Review Knasterbart – Superknasterbart

Ist’s eine Fliechtasse? Nein! Ist’s ein Schraubokopter? Nein! Was ist es dann? „Superknasterbart“ – der neueste Geniestreich des Konglomerats aus Versengold und Mr. Hurley und die Pulveraffen. Während sich der frühere Supa Richie aka Matze Knop inzwischen humortechnisch abgenutzt hat, laufen KNASTERBART mit ihrem dritten Gossen-Hitmix aus dem Folkrock-Underground zu neuer Höchstform auf.

Die musikalische und lyrische Qualität hinter „Superknasterbart“ ist umso erstaunlicher, wenn man einen kurzen Blick auf die jüngsten Veröffentlichungen der beiden zugrundeliegenden Hauptprojekte sowie deren Tourpläne wirft – viel Zeit für Blödelei bleibt dabei eigentlich nicht. Dennoch stellen KNASTERBART auch mit ihrem neuesten Streich die Folkcomedy-Welt auf den Kopf und laufen mit ihrem facettenreichen Folk vielen anderen Spaßkapellen der Mantel- und Degenromantik bequem den Rang ab. Die Scheibe klingt wie sie textlich und optisch gestaltet ist: kreativ, intelligent und mit Herz. Die sieben Musiker sind aufeinander eingegroovt, das zeigt direkt der Titeltrack als Einstieg (inklusive Hommage an Darkwing Duck). Am Himmel erscheint das KNASTERBART-Signal und die Filzlaus strahlt heller als je zuvor. In „Kein Erbarmen“ bekommen im Anschluss ausnahmsweise nicht die Dudelsackspieler dieser Welt ihr Fett weg, sondern u.a. Die Streuner sowie alle Marktcombos, die immer noch auf „Alle, die mit uns auf Kaperfahrt fahren“ setzen. Die Art und Weise der Verhohnepipelung ist dabei so charmant und wirklich witzig, dass man den vielzitierten Stock schon einige Meter tief im Allerwertesten tragen muss, um sich davon ernsthaft angegriffen zu fühlen.

KNASTERBART haben erfolgreich an den letzten verbliebenen Stellschrauben gedreht und klingen noch einen Tacken (oder eher Goldzahn?) abwechslungsreicher und vielschichtiger als bisher. Fummelfips und Hotze als Frontstimmen huldigen ihrer Stammtaverne („Klunkerklause Wunderland“), widmen sich im besten Frank-Zander-Sprechgesang dem Kommerz („Gosse im Herz“) oder texten das mittelalterliche „Mein Body und ich“ von Udo Lindenberg („Mein Körper ist ein Tempel“). Die Gossenmusik für durchtanzte Nächte und/oder ausufernde Branntwein-Gelage geht ohne Umwege direkt ins Ohr. Den Fuß belassen die trinkfesten Gossenbewohner angenehm oft auf dem Gaspedal und die instrumentale Klasse an der Geigen- und Kompositionsfront kulminiert schließlich im einzig instrumentalen Stück „Promille-Ritornell“, welches wie der „Gossenabitanz“ auf dem letzten Album eine gelunge Weiterführung des Vorgängersongs „Wein oder Branntwein“ darstellt. Die Qualität in Text und Musik zieht sich bis zum Ende von „Superknasterbart“ bzw. feiert dort mit dem Duett „Faust auf’s Auge“ einen weiteren Höhepunkt. Fretzel von der Drachenschänke bildet das weibliche Pendant zu Hotze und mit Blechbläsern unterlegt jazzen sich die beiden Protagonisten durch ihr alkoholgeprägtes Tête-à-Tête. Nach dem Synonym-Eldorado für ihre angebeteten Rinnsteinschönheiten „Gossengirl“ krönen KNASTERBART ihr kunterbuntes Folk-Potpourri mit einer Hymne auf ihre Heimat, das Mittelalterlich Phantasie Spectaculum (kurz: MPS). „Wir zechen in der Zeit zurück und feiern durch die Nacht. Treiben’s wild und bunt und toll und knastern bis die Sonne lacht . Willkommen in der Wunderwelt! Willkommen im Exzess! Willkommen auf dem MPS!“ – besser hätten es auch die größten Marktlyriker der Vergangenheit und Gegenwart kaum ausdrücken können.

KNASTERBART setzen Maßstäbe, im Großen wie im Kleinen. In den einzelnen Songs gibt es viel zu entdecken wie z.B. eingestreute Flöten- und Gitarrensoli, als Gesamtkomposition funktionieren sowohl die einzelnen Stücke wie auch das gesamte Album. Woher die sieben Musiker ihre Kreativität und vor allem die Zeit für die Umsetzung der vielfältigen Ideen nehmen, bleibt ein Rätsel. Auf „Superknasterbart“ ist der Name jedenfalls Programm.

Wertung: 9.5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert