Review Khonsu – The Xun Protectorate

Dass Obsidian Claw alias Arnt O. Grønbech ein überaus versierter Gitarrist und Songschreiber ist, hat der Norweger mit seiner Band Keep Of Kalessin nicht nur einmal unter Beweis gestellt. Doch damit ist er nicht der einzige im Hause Grønbech: Mit KHONSU betreibt auch sein Bruder quasi im Alleingang eine absolut bemerkenswerte Band: KHONSU. Auf das Debüt „Anomalia“ aus dem Jahr 2012 sowie die vielversprechende „Travellers“-EP (2014) lassen KHONSU mit „The Xun Protectorate“ nun ihr zweites Studioalbum folgen.

Was Titel und Artwork bereits nahelegen, wird auch in der Musik schnell unmissverständlich deutlich: Wie bereits auf ihrem Debüt behalten KHONSU auch auf ihrem neuen Album ihre Sci-Fi-Atmosphäre bei. Sphärische Synthesizer und eine fremdartig verzerrte Stimme begrüßen den Hörer im knapp dreiminütigen Intro „Desolation City (Prologue)“, bevor KHONSU in „A Jhator Ascension“ die Triebraketen ihres Raumschiffs und die Ohren ihrer Hörer mit durchdachter Härte und kompositorischem Witz zum Glühen bringen: Mal düster und bedrohlich, mal schnell und erbarmungslos, lässt „The Xun Protectorate“, ausgehend vom grandiosen Artwork, vor dem inneren Auge in fremden Welten ganze Hochkulturen entstehen, evolutionieren und in schrecklichen interstellaren Kriegen untergehen.

War das Album-Debüt noch ein vor ungezügelter Kreativität überbordendes Werk, dem man vor allem das musikalische Mitteilungsbedürfnis von S. Grønbech anhören konnte, klingt „The Xun Protectorate“ durchweg fokussierter, sortierter, strukturierter. Die einzelnen Songs beruhen auf weniger Ideen und sind so automatisch leichter zu fassen – auch wenn die Komplexität der Musik als solcher nicht abgenommen hat: Gewitzte, teils überraschend harte Riffs, die auch diesmal immer wieder die familiäre Bindung zu Keep Of Kalessin durchblitzen lassen, treffen auf mitreißenden, warmen Klargesang im Stile von Arcturus („The Tragedy Of The Awakened Ones“) und stimmig in die Komposition eingeflochtene sterile, kalte elektronische Klänge.

Auch was den harschen Gesang angeht, gehen KHONSU verglichen mit dem Debüt neue Wege: War auf „Anomalia“ noch die markante Stimme von Thebon von Keep Of Kalessin zu hören, singt seit 2014 der zwar unbekanntere, technisch jedoch nicht minder talentierte T’ol alias Terje Olsen bei KHONSU. Mit seiner eher im Growl-Bereich zu verortenden Stimme untermalt dieser nicht nur die düsterere Atmosphäre der Musik, sondern sorgt auch dafür, dass sich KHONSU stilistisch noch einen Schritt von der anderen Grønbech-Band absetzen.

Selten hat ein Cover so gut zu einem Album gepasst wie in diesem Fall: Aus dem Komplexen, Technischen kommend, gewährt „The Xun Protectorate“ dem Hörer einen Blick in die geheimnisvollen Tiefen der Unendlichkeit, die nur darauf wartet, erforscht zu werden. Wie schon das Debüt, vereint auch „The Xun Protectorate“ als Soundtrack für diesen Trip mehr als gelungen musikalische Finesse mit technischer Fertigkeit. Beide Tugenden waren schon für das Debüt-Album prägend – vergleichen lässt sich die Atmosphäre beider Alben dennoch kaum: Klang „Anomalia“ vielleicht noch etwas zu verspielt, sind KHONSU nach dem Reifeprozess über die „Travellers“-EP mit „The Xun Protectorate“ erwachsen geworden. In diesem Sinne: Auf zu neuen Welten, volle Kraft voraus!

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert