Review Joe Bonamassa – Blues Of Desperation

  • Label: Mascot
  • Veröffentlicht: 2016
  • Spielart: Hard Rock

16 Jahre sind bereits vergangen, seit JOE BONAMASSA – damals blutjung – mit „A New Day Yesterday“ seine erste Soloplatte auf den Markt brachte. 16 Jahre, in denen zwölf Soloalben, drei Alben mit Black Country Communion, zwei mit Beth Hart, eines mit der Rock Candy Funk Party sowie unzählige Live-Veröffentlichungen das Licht der Welt erblickten. Bonamassa ist ein Arbeitstier. Ein Musiker, der sich seinen Ruhm hart erarbeitet hat – und nun zu Recht als Shooting-Star der Bluesrock-Szene gefeiert wird. Mit „Blues Of Desperation“ hat der Sänger und Gitarrist auch 2016 wieder eine neue Platte am Start.

„Blues Of Desperation“ wurde in nur fünf Tagen in den Grand Victor Sound Studios Nashville aufgenommen. So ist es kaum verwunderlich, dass sich BONAMASSA hier nochmal ein gutes Stück erdiger präsentiert als zuletzt. Die Hände hatte dabei kein Geringerer an den Reglern als Iron-Maiden-Stammproduzent Kevin Shirley. Während dessen tendenziell eher rauer, ungeschliffener Sound von vielen Maiden-Fans kritisiert wird, passt er zu JOE BONAMASSA sprichwörtlich wie Arsch auf Eimer. Positiv fällt der oldschoolige und herrlich sahnige Gitarrensound auf.

Besonders zwingend ist „Blues Of Desperation“ dann, wenn BONAMASSA in Hard-Rock-Gefilden wildert, den Gain-Regler nach rechts dreht und zünftig losbratzt. So geht bereits der Opener „This Train“ direkt in medias res – zumindest in musikalischer Hinsicht eine richtige Gute-Laune-Nummer samt Honky-Tonk-Klavier. So verzweifelt, wie einen der Albumtitel glauben lassen möchte, ist „Blues Of Desperation“ nämlich bei weitem nicht. Mit „Mountain Climbing“ folgt dann auch gleich der Höhepunkt. Noch mitreißender, noch grooviger kann man Bluesrock schlichtweg nicht spielen. Ein wahres Feuerwerk an erstklassigen Licks, gefühlvollen und zugleich technisch brillanten Soli. Dann dieser hoch melodische Chorus mit AOR-Schlagseite. Eine Nummer mit Sing-Along-Potential für die Stadien dieser Welt. Herrlich. Das stampfende „Distant Lonesome Train“ oder „How Deep This River Runs“ schlagen in eine ähnliche Kerbe.

Sehr geil ist auch der verspielte, dynamisch klug aufgebaute Titelsong. Ruhige, hypnotisch-psychedelische Strophen mit tribalistisch anmutenden Drums treffen auf regelrechte Gitarren-Exzesse. Dezente Sitar-Klänge verleihen dem Track ein fast hippie‘eskes Feeling. Dazu versprühen die orientalischen Skalen in der Gitarre das Flair von Led Zeppelins „Kashmir“.

Zwischen den härteren Nummern lässt Bonamassa seinen Hörern immer wieder Verschnaufpausen. Da wäre zum Beispiel das entspannte „Drive“, das fluffige „The Valley Runs Low“ oder „Livin‘ Easy“, das die Hörerschaft direkt in eine verrauchte Kneipe entführt. Sicher, schlecht sind diese Nummern bestimmt nicht. Ihnen fehlt lediglich hier und da das letzte Quäntchen Spannung und Schmiss. Gerade für Freunde härterer Klänge könnte der eine oder andere Track etwas zu sehr dahinplätschern. Genre-Experten werden das aber wohl ganz anders sehen.

Letztendlich ist „Blues Of Desperation“ eine verdammt starke Scheibe. Trotz seiner nach wie vor hohen Veröffentlichungsrate liefert BONAMASSA konstant hochwertiges Material ab. Fans bekommen, was sie wollen, und Neulinge haben gute Chancen, von einer Nummer wie „Mountain Climbing“ angefixt zu werden. Klar, textlich trieft das Album nur so vor Klischees: Eisenbahnen, Berge und ganz viel Herzschmerz. Aber hey, was erwartet ihr von einer Blues-Platte?

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Nico Schwappacher

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