Review Leviathan – Beyond The Gates Of Imagination Part I

(Progressive Metal / Melodic Death Metal) Nur wenige Monate nach der großartigen Demo „From The Desolate Inside“ legen die Bonner LEVIATHAN wie prognostiziert ihr Debütalbum vor. Überraschend kommt das nicht, zeigten die fünf Jungs vom Rhein doch auf den vier Songs schon ein gutes Gespür für episches Songwriting und vor allem ein gutes Händchen für die Instrumente. Die Grenzen waren schon damals fließend und so zeigt die Band nun auf der Langdistanz eine spannende Melange, die sich am besten mit progressivem Death Metal umschreiben lässt.

Beim Stichwort progressive Death Metal läuten vermutlich einige Alarmglocken und ich will auch gar nicht verschweigen, dass ich LEVIATHAN auf dem Demo mit Opeth verglichen habe. Das stimmt natürlich nicht so ganz, dient aber als gute Referenz, wenn man Empfehlungen ausprechen will. Wobei man “ Beyond The Gates Of Imagination Part I“ eigentlich jedem Freund von anspruchsvoller Musik ans Herz legen sollte, der zumindest ein wenig mit der härteren Gangart anfangen kann. Gleich wohl sollte man nicht den Fehler machen und die Musik nach wenigen Durchgängen mit dem Prädikat „zu komplex“ an die Seite legen. Wer sich auf LEVIATHAN einlässt, sollte etwas Zeit mitbringen, dann erschließen sich die mitunter recht langen Nummern mit dem fast zehnminütigen Höhepunkt „Sway Of Stars“ als Rausschmeisser erst so richtig. Glücklicherweise haben die Jungs aber auch Songs mit schnellerer Eingängigkeit im Gepäck, besonders großartig, weil mächtig und eingängig, ist „Reaper`s Edict“. Hier treffen epische Melodien auf entfesselte Kraft und brennen sich eiligst in den Gehörgängen fest. Kein Vorwurf, dass das Intro des Songs mit eineinhalb Minuten bis zum einsetzenden Gesang etwas lang geraten ist, hier hätte man als kleinen Kritikpunkt vielleicht auf die eine oder andere Wiederholung verzichten können. Mein persönliches Highlight ist aber trotzdem ein anderer Song. „Of Fangs And Feathers“ punktet mit einem derartig mächtigen Refrain, dass sämtliche Wände wackeln. Den häte ich gerne etwas öfter als nur zweimal auf fast acht Minuten gehört. Freilich brauchte der Song noch für andere Filigranitäten Raum, so würde die Wirkung des Refrains ohne die unaufhaltsame Steigerung zuvor sicher nur halb so groß sein. Dazu wird gefällig soliert, das Zusammenspiel der einzelnen Instrumente ist perfekt, ebenso das Gefühl für Timing, was harte und weiche Passagen angeht. Insgesamt zeigt dieser Song eine erstaunliche Reife für ein Debütalbum einer jungen Band eben mit dem Höhepunkt im Refrain, der noch dazu phantastisch zweistimmig intoniert wird. Gastsängerin Joy Masala hat beim überraschend knapp gehaltenen „The Scourge We Wield“ allerdings einen weiteren Auftritt, der ihre durchaus anhörbare Stimme mehr in den Vordergrund hievt. Wie man sieht, ist also für alle was dabei. Naja, für fast alle, Meckerköppe werden hier nämlich praktisch nicht fündig. Zu dem hochqualitativen Musik bzw. deren Umsetzung kommt noch ein stimmiges Cover, ein in Schwarztönen gehaltenes Artwork und ein Sound, der auch sicher vor der Veredelung durch Waldemar Sorychta schon anständig war.

Kurzum, meine etwas bange Frage, ob LEVIATHAN das Niveau auch auf einem kompletten Album würden halten können, hat sich glücklicherweise mit einem klaren „Ja“ beantworten lassen. Schön zu sehen, dass es im Metal noch Bands gibt, die nicht nur stumpf die Vorbilder kopieren, sondern der Musik einen eigenen Stempel aufdrücken können. Statt der x-ten Majorproduktion sollte man sich angesichts knapperer Ressourcen im Zuge der weltweiten Wirtschaftskrise lieber auf Qualität besinnen. Bei LEVIATHAN wird man kaum enttäuscht, es sollte mich zumindest wundern.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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