Review Lotus Thief – Gramarye

(Post-Black Metal / Space Rock / Ambient) Zwei Jahre nach ihrem zwar nicht durchwegs umjubelten, aber doch sehr interessanten Debüt „Rervm“ legen die amerikanischen Text-Metaller LOTUS THIEF mit „Gramarye“ abermals eine außergewöhnliche Platte zwischen Post-Black Metal, Space Rock und Ambient vor. Bereits das mystische Cover und der aus dem französischen modifiziert übernommene Titel, der sich in etwa mit „Sprachlehre“ und „Zauberbuch“ übersetzen lässt, verspricht ein weiteres hochatmosphärisches Album, auf dem Bezaelith einmal mehr ihr Wissen über antike und okkulte Schriften demonstriert. Diesmal widmet sich die hauptberufliche Englischlehrerin unter anderem dem ägyptischen „Buch der Toten“, Aleister Crowleys „Buch der Lügen“ und den Merseburger Zaubersprüchen.

Das faszinierende Textkonzept, dem sich die zwei Ausnahmemusiker, die darüber hinaus auch noch bei der „Green“-Metal-Band Botanist mitwirken, verschrieben haben, wäre für sich genommen natürlich nicht ausreichend, denn immerhin sind und bleiben LOTUS THIEF letztlich eine Musikgruppe. Doch glücklicherweise ist „Gramarye“ auch instrumental und gesanglich ein einzigartiges Kunstwerk, das den Hörer eine Dreiviertelstunde lang der Realität entreißt. Und das von Anfang an: Schon im Opener „The Book Of The Dead“ fühlt man sich durch die transzendentalen Gesänge und die langgezogenen, sphärischen Leadgitarren, die auch im weiteren Verlauf des Albums über den restlichen Instrumenten schweben, in eine andere Welt versetzt.
Darunter haben LOTUS THIEF ein Fundament aus treibenden Drums, kraftvollen Rhythmusgitarren und brummenden Bassläufen gelegt, das verhindert, dass die Songs allzu schwerfällig werden oder vor lauter Leichtfüßigkeit in die Langeweile abdriften. Nirgends funktioniert dieses Zusammenspiel jedoch auf so intensive Weise wie in „The Book Of Lies“. Hier brechen LOTUS THIEF in einem Moment wie ein Wasserfall über den Hörer herein, nur um ihn im nächsten Augenblick mit sanften, geheimnisvollen Clean-Gitarren und beschwörenden Vocals zu verzaubern. Von sprunghafter Ziellosigkeit kann hierbei jedoch nicht die Rede sein, denn trotz der großen musikalischen Spannweite folgt „Gramarye“ einem natürlich Fluss.
LOTUS THIEF strukturieren ihre Songs stets nachvollziehbar, sodass das Album – obwohl sehr anspruchsvoll – sogar recht leicht zugänglich und keinesfalls überfordernd ist. Die energetischen Riffs erzeugen dadurch ebenso viel Stimmung wie die spacigen, Ambient-artigen Synthesizer und Clean-Gitarren. Ein diesbezüglich entscheidender Faktor stellt zudem die überaus gelungene Produktion dar, die sehr klar und doch irgendwie unnahbar ist, wodurch die Musik einen zusätzlichen außerweltlichen Touch bekommt.

Es ist wirklich ein großes Glück, dass LOTUS THIEF in Prophecy Productions so ein passendes Zuhause gefunden haben, denn wie so viele andere Bands des renommierten Labels kreiert auch das Text-Metal-Duo innovative, eindrucksvolle Musik, die mit kaum etwas Anderem vergleichbar ist. „Gramarye“ ist sowohl instrumental als auch gesanglich und lyrisch eine Erfahrung, die aufgeschlossene Musikliebhaber nicht auslassen sollten. Man darf gespannt sein, welche Schriftstücke LOTUS THIEF in Zukunft noch rezitieren und mit ihrer mystischen Musik mit Leben füllen werden.

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Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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