Orbit Culture - Shaman

Review Orbit Culture – Shaman (EP)

Im inzwischen etablierten Rhythmus, einem Album eine EP folgen zu lassen, melden sich ORBIT CULTURE rund ein Jahr nach dem gefeierten „Nija“-Langspieler mit „Shaman“ zurück. Darauf bieten die Schweden, wie schon 2018 auf „Redfog“, erneut fünf Songs, die exklusiv darauf zu hören sind. Und weil sich nach Ansicht von Mastermind Niklas Karlsson manche der Songs auf „Nija“ live nicht ganz so umsetzen lassen wie gewünscht, lag das Hauptaugenmerk der neuen Stücke vor allem auf der uneingeschränkten Spielbarkeit on stage. Das ist doch eine recht vielversprechende Aussage, setzt sie die Messlatte für kommende Liveshows nicht unbedingt herab.

Den Anfang macht nun also „Mast Of The World“, eine stampfende Mitdtempo-Nummer, die gewohnt druckvoll beginnt und dann sehr vordergründig von Orgel- und Streichersamples begleitet wird. In dieser ausgeprägten Form dürfte das ein Novum sein. Wenngleich Karlsson, der seit jeher nicht nur als Sänger und Rhythmusgitarrist agiert, sondern auch die komplette Veredelung in Form von Produktion und Mixing übernimmt, gerne mit solchen Samples spielt: so ausgeprägt hat man das bislang noch nicht gehört. Es klingt enorm stimmig und verleiht dem Opener eine gekonnte Dramaturgie. Zugleich zeigt es geneigten neuen Hörern, wie umfangreich das Portfolio dieser Band ist: der wechselweise einsetzende Growl- und Klargesang ist längst nicht das einzig hervorzuhebende Merkmal. Auch Christopher Wallerstedts auffallend vielfältiges Drumming und eben die Hinzunahme verschiedenster aber stets passender Samples runden die Musik einwandfrei ab, ohne dabei je zu verspielt oder überladen zu klingen.

Mit „Flight Of The Fireflies“ schaffen es die Schweden dann, sich gleichermaßen von ihrer finstersten Seite und doch so unwiderstehlich hymnenhaft zu präsentieren. Hier knüpft direkt auch „Carvings“ an, nach dem vorausgegangenen Stück der zweiten vorab veröffentlichten Single. „Carvings“ ist textlich betrachtet der Titelsong der neuen EP und bietet bei etwa anderthalb Minuten mit Richard Hanssons Fingertapping erstmals ein herausgestelltes Gitarrensolo. Darauf hatte die Band bislang verzichtet, doch es macht sich als ergänzende Komponente ausgesprochen gut.

So gut, dass beim anschließenden „Strangler“ zum Ende hin direkt das nächste Solo aus dem Ärmel geschüttelt wird. Auf diesen Titel darf man sich auch live ganz besonders freuen, ist es doch eine waschechte Mitsingnummer, auf der Karlssons an James Hetfield erinnernder Klargesang elementar hervorsticht. Beschlossen wird die „Shaman“-EP dann vom siebenminütigen Epos „A Sailor’s Tale“. Mit dessen Drehleier-Intro klingen ORBIT CULTURE kurz wie Alestorms großer Bruder, kehren aber flugs zurück zu ihren Wurzeln, und überraschen dann mit einem epischen Chorus, bei dem man sich die vier Protagonisten förmlich am Bug eines großen Segelschiffes performen vorstellt. Auch hier wird zur zweiten Hälfte hin erneut ein rund halbminütiges Gitarrensolo zum Besten gegeben und das Finale zeigt die Band in ihrer aggressivsten Form.

Was den Sound dieser Gruppe schon lange ausmacht, wird auch auf „Shaman“ deutlich: ausnahmslos alle Stücke dieser Band sprießen vor Dynamik, Vielfältigkeit, Überraschungsmomenten und exzellentem Songwriting. Kein Song gleicht auch nur phasenweise einem anderen. Und mit diesen fünf neuen Titeln, die auf rund 25 Minuten Spielzeit kommen, holen ORBIT CULTURE aus dem Format der EP das Maximum heraus. Dass der Band seitens ihres Labels freie Hand über das komplette Producing gelassen wird, zeichnet Seek and Strike als tolerante und moderne Plattenfirma aus. Wunderbar zu sehen, oder vielmehr: zu hören, wie Bandleader Niklas Karlsson dieses Vertrauen durch akribische und hochprofessionelle Arbeit zurückzahlt. Jedes Werk von ORBIT CULTURE ist erstklassig produziert.

Wer diese Truppe bislang noch nicht kennt und Lust hat, sich auf Neues einzulassen, dem wird womöglich im positivsten Sinne der Kopf verdreht. Diese unvergleichliche Mischung aus mächtigem Groove, Härte, unendlich viel Melodie und Gefühl wird einen sofort packen und vor allem nicht mehr loslassen. Objektiv betrachtet sind ORBIT CULTURE sicherlich eine der vielversprechendsten Bands für dieses Jahrzehnt und stehen unmittelbar vor einer ganz großen Karriere. Und subjektiv betrachtet, das darf wohl erwähnt werden, machen ORBIT CULTURE einfach immer alles richtig, es macht Freude sie zu verfolgen. Kompletter und interessanter könnte eine Band nicht sein.

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Publiziert am von Andreas Althoff

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