Review Ninkharsag – The Dread March Of Solemn Gods

Schon ein flüchtiger Blick auf das Coverbild von „The Dread March Of Solemn Gods“ genügt, um NINKHARSAG als Dissection-Verehrer zu identifizieren. Die blau-weiß-schwarze Farbpalette, die verschneite Berglandschaft und im Zentrum der allseits gefürchtete Schnitter – die Parallelen zum geradezu ikonischen Artwork des Klassikeralbums „Storm Of The Light‘s Bane“ (1995) sind nicht von der Hand zu weisen. NINKHARSAG spielen also typischen Melodic Black Metal schwedischer Prägung wie schon so viele Bands vor ihnen – so weit, so gewöhnlich. Wer von den zahlreichen Dissection-Nachahmern wie Thulcandra die Nase voll hat, mag an dieser Stelle verächtlich schnaubend zu lesen aufhören. Es wäre jedoch ein Versäumnis, denn kaum eine Band kommt so nah an die alten Meister heran wie NINKHARSAG.

Das zweite Album der Briten beginnt – wie könnte es anders sein – mit geheimnisvollen Akustikgitarren, die von ominösem Chorgesang und imposanten Perkussionen begleitet werden. Noch bevor das Intro „Night Wrath“ endet, legen NINKHARSAG allerdings die Karten auf den Tisch und offenbaren mit bedeutungsschweren Tremolo-Riffs und Drums, wohin die knapp dreiviertelstündige Reise geht. Im darauffolgenden Titelsong lässt das Quartett den im Eröffnungsstück herangenahten Orkan vollends losbrechen und in weiterer Folge nur noch in rar gesäten Momenten der Ruhe abflauen.

Gitarrenriffs tosen wie Sturmböen durch die Tracks, das rasante Drumming gleicht einem zerstörerischen Hagelschlag und beim Klang der harschen Screams spürt man regelrecht das Blut in den eigenen Adern gefrieren. Doch wie mächtig das eisige Inferno auch anschwillt, nie entgleitet NINKHARSAG ihr Gespür für packende Melodieführung. Jeder einzelne Song überwältigt mit ehrfurchtgebietend epischen Gitarrenriffs („Under The Dead Of Night“), die immer wieder von energiegeladenen Heavy-Metal-Leads und Soli umspielt werden („The Tower Of Perpetual Twilight“).

Dass NINKHARSAG ihren Vorbildern in manchen Abschnitten wie dem Akustikteil in „Spectres Of The Ancient World“ ein bisschen zu offensichtlich nacheifern, kann man der Band bei ihrem so machtvollen wie schlüssigen Songwriting nur schwer zum Vorwurf machen. Produzent Chris Fielding (Conan) hat dem Album zudem einen perfekt sitzenden Oldschool-Vibe verpasst. In dem weder altbackenen noch unausgegorenen Klanggewand ist jede Note klar und deutlich hörbar und doch wirkt „The Dread March Of Solemn Gods“ durch seinen leicht hallenden, frostigen Sound monumental – ganz so, wie die besten Black-Metal-Platten aus den 1990er-Jahren.

Unsterbliche Melodic-Black-Metal-Hymnen wie Dissections „Where Dead Angels Lie“ oder „Thorns Of Crimson Death“ mag man auf „The Dread March Of Solemn Gods“ nicht vorfinden. In einigen Stücken wie dem vielseitigen „Under The Dead Of Night“ und dem melodisch verspielten „The Tower Of Perpetual Twilight“ kann man NINKHARSAG aber definitiv schon nach dem Zepter ihrer stilistischen Idole greifen hören. Besser als NINKHARSAG kann man sich den Black Metal der zweiten Welle kaum zu Eigen machen. Somit haben die Briten ihrerseits eine Platte kreiert, die so manch anderer Band als Inspirationsquelle dienen könnte.

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

5 Kommentare zu “Ninkharsag – The Dread March Of Solemn Gods

  1. wer sind denn so die anderen Nachahmer neben Thulcandra ;) In diese Richtung gehend kenne ich eigentlich nur Necrophobic, Naglfar und vielleicht Uada. Also nennt mal gerne die zahlreichen Nachahmer :D

    1. Hi Tobias,

      ich lese aus deinem Kommentar ein bisschen Missfallen heraus, deshalb zur Sicherheit eine Klarstellung: Obwohl sich meine Formulierung im Review vielleicht ein bisschen schroff liest, meinte ich das nicht despektierlich. Der Satz sollte bewusst ein bisschen abfällig wirken, um der Position der Leute, die Bands wegen solcher Ähnlichkeiten schnell mal ablehnen, kurz darauf etwas entgegnen zu können. Ich mag Thulcandra ganz gerne, obwohl ich es an sich spannender finde, wenn Musiker:innen etwas Neues ausprobieren.

