Review Oceans Of Slumber – Oceans Of Slumber

Ein stilistischer Kurswechsel ist ein zweischneidiges Schwert. Während etwa In Flames sich seit ihrer Abkehr vom Melodic Death Metal immer wieder dem Vorwurf des künstlerischen Ausverkaufs aussetzen, verdienten Pantera sich überhaupt erst durch ihren Wechsel zum Groove Metal ihre Sporen. OCEANS OF SLUMBER haben bereits Beispiele für beide Seiten der Medaille geliefert: Nach dem Beitritt von Sängerin Cammie Gilbert befreiten die Amerikaner sich von den Ketten ihres allzu beliebigen Tech-Death-Sounds und legten mit „Winter“ (2016) ein so eklektisches wie emotional packendes Progressive-Metal-Album vor. Der Schwenk in Richtung Death/Doom auf „The Banished Heart“ (2018) machte hingegen einen eher fahlen Eindruck. Doch OCEANS OF SLUMBER wären nicht sie selbst, wenn man vorab schon wüsste, welchen Weg sie als Nächstes einschlagen.

Mag der eher unspektakuläre Opener „Soundtrack To My Last Day“ noch eine Fortsetzung der doomigen Vorgängerplatte andeuten, so zeigt sich spätestens im nachfolgenden „Pray For Fire“, dass OCEANS OF SLUMBER sich auf ihrem selbstbetitelten Album stilistisch wieder weiter öffnen: Nach einem bezaubernden Intro, das mit seinen sanften, gedämpften Vocals und luftig-beschwingten Akustikgitarren stark an Opeths „Harvest“ erinnert, werden die Musik und der Gesang zunehmend resoluter, ehe das Stück auf verheißungsvolle und intensive Weise endet. Auch in weiterer Folge positioniert „Oceans Of Slumber“ sich als Mittelding zwischen dem emotionalen Facettenreichtum von „Winter“ und dem Pathos von „The Banished Heart“.

Nahezu jeder der Songs hat etwas Besonderes an sich. So entfesseln OCEANS OF SLUMBER in „The Adorned Fathomless Creation“ ihre bislang brutalsten Death-Metal-Riffs und Growls, wohingegen „I Mourn These Yellow Leaves“ und das instrumentale, gegen Ende etwas zu schwülstige „September (Those Who Come Before)“ durch ihre ergreifenden Piano-Arrangements im Gedächtnis bleiben. Vor allem Cammie Gilbert liefert hier nach ihrer etwas zurückhaltenden Performance auf dem letzten Album wieder einen gesanglichen Höhepunkt nach dem anderen ab – sei es nun im schwermütigen Duett mit Mick Moss (Antimatter) im exotisch angehauchten „The Colors Of Grace“, im feierlichen „To The Sea (A Tolling Of The Bells)“ oder im stimmgewaltigen, tragischen Finale von „A Return To The Earth Below“.

Davon abgesehen, dass das Album mit seiner Laufzeit von über 70 Minuten ein bisschen zu sehr aufgebauscht ist und die abermals unglaublich nuanciert eingespielten Drums einen etwas volleren Sound vertragen hätten, ist der einzig nennenswerte Kritikpunkt das manchmal nicht ganz flüssige Songwriting. Da die Kompositionen für sich genommen jedoch praktisch durchwegs begeistern, kann man es OCEANS OF SLUMBER gewiss nachsehen, dass manche Übergänge etwas plötzlich kommen.

„Oceans Of Slumber“ ist eine Sammlung fantastischer Einzelstücke und damit durchaus repräsentativ für die künstlerische Vielseitigkeit der Band. Ohne sich auch nur einmal zu wiederholen, vermischen OCEANS OF SLUMBER auf ihrem vierten Album gefühlsgeladenen Gesang, einfallsreich arrangierte Akustik-, Clean- und Distortion-Gitarren, stimmungsvolles Keyboard und Piano sowie trotz seiner Komplexität nie zu aufdringliches Drumming. Obwohl die Band das Album um den einen oder anderen Track wie etwa das an sich schöne, aber nicht essentielle Ambient-Interlude „Imperfect Divinity“ kürzen und einige Passagen besser miteinander verknüpfen hätte können, ist „Oceans Of Slumber“ wieder deutlich aufregender als „The Banished Heart“. Fans von modernem Progressive Metal werden somit weiterhin nicht an OCEANS OF SLUMBER vorbeikommen.

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Wertung: 8 / 10

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