Review Noekk – The Minstrel´s Curse

Nach den Großtaten „The Grimalkin“ und „The Water Sprite“ stoßen NOEKK mit „The Minstrel’s Curse“ erstmal vor den Kopf: 34 Minuten Spielzeit für 4 Songs, das ergibt zwar durchaus Prog-würdige Spielzeiten der einzelnen Lieder, es stellt sich aber gleich zu Beginn die Frage, ob man wirklich Album-Vollpreis für eine halbe Stunde Musik investieren sollte. Andererseits hat man von dem Duo Schwadorf und Helm noch nie etwas qualitativ minderwertiges gehört, und für Rotten Sounds „Cycles“ habe ich immerhin trotz noch einer Minute weniger eine absolute Kaufempfehlung ausgesprochen. Schauen wir also mal, ob man für diesen Fall „Progressive Metal = Grindcore“ anwenden kann.

Beim Opener gelingt gleich die doppelte Überraschung: Es wird direkt sehr schwermetallisch losgelegt und das ertönende Riff erfüllt seine Aufgabe, das Album zu eröffnen, exzellent. Außerdem verwundert noch ein Blick in die Lyrics, denn es wird Ludwig Uhlands „Des Sängers Fluch“ als Text-Vorlage verwendet, was im Kopf natürlich fest mit In Extremos „Spielmannsfluch“ verbunden ist. Im folgenden kommt es mir persönlich dann so vor, als hätte man die obskure, kalte Atmosphäre von „The Water Sprite“ klar zurückgestellt zugunsten der Unterstützung der textlich übermittelten Atmosphäre, was musikalisch natürlich gerade hier starke Stimmungsschwankungen zur Folge hat. So wirkt man zu Beginn fast überschwänglich fröhlich, schwankt dann aber während des Lieds der Spielmänner in eine verträumte, verheißungsvolle Stimmung um. Der Zorn des Königs wird folgerichtig durch bedrohliches, dominantes Riffing und den tiefen, unheilvollen Gesang von Allen B. Konstanz ausgedrückt, bevor das ganze Soundgewand hektisch und aggressiv wird, unterlegt von Schwadorfs Schreien, der hier dem greisen Spielmann seine Stimme leiht, um sich nach gesprochenem Fluch wieder zu beruhigen und mit sanfter, fast erzählerhafter Stimme Helms zu enden. „The Minstrel’s Curse“ besticht also durch Spannungskurven und schnelle Stimmungswechsel, außerdem durch optimale Besetzung der verschiedenen Rollen, wobei anzumerken ist, dass sowohl Schwadorf als auch Konstanz ausschließlich hier gesangliche Beiträge beisteuern.

Normalerweise kommt, nachdem in einer Review genauer auf einen Song eingegangen wurde, ein Satz wie „auch die anderen Songs schlagen in eine ähnliche Kerbe“ oder „leider können die anderen Songs das Niveau nicht ganz halten“. Nicht so bei NOEKK, denn der folgende „Song of Durin“ besitzt deutlich mehr instrumentale Elemente als sein Vorgänger, es geht aber weiterhin beizeiten um einiges krachender und straighter zu als noch auf den vorangehenden Alben. Hervorheben möchte ich hier nur den Break nach exakt der Hälfte des Songs: Ab hier nämlich, meine Freunde, präsentieren NOEKK einen dieser Momente, der einem klar und deutlich aufzeigt, warum man immer weiter Metal hört und was es ist, was diese Musik so großartig macht. Ohne dies vorzubereiten wird von stampfendem Riff-Geplänkel auf eine nur von Klavier und Gitarre unterlegte Passage übergeleitet, die von Helms tiefem, prophetisch-düsterem Gesang getragen wird und textlich wiederum passend von Durins Wiederkehr kündet. Nicht, dass das objektiv betrachtet sonderlich spektakulär wäre, aber wirken tut es ganz und gar mitreißend, ja bannend.
„How Long Is Ever“ ist ein schön zu hörendes Instrumental, das, was die Stimmung angeht, vielleicht wieder etwas eher in Richtung des „alten“ NOEKK-Sounds geht und sich ebenfalls sehr facettenreich präsentiert, was dann auch auf das finale „The Rumour and the Giantess“ zutrifft, das zu jeder Zeit vollkommen verquer wirkt und auch mit nicht ganz einfach durchschaubarem Text aufwartet. Zu viel möchte ich zu diesen Songs nicht mehr schreiben, sie klingen nach NOEKK und es ist absolut lohnenswert, sie anzuhören, mehr braucht man ja eigentlich auch nicht wissen.

NOEKK entwickeln sich also im Vergleich zu den ersten Alben durchaus weiter, für mich öffnet man sich vor allem in Sachen Atmosphäre nun auch einer positiveren Seite und inszeniert gekonnter denn je. Thomas Helm singt absolut großartig und auch instrumental agiert man den Songs absolut angemessen. Trotzdem: Aufgrund der Spielzeit von 31 Minuten (zusätzlich mussten 3 Minuten Stille im letzten Song abgezogen werden) sollte sich aber jeder selbst gut überlegen, ob er das Geld in das Album investieren will. Das, was an Musik vorhanden ist, ist jedenfalls wieder große Klasse.

Keine Wertung

Publiziert am von Marius Mutz

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