Review Lotus Thief – Rervm

Text Metal, soso. Die Metalwelt lässt sich also immer wieder was Neues einfallen, in diesem Fall verantwortlich: LOTUS THIEF. Hinter dem an sich schon etwas geheimnisvollen Namen verbirgt sich ein Duo aus der Flower-Power-Stadt San Francisco, vielleicht kommt daher der blumige Bandname. Ob sich so ganz nebenbei auch klären lässt, was mit der angesprochenen Spielart gemeint ist, wird „Rervm“ zeigen, das Debütalbum von Bezaelith und Otrebor.

Wundert sich niemand über das „v“ im Albumtitel? Glaubt man gar, man hätte es mit trvem Black Metal zu tun? Da kann jeder beruhigt sein, die an sich falsche Schreibweise begründet sich im lyrischen Konzept, welches auf dem römischen Philosophen Lukrez (mit vollem Namen Titus Lucretius Carus) fußt. Sein Hauptwerk heißt „De Rerum Natura“ („Über die Natur der Dinge“), es handelt von allerlei Wissenschaftskram, welcher im Jahrhundert vor Christus von Interesse war und das „v“ in der Schreibweise liegt in der älteren lateinischen Schreibweise zu Grunde.
Puh, immer so viel Anspruch, nur um ein Metalalbum bewerten zu können. Aber leider (oder zum Glück, wie man eben will) hört es nicht mit Lukrez und seinem Buch auf, denn auch die Musik stellt gewisse Ansprüche an den Hörer. Dies befürchtet man beim Blick auf die Trackliste bereits, denn lediglich sechs Songs bringen es auf 48 Minuten Spielzeit. Eingängigkeit und lockere Unterhaltung wird man bei LOTUS THIEF also vergebens suchen, man sollte schon Zeit, Aufmerksamkeit oder am besten sogar beides mitbringen.
Dabei sind die Melodien nicht einmal das Problem, die gehen teilweise sogar recht flott ins Ohr. Mit wenig gewagter Instrumentierung fährt man meist langsame Nummern auf, scheut sich aber auch nicht, mal das Gaspedal ordentlich durchzulatschen. Variabel agiert man beim Gesang, weiblich und männlich wechseln sich brüder-…ähh und schwesterlich ab, gegen progressive Momente hat man nichts einzuwenden, dann wieder präsentiert man sich einfach und relaxt, ein schöner Strauß bunter Blumen, so vollgepackt, dass ein einzelner Bote den unmöglich ausliefern kann.
Manchmal übertreibt man es also etwas mit der Abwechslung. LOTUS THIEF pendeln immer wieder zwischen den Stühlen, immer wieder setzen sie sich irgendwohin und merken nicht, dass ähnlich wie bei der Reise nach Jerusalem die Möglichkeiten immer weniger werden. Und ganz zum Schluss, da stehen sie dann doch alleine und verloren, weil sie sich in ihrem ambitionierten Konzept verzettelt haben.

Ein Fazit ist schwierig bei einer Platte, die selber nicht immer ganz genau weiß, wo sie eigentlich hin will. Bezaelith und Otrebor sind sicher belesene Musiker, die auch in Sachen Songwriting und Spieltechnik so weit versiert sind, dass sie locker eine Platte wie „Rervm“ veröffentlichen können. Für die beiden bleibt zu hoffen, dass es auch genug Hörer gibt, die ihren Visionen folgen können und vielleicht auch entschlüsseln, was Text Metal denn nun ist. Spannend, aber schwierig.

Wertung: 6 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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