Albencover von Turbo Polka Party

Review Russkaja – Turbo Polka Party

„The End Of RUSSKAJA“ erscheint im Februar 2023 völlig unerwartet im Header der Band bei Facebook. Das dazugehörige Statement zeigt unmissverständlich: Die Zeit des österreich-ukrainischen Musikkollektivs ist vorbei, kurz vor Veröffentlichung des neuen Albums „Turbo Polka Party“ und der dazugehörigen Tour. Ein Verlust.

Natürlich lässt sich vortrefflich diskutieren, inwieweit RUSSKAJA mit ihrem Bandnamen und -konzept in Anbetracht der aktuellen Umstände noch vertretbar sind. Diese Rezension beschränkt sich rein auf die Musik der spielfreudigen Truppe, die mit ihrem nunmehr letzten Album ein echtes Brett hinlegen. Nie klang die Combo mit ihrem Mix aus Folk, Ska, Punk und verschiedenen Sprachen härter und gleichzeitig fokussierter.
Dem textlich schlecht gealterten „Russki Style“ aus 2021 haben die Musiker mit „No Borders“ eine Anti-Kriegs-Hymne vorangestellt, mit der sie sich klar gegen Krieg, gegen Grenzen und für mehr Menschlichkeit aussprechen. Die übrigen Songs von „Turbo Polka Party“ sind weit weniger bzw. genau genommen so gut wie gar nicht politisch angehaucht, sondern offenbaren vor allem neue Einflüsse: So huldigt „Shapka“ den guten, alten Zeiten von Limp Bizkit. „Paschli“ steht wiederum stellvertretend für den bunten Blumenstrauß, den RUSSKAJA immer wieder zu einem spannenden und eingängigen Mix vermengen. In anderen Songs manchmal auch gespickt mit Polka, Rock oder Klezmer. Songschreiber Engl Mayr lässt seinem kreativen Freigeist gefühlt alle Optionen, ohne dabei in eine gewisse Beliebigkeit abzudriften.
Das gilt auch für die Beiträge der zahlreichen Gäste auf dem Album: Nachdem RUSSKAJA auf In Extremos „Kompass der Sonne“ in „Gogija“ zu hören gewesen sind, revanchiert sich Micha Rhein nun mit Gastgesang beim schunkeligen „Olga von der Wolga“, in dem er prima mit dem voluminösen Organ von RUSSKAJA-Fronter Georgij harmoniert. Benji von Skindred verleiht wiederum „Vodzukh“ einen besonderen Charakter (man kann sagen: den seiner Band), während „Senales“ durch die Kooperation mit den Hamburger LeFly eine rassige spanische Note bekommt. All dies harmoniert auf „Turbo Polka Party“ hervorragend und der Name der Scheibe ist Programm.
Leichte Abzüge gibt es lediglich für das deplatziert wirkende „Last Christmas“ mit Rülpsgeräusch am Ende. Zwar entstauben RUSSKAJA den Wham-Klassiker ordentlich, doch so richtig notwendig wirkt der Song gerade Anfang Februar nicht mehr. Auch „New Life“ fällt etwas hinter den anderen Nummern ab.

„Turbo Polka Party“ ist gefühlt so vielseitig und -schichtig wie RUSSKAJA mit ihrer Musik nur irgendwie sein können. Mit einem lachenden Auge betrachtet verabschiedet sich die Partykapelle mit ihrem vielleicht stärksten Album. Andererseits wird es viele der ungemein live-tauglichen Stücke, mit und ohne Gästen, nun leider nie auf Konzerten und Festivals zu hören geben. Wie eingangs bereits erwähnt: ein Verlust.

Wertung: 8 / 10

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