Review Khonsu – Anomalia

Dass sich eine Metal-Band nach einem Massenmörder, Psychopathen oder Terroristen benennt, ist nichts wirklich Spektakuläres – man denke bloß an das wohl prominenteste Beispiel hierfür, den Schock-Rocker Marilyn Manson. Dass sich eine Band wegen eines Terroranschlages umbenennt, da ihr Name mit dem des Terroristen übereinstimmt, hört man hingegen eher selten – doch offenbar gibt es auch das: Als MERAH gegründet und unter diesem Namen bereits auf dem Inferno Festival vertreten, erfolgte nach dem Terror-Attentat von Mohamed Merah in Toulouse im März dieses Jahres die Umbenennung in KHONSU – unverfänglich und nicht falsch auslegbar nach dem falkenköpfigen Mondgott der alten Ägypter.

Doch nicht nur hinsichtlich ihrer Namens-Historie sind KHONSU außergewöhnlich – auch die Musik des norwegischen Projektes ist alles andere als gewöhnlich oder durchschnittlich. Geboten wird eine Kombination aus Progressive Metal und Elementen des melodischen Black Metals, welche wie eine Mischung aus Arcturus, den progressiven Passagen von Enslaved, ICS Vortex‘ Soloalbum „Stormseeker“ und den Harmonien von Keep Of Kalessin klingt.
Letztgenannte Parallele kommt dabei aus mehreren Gründen nicht von ungefähr – einerseits, weil mit Thebon hie wie da der gleiche Mann hinter dem Mikrophon steht, andererseits, weil es sich beim KHONSU-Hauptverantwortlichen S. Grønbech um den Bruder des Keep Of Kalessin-Bandleaders und Gitarristen Obsidian Claw aka. Arnt O. Grønbech handelt, welcher KHONSU live auch an der Gitarre verstärkt. So dürfte es gewiss kein Zufall sein, dass diverse Riffs in quasi unveränderter Form auch bei Keep Of Kalessin hätten Verwendung finden können. Der Unterschied liegt darin, dass sich die Musik auf „Anomalia“ eben nicht auf jene Riffs beschränkt, sondern darüber hinaus mit epischen Arrangements, Piano-Klängen oder ruhigen, aber stimmungsvollen Passagen in nahezu jede Richtung weitergeht.
Wie auch Keep Of Kalessin und (vielleicht mit Ausnahme von Enslaved) eigentlich alle anderen genannten Bands schrammt auch KHONSU mitunter nur knapp an der Schwelle zum Kitsch vorbei, so dass ein Ansatzpunkt für Kritik, so man unbedingt einen finden will, eher in der Komposition denn in der so makellosen wie beeindruckenden Instrumentalarbeit zu suchen ist. Hier steht S. Grønbech, wie schon Genre-Kollege ICS Vortex auf seinem Solo-Debüt „Stormseeker“, mitunter vor dem Problem der „kompositorischen Orientierungslosigkeit“. Denn auch wenn die verarbeiteten Ideen allesamt großartig sind, verlieren sich die Songs bei Längen von oft knapp zehn Minuten doch ein wenig in Variationen und Wiederaufgriffen des Grundthemas, die man, um dessen Genialität zu begreifen, eigentlich nicht unbedingt gebraucht hätte – weniger ist manchmal eben doch mehr.

Sich darüber jedoch zu beklagen, fällt definitiv in die Kategorie „Jammern auf hohem Niveau“ – funktioniert das Material doch auch so, wie es ist, wirklich gut. Gewiss, der Stil des Albums ist mit einer Stunde Spielzeit dann doch relativ gut ausgeschöpft, so dass sich ein zweiter Hördurchgang in Folge nicht unbedingt aufdrängt – für Fans aller genannten Bands, vor allem natürlich KOK, ist „Anomalia“ jedoch definitiv sein Geld wert.

Wertung: 8 / 10

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