Review Imperia – Tears Of Silence

Oha, einem plakativen Albumtitel folgt in der Regel nicht viel Gutes. Im Falle der recht international aufgestellten IMPERIA bleibt das Klischeegespenst aber erstmal nur eine Vision, präsentiert das Quartett doch seit einem guten Jahrzehnt durchaus ansprechende Musik, ohne dabei auf knapp an der Grenze zur Peinlichkeit schiffende Texte und Songtitel zu verzichten. Dementsprechend klingt „Tears Of Silence“ zwar bedrohlich, aber der Hörer darf dennoch guten Mutes an die vierte Scheibe der symphonischen Gothic Metaller herantreten.

Immerhin erwarten ihn üppige 65 Minuten, die sich auf 13 Songs verteilen, welchen wiederum Abwechslung kein Fremdwort ist. Zwar sind die Ausbrüche in Richtung höheres Tempo eher selten und auch die Quotenballaden fallen ungewohnt rockig aus (wenn man das abschließende „Broken Hearts“ einmal außen vorlässt, dieses ist aber ebenso wie Song Nummer zwölf ohnehin „nur“ ein Digipak-Bonus). Dafür arbeiten die Musiker um Frontfrau Helena Michaelsen instrumental auf interessantem Niveau, wenn man es einmal so ausdrücken will. Der wunde Punkt ist die recht geringe Eingängigkeit des Materials, obwohl (oder gerade weil) jeder Song eine ganz eigene Dynamik erhält. Mal streuen IMPERIA überraschende Breaks ein, dann übernimmt das Keyboard die Führung, die Gitarren spielen songdienlich, sind aber für gelegentliche Farbtupfer wie orientalische Melodien oder Soloeinlagen fast jederzeit zu haben. Diese aufwändige Melange macht es dem Hörer schwer, hinter das Konzept von „Tears Of Silence“ zu steigen.
Für Wiedererkennungswert könnte da die stimmgewaltige Frontfrau sorgen, aber auch sie vermag es nicht, die Lieder schnell von der Platte in Kopf und Herz des Adressaten zu leiten. Mal sanft, mal hart, mal sogar gegrowlt, aber zum Glück nie in Opernsphären intoniert Helena zwar zielsicher und tongenau, aber die Emotionen bleiben insgesamt zu lange auf der Strecke. Es braucht schon viele Durchläufe, um die Perlen der Scheibe auszumachen. Dann gelingt es IMPERIA aber immerhin, diese breit gefächert zu verteilen: Die hymnenhaften „Broken (When The Silence Cries)“ und „Spirit Chase (Keep Fighting)“ flankieren ganz gut das teilweise überraschend harte „My Screaming Heart“. Dieses gefällt nicht nur durch die orchestralen Keyboards, sondern bleibt durch einen starken Refrain und Growls gesanglich ebenso interessant wie durch die Double-Bass- und Blast-Beat-durchsetzten Parts, in denen das Schlagzeug den Rest der Truppe an die Hand nimmt. In diesen Momenten kommt „Tears Of Silence“ auch die druckvolle Produktion zu Gute, welche vor allem mächtig sägende Gitarren, aber auch knallige Drums parat hat. So darf Gothic Metal auch mal klingen!

Die vielen positiven Aspekte sprechen für IMPERIA, können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass „Tears Of Silence“ ein Album ist, das letztlich zu schwer in die Gänge kommt. Sehr fraglich, ob das Vier-Länder-vier-Musiker-Projekt heutzutage mit diesem Konzept noch eine große Zahl an Hörern erreichen kann, auch wenn die Musik durchaus gut gemacht ist. Der Eindruck, die Platte hätte auch viel besser klingen können, bleibt jedenfalls zurück.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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