Review King Diamond – The Puppet Master

  • Label: Metal Blade
  • Veröffentlicht: 2003
  • Spielart: Heavy Metal

Klassischer Heavy Metal, nicht gerade zimperliche Texte rund um Hexen, Dämonen, Horrorgeschichten und so weiter, heftiges Corpsepaint und hohe, trommelfellerschütternde Falsetto-Vocals, das waren schon immer Trademarks des Dänen Kim Bendix Petersen, besser wohl bekannt als KING DIAMOND. 2003 wurde ich zum ersten Mal auf den guten Mann aufmerksam, als ich in „einschlägiger Fachpresse“ (hust… es war der EMP-Katalog) von der Veröffentlichung seines neusten Stücks Musik, genannt „The Puppet Master“, las. Auf den ersten Blick interessierten mich weder Scheibe noch Künstler sonderlich und so dauerte es ein paar Jahre, bis ich mal ein Ohr in das Schaffen des Kings riskierte. Und ehe ich jetzt hier mit dem eigentlichen Review anfange, will ich erst mal klarstellen, dass mir eigentlich nicht sonderlich gefiel, was ich hörte. Klassischer Heavy Metal ist jetzt nicht so meine bevorzugte Baustelle und die hohen Vocals gingen mir ziemlich auf den Keks.

Trotzdem schlug ich vor ziemlich genau einem Jahr bei einem CD-Händler auf dem Magic Circle Festival zu, als ich die limitierte CD+DVD-Edition von „The Puppet Master“ für einen schlanken Zehner entdeckte. Denn das 2003 vom King komplett in Eigenregie aufgenommene, gemixte und gemasterte elfte Studioalbum ist in gewisser Hinsicht anders. Aber irgendwie auch nicht.

„The Puppet Master“ ist ein Konzeptalbum, was ja für KING DIAMOND nichts so ungewöhnliches ist, kloppte er doch eine ganze Reihe dieser Teile zu den verschiedensten Stories heraus. Auch musikalisch bewegen wir uns die meiste Zeit über im klassischen Heavy Metal-Bereich, wobei hier glücklicherweise nichts altbacken klingt, ney, wir haben eine sehr frische, eingängige, abwechslungsreiche Instrumentalisierung. Und was mir am Besten gefällt: Der King verzichtet die meiste Zeit über auf sein hohes Rumgekreische und singt mit seiner tiefen, sehr angenehmen Stimme und die macht einen verdammt ordentlichen Eindruck. Unterstützung bekommt der King über das ganze Album verteilt übrigens von der ungarischen Sängerin Livia Zita, die in der Geschichte die Rolle der Victoria übernimmt…

Die geht übrigens folgendermaßen (die Geschichte, nicht Victoria): Im 18. Jahrhundert besucht ein Mann (der King) am Weihnachtsabend in Budapest ein Puppentheater, in dem eine wahrlich magische Show dargeboten wird. Menschengroße Puppen sind hier die Protagonisten, die der ominöse Puppet Master über die Bühne scheucht und unser Held ist sich sicher, hier ist Magie im Spiel. Nach der Show trifft er auf der Straße Victoria und in ihren Augen sieht er, dass sie, im Gegensatz zu allen anderen Besuchern auch das gesehen hat, was er sah, dass es keine normale Puppenshow war. Die beiden verlieben sich und alles könnte so schön sein, doch nach einiger Zeit geht Victoria noch einmal alleine zum Puppentheater und kehrt nicht zurück. Unser Protagonist macht sich auf die Suche nach ihr und stößt dabei auf ein finsteres Geheimnis…

Die Story ist jetzt an sich nichts wirklich beeindruckendes, aber durch ihre schiere Tragik und ihre Kompromisslosigkeit (sie ist wirklich ziemlich fies) weiß sie doch schon zu begeistern, zumal die Umsetzung wirklich mehr als gelungen ist. Textlich verrennt KING DIAMOND sich nicht in irgend welchen Andeutungen, bei denen man sich hinterher fragen muss, was er eigentlich meinte. Nein, er erzählt einfach seine Geschichte mit einem Detailreichtum und einer Lebendigkeit, wie man sie bei anderen Konzeptalben gerne vermisst. Dazu trägt vor allem auch die Duett-Arbeit King/Livia Zita bei, die vor allem im etwas kitschigen „So Sad“ verdammt gut rüberkommt (das sowieso meiner Meinung nach der absolute Höhepunkt der Scheibe ist, dem kitschigen Text zum Trotz… es funktioniert einfach).

Auch musikalisch ist alles im grünen Bereich. Saitenhexer Andy LaRoque zieht ein technisch einwandfreies Solo nach dem anderen aus dem Hut und auch wenn gerade nicht soliert wird stimmt die Instrumentalleistung. Abwechslungsreiches Drumming, feine Riffs, der Bass klingt hin und wieder etwas verpennt, aber prinzipiell wissen die Jungs, was sie zu tun haben. Auch die Produktion hält da mit. Vielleicht etwas drucklos, aber sehr transparent. Theoretisch ist das Album musikalisch kein Höhenflug, eher sehr solides, gehobenes Mittelmaß… Aber wenn man sich die Scheibe in ihrer Gesamtheit anschaut, dann kommt man wohl zu einem ganz anderen Ergebnis.

Denn verdammt noch mal, „The Puppet Master“ funktioniert auf jede nur erdenkliche Art und Weise. Die Story zieht den Hörer in ihren Bann („Magic“), lässt ihn mitfiebern („The Ritual“ und „No More Me“, zweiteres übrigens mit ein paar sehr heftigen Lyrics), mitleiden („Darkness“ und „So Sad“) und schreckt auch vor der über alle Maßen tragischen Auflösung nicht zurück („Christmas“, der wohl seltsamste Song des Albums, und „Living Dead“). Die Musik und Kings Stimme schaffen die nötige Atmosphäre und die eindringliche Erzählweise tun den Rest. So kann man „The Puppet Master“ schon fast als eine Art „Heavy Metal Hörspiel“ bezeichnen, das vor allem auch dadurch punkten kann, dass es sich einfach nicht abnutzt und zum immer wieder Hören einläd. Makel findet man nur schwerlich, ich bin zumindest bei den 40+ Durchläufen, die ich hinter mir habe, zumindest noch keinen einzigen entdecken können. Das Album ist zwar keine kompositorische Meisterleistung wie ein „Crimson“ von Edge Of Sanity oder ein „Metropolis Part II“ von Dream Theater, aber auf seine eigene Art und Weise ist „The Puppet Master“ doch ein Geniestreich, eines der besten Konzeptalben und wohl auch eine der besten Musik-CDs überhaupt.

Der limitierten Edition liegt übrigens – wie schon erwähnt – noch eine DVD bei, auf der KING DIAMOND an einem kerzenerhellten Tisch sitzt und in knapp 35 Minuten noch einmal die Geschichte von „The Puppet Master“ in ihrer ganzen Ausführlichkeit erzählt, wobei er zwar auch auf viele Textzeilen zurückgreift und manchmal etwas wirr daher redet, trotzdem sollte sich das jeder Freund der Platte mal anschauen, denn seine Erzählung ist wirklich eindringlich und gefiel mir persönlich verdammt gut… Als er beim „So Sad“-Part angekommen war, standen mir sogar Tränen in den Augen. Wow…

Wertung: 10 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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