacht. Dass es auf dem ganzen Album lyrisch sicher zweitklassig zugeht, dürfte kaum jemanden stören, denn erstens war es im Prinzip nie anders und zweitens sind Death-Metal-Bands auch nicht unbedingt für textliche Innovation bekannt. Peter und Co machen einfach ihr Ding, und damit ist man ja auch zufrieden. Vor allem, wenn es ähnlich elegant dahergeht wie z.B. bei „Until The End“, einem Titel, den man sowohl vom Titel, als auch von den Lyrics und der Musik vielleicht eher einer klischeehaften Gothic-Truppe in die Schuhe schieben würde. Eine Menge akustische Gitarre, depressive Atmosphäre und Zeilen, die vom Krebstod handeln sorgen für eine wohlige Schauderatmosphäre, die man den Schweden ohne weiteres abnimmt, hier wird Metal zum Wohlfühlen geboten.

Metal zum Wohlfühlen könnte für alteingesessene Fans eventuell ein Stichwort sein, teilweise geht es ja doch recht bedächtig zur Sache, vor allem gegen Ende überzeugen HYPOCRISY, wie so oft, durch die softeren Songs. Diesmal sind es „Disconnected Magnetic Corridors“, welches eine Gitarrenmelodie parat hält, die sich einfach nur angenehm-schmerzlich ins Herz gräbt, und die Megaballade – für diesen Ausdruck möchte ich mich gerne entschuldigen – „Paled Empty Sphere“, welches sogar meiner Schwester gefällt. Die Highlights wären damit zwar genannt und tatsächlich muss man bekennen, dass man in der Tat einiges gut, aber nichts wirklich richtig macht. Zu viele Lieder kriegen den Stempel: ok, aber mehr nicht. Und wer Metal1 kennt, weiß, dass es fast nichts Schlimmeres gibt, denn ok ist eben nicht die höchste angestrebte Qualität oder, wie mein Mathelehrer zu sagen pflegte: Glauben heißt nicht wissen und nicht wissen heißt sechs.

Meine Herren, so sehr wir uns auch über ein Album voller knackiger Hymnen freuen, so sehr hätten wir uns auch ein oder zwei Hits mehr gewünscht. Die konnte man auch damals schon von Tägtgren erwarten, er zeigte es ja nicht zuletzt auf „Abducted“, aber so bleibt ein sehr zwiespältiges Album. Auf der einen Seite natürlich Songs wie „Until The End“ oder „Fractured Millenium“, bei denen kaum ein Wunsch offen bleibt, aber dann auch Rohrkrepierer wie „Time Warp“ – Lars Szöke würde ich nicht mal einen Vorwurf machen, aber was hat dieser Gesang hier verloren – die es einem doch ziemlich verleiden. Konsequenterweise ist es kein Album, welches man in der Rotation hören muss, der eine oder andere Song darf aber gerne beizeiten hervorgeholt werden. Das Cover ist aber auch blöd.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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