Perchta - D'Muata

Review Perchta – D’Muata

Obwohl Black Metal sich längst von einer starrsinnigen Ausdrucksform blindlings marodierender Halbstarker zu einem stilistisch und ideologisch breit gefächerten Musikgenre gewandelt hat, ist die Kunstrichtung doch nach wie vor eine Männerdomäne. Die wenigen Frauen, die sich in dieser Subkultur bislang hervortun konnten, lassen sich grob in zwei Lager einteilen: Während Künstlerinnen wie Katherine Shepard (Sylvaine) oder Amalie Bruun (Myrkur) die Grenzen des Stils mit ihrer konventionell femininen Ästhetik implizit verschieben, halten Musikerinnen wie Onielar (Bethlehem, Darkened Nocturn Slaughtercult) ihre Weiblichkeit aus ihrem Schaffen weitgehend heraus. Einen anderen Weg gehen PERCHTA auf „D‘Muata“.

Der Nachfolger des vielversprechenden, aber noch ziemlich inkonsistenten Debüts der österreichischen Band versteht sich nämlich als feministisches Manifest. Auf ihrem zweiten Album besingen PERCHTA nicht einfach nur Tod und Teufel, sondern in dieser Stilrichtung kaum beachtete und mitunter gemeinhin tabuisierte Themen wie Mutterschaft („D‘Muata“), weibliche Sexualität („Vom Verlånga“), Menstruation („Heiliges Bluat“) sowie die vielen Formen der Unterdrückung und Gewalt, denen Frauen im Patriarchat ausgesetzt sind („Ois wås ma san“). Die schon aus diesen Schlagworten herauszulesende Ambivalenz des Frauseins schlägt sich nicht nur in den auf Tiroler Mundart vorgetragenen Texten, sondern auch in der Musik des Sextetts nieder.

So mischen PERCHTA wie schon auf „Ufång“ (2020) melodischen Black Metal mit volkstümlich-rituell anmutendem Folk – ein ebenso kontrastreiches wie spannungsgeladenes Wechselspiel, das die Brutalität mancher Aspekte weiblicher Lebenserfahrungen einfängt, aber an vielen Stellen auch eine gewisse archaische Erhabenheit ausstrahlt. Im Vergleich zu ihrem Debüt zeigt die Band sich bei der Gratwanderung zwischen den verschiedenen Elementen ihres Schaffens nicht nur um einiges trittsicherer, sondern auch vielseitiger – mögen die Arrangements an manchen Stellen auch noch ein wenig grob wirken („Långtuttin & Stampa“).

So spielt das geheimnisvoll klingende Hackbrett erneut eine tragende Rolle, ohne jedoch wie noch auf „Ufång“ die Hälfte der Gesamtlaufzeit in Form von mäandernden Zwischenspielen für sich zu beanspruchen. Während PERCHTA mit den Perkussionen an manchen Stellen die Urtümlichkeit des Albums unterstreichen („Wehenkanon“), künden die imposanten Tremolo-Riffs und Schlagzeugsalven im Stil von Dissection von raubtierhafter Begierde („Vom Verlånga“). Am meisten beeindruckt jedoch Frau Percht mit ihrer – bis auf ein paar vereinzelte Schwächemomente – außergewöhnlich intensiven Performance. Boshaft gefauchte Screams, hexenhaftes Jauchzen, mysteriöses Geflüster, uriger, wenn auch minimal unsicherer Gesang, Gebrüll und Gekrächze, das wie das Knarzen eines schweren Holztors klingt („Långtuttin & Stampa“), sind nur manche der Laute, die die Bandleaderin im Zuge des 48 Minuten langen Albums von sich gibt.

Ob PERCHTA ihrem Vorhaben, die notorisch überbemannte Folk- und Black-Metal-Szene dem eisernen Griff des Patriarchats zu entreißen, mit der Mystifizierung des Weiblichen auf „D’Muata“ gerecht geworden sind, ist sicherlich diskutabel. Allein mit dem Versuch ist der Band jedoch ein bemerkenswertes Statement gelungen. Obgleich Frau Percht mit ihrer Stimme noch gelegentlich an ihre Grenzen stößt und das Songwriting mitunter etwas mehr Feinschliff vertragen hätte, haben PERCHTA nun einen wesentlich größeren Teil des Potenzials, das in ihrem Debüt schlummerte, ausgeschöpft und damit frischen Wind in die Stilrichtung gebracht.

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Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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