Konzertbericht: Knasterbart w/ Purple Otten

02.02.2019 München, Backstage

KNASTERBART sind wieder da. Das Zweitprojekt von Malte aka Hotze (Versengold) und Simon aka Fips (Mr. Hurley und die Pulveraffen) kehrt im Rahmen der Abschaumpartys 2019 auch nach München zurück. Im Süden taten sich die Musiker mit ihrem musikalisch hochwertigen Folk-Comedy-Projekt bis dato schwer – wie z.B. beim TANZT 2014. Dies ist nun Vergangenheit.

Bereits der Vorverkauf entwickelt sich positiv: Vom Backstage Club wird die Show in die Halle vorverlegt und selbst diese ist am Ende rappelvoll. Derweil steht KNASTERBART klar im Schatten der beiden Hauptprojekte, die regelmäßig in oberen Chart-Regionen zu finden sind, sich immer höhere Positionen auf Festivals erspielen und vermehrt auch größere Hallen füllen. Vor der Gossensause eröffnet PURPLE OTTEN den Abend ganz allein mit seiner Akustikgitarre, die direkt durch satten Sound gefällt. Der Mann am Mikro ist ebenfalls ein alter Bekannter, genauer gesagt Eike, der als Versengold-Bassist bereits mehrfach angedeutet hat, dass sein Organ einiges an Power hergibt und er auch den Duckwalk beherrscht. Mit seinem neuen Alter Ego rockt er sich von Steppenwolf über KISS bis Queen und AC/DC. Seine bis dato einzige Eigenkomposition „Purple Up Your Heart“ rundet das Best-of der größten Hits der Rockgeschichte ab. Wenn er nicht gerade Klassiker covert, präsentiert sich PURPLE OTTEN im lilanen Glitzeranzug und mit Howard-Carpendale-Slang auch von seiner charismatischen Seite. Diese Idee bzw. die erste World-Tour schreit nach mehr. Oder um es mit Gogol Bordello zu sagen: „Start Wearing Purple“!


Nach einem der treffendsten Intros aller Zeiten hauen KNASTERBART mit „Gossenhauer“ direkt ordentlich auf die Kacke. Das Publikum ist sofort dabei und es steigt eine rund zweistündige Party, die oft auf eine Textzeile des Openers kondensiert werden kann: „Bandwurm kann jeder, Ohrwurm nicht.“ Mit vielen eingängigen Texten, Melodien und einer unbändigen Spielfreude reißen die sieben moralisch flexiblen Zeitgenossen aus dem Norden ihre sichtlich gewachsene Anhängerschaft im Süden mit. Diese zeigt sich sowohl feierwütig als auch wie in „Mein Stammbaum ist ein Kreis“ überraschend textsicher. Zwar ist Fummel Fips nach einem (angeblichen) Sportunfall immer noch an den Rollstuhl gefesselt, doch das neue Bühnenutenstil wirkt schnell wie ein fixer Bestandteil der Show. Immer wieder kniet sich Hotze wie bei der ruhigen Hommage „Horst die Filzlaus“ zu seinem angeschlagenen Kumpanen hinunter und singt mit ihm im Duett. Oder er schiebt ihn über die Bühne, wenn es kurz danach wieder folkrockiger zugeht. Zwischenzeitlich räumen die beiden Frontmänner auch das Feld und überlassen u.a. Fidolin das Feld, der „Cotton Eye Joe“ und den „Gossenabitanz“ schmettert.

Die LARP-Wurzeln des Projekts sind derweil unverkennbar und prägen sowohl die Musik wie auch die Ansagen. „Kein Erbarmen“ zeigen KNASTERBART musikalisch wie auch in spontanen Momenten, als Fips zu „Lieber widerlich als wieder nich“ aus dem Publikum eine Tube Bratensauce gereicht wird. „In Berlin wäre die Sauce vegan“, kommentiert das Nordlicht trocken. Zwar haben die Musiker keine neue CD im Gepäck, doch „Laich mich ein“ und „Ringelpiez am Kiez“ beweisen, dass niemandem Bange werden muss, dass das kreative Dauerfeuer zum Erliegen kommt. In den Texten wird mit den Muscheln von Meerjungfrauen gekuschelt oder gemeinsam darauf getrunken, dass das Leben gerne einmal einen Schritt vor und dann zwei zurück macht. Zwischen all dem Klamauk und Wortwitz ist stets offenkundig, dass hier hervorragende Musiker eine erstklassige Show spielen und die Texte teils auch eine gewisse Tiefe bieten. So appeliert das erstmals im Live-Set vertretene „Gosse im Herz“ unter dem Strich auch an Bescheidenheit bei wachsendem Erfolg. Dadurch nutzt sich der Comedy-Faktor auf Dauer nicht ab, wenngleich gewisse Assoziationen geweckt werden: „Mein Körper ist ein Tempel“ erinnert an den Song über die Zubereitung des vergifteten Kuchens aus „Asterix und Kleopatra“. Zu „Sauf mich schön“ kehrt PURPLE OTTEN nochmals als Rauscheengel mit goldener Perücke zurück und erntet frenetischen Applaus. Es sollte nicht das letzte Mal sein, später gibt er sich mit einem aufblasbaren Saxofon nochmals instrumental die Ehre. „Superknasterbart“ und „Heiliger Hotze“ läuten schließlich das Ende ein.

An einigen Stellen noch als reines Comedy-Projekt verschrien, beweisen KNASTERBART auf ihrer aktuellen Tour, dass sie genau wie Versengold oder Mr. Hurley und die Pulveraffen auch fernab der Heimat eine ganze Halle in einen Hexenkessel verwandeln können. Das Niveau der Texte und die Kreativität der Ideen schlägt andere Gute-Laune-Kapellen wie Feuerschwanz um Längen, musikalisch gibt es nichts zu beanstanden. Der hervorragende Sound und das Licht unterstreichen die Professionalität des Auftritts. Schade, dass es sich hier nur um ein Zweitprojekt handelt. Eine Besucherin meinte treffend: Mag die Musik von KNASTERBART unter dem Strich vielleicht überflüssig sein, so ist sie gerade deswegen so wichtig. Das trifft den Nagel bzw. die Filzlaus auf den Kopf.

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