      Um auf deine Frage zu antworten: Du hast da ja eh schon einige naheliegende Kandidaten genannt (wobei ich Uada nicht unbedingt als erste Wahl dazuzählen würde). Ich selbst habe unter anderem durch meine Tätigkeit als Rezensent hier schon allerlei Bands kennengelernt, die genau diesen Stil praktizieren, zB Nocturne, Sinira, The Spirit etc. Dann gibts etwa noch Sacramentum und Unanimated, die auch oft in denselben Topf geworfen werden, wobei die beide erst kurz nach oder in etwa zur selben Zeit wie Dissection aktiv geworden sind. Dark Fortress klangen auf ihren frühen Alben auch noch ziemlich ähnlich. Und es mag vielleicht ein bisschen gewagt sein, aber ich würde wetten, dass es noch viel mehr Bands gibt, die Dissection geradeheraus oder vlt ein bisschen subtiler hinterhereifern. Da kann man, denke ich, schon von einer Vielzahl von Bands sprechen. Und dass Dissection sehr einflussreich waren, wirst du sicherlich nicht bestreiten. Aber es mag schon sein, dass da vlt ein bisschen der subjektive Eindruck mitspielt. Ansonsten kannst du ja auch mal unsere Melodic-Black-Metal-Reviews durchstöbern, da findet sich bestimmt auch noch Vergleichbares. Kann nicht schaden, sich ein bisschen umzuhören. ;)

      Beste Grüße!

      1. hm hm hm. Ich bin immer so hinundhergerissen. ich finde das (natürlich) musikalisch gut, weils halt tatsächlich stark an Dissection erinnert, die halt nunmal gut sind. Andererseits erinnerts mich so stark an Dissection, dass es in mir v.a. die Lust weckt, Dissection zu hören – was halt leider einfach nochmal geiler ist. Also ist halt doch die Frage: Wann und warum sollte ich etwas hören, was fast, aber eben nicht ganz wie Dissection klingt?

        Davon abgesehen werde ich nie verstehen, warum Bands SO aktiv versuchen, anderen nachzueifern – also wirklich bis hin zum Stil des Covers. Als hätte man die Parallele nicht auch ohne diesen Wink mit dem Zaunpfahl erkannt. Da finde ich Bands wie Voodus, die halt auch an Dissection erinnern, aber dabei auch extrem eigenständig klingen, am Ende irgendwie geiler.

        1. Versteh dich da schon. Irgendwo ists ja wirklich redundant. Umso merkwürdiger finde ich, dass sich Bands wie diese oder auch Vinsta, die extrem an Opeth erinnern, oft angeblich gar nicht so sehr von den offensichtlichen Referenzbands inspirieren haben lassen. Ninkharsag haben mir inzwischen schon mein Interview beantwortet und die verweisen da eher auf andere Bands. Aber der Dissection-Vergleich drängt sich hier halt echt auf.
          Ich versuche halt, die Alben trotzdem halbwegs für sich zu betrachten. Und da muss ich schon sagen, dass dieses hier nicht einfach nur wie ein Dissection-Abklatsch klingt, sondern eben wie ein echt guter. Ich find die ganze Performance, das Songmaterial und den Sound wirklich stark. Und da fände ichs dann auch irgendwo schade, dafür ne schlechte Note zu vergeben nur weils nicht eigenständig ist. Da müssten dann schon echt viele Bands permanent strikt mittelmäßige Wertungen kriegen.

          1. Ne, in Richtung Bewertung war meine Kritik gar nicht gegangen. Ein gutes Album verdient ne gute Wertung, rein musikalisch. Vielleicht ists ja auch einfach ne Generationenfrage, und jede Generation will halt ihre neuen, jungen Bands – auch wenn die vielleicht klingen wie irgendwelche Vorgänger. Ist im Thrash ja eigentlich das Standard-Betriebsmodell, und gefeierte Newcomer wie Tetrarch (https://www.metal1.info/metal-reviews/tetrarch-unstable/) machen ja auch absolut nichts neu und sind trotzdem gut. Ich finds nur einfach schade, wenn ich das Gefühl habe, dass da einfach „mehr“ gegangen wäre, im Sinne von mehr ausprobiert, mehr entdeckt, mehr innovation, mehr eigenständig. Da hätte halt eigentlich am Ende jeder mehr von, sollte man meinen…

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