Review Steve Hackett – Out Of The Tunnel’s Mouth

  • Label: InsideOut
  • Veröffentlicht: 2010
  • Spielart: Rock

STEVE HACKETT gehört, wie seine Kollegen von Yes oder Emerson Lake & Palmer, zu jenen Musikern, die in den 70ern in Zuge der Progressive Rock-Welle Bekanntheit erlangten und heutzutage, mit einem Durchschnittsalter von 60 Jahre, zu einem Großteil solo arbeiten, weil es mit den alten Bands nicht mehr so richtig will. Bei ELP liegt es an Carl Palmers nach ihm selbst benannten Band, die nun Priorität genießt, bei STEVE HACKETT, seines Zeichens Ex-Gitarrist von Genesis und damit an wegweisenden Alben wie „The Lamb Lies Down On Broadway“ und „Selling England By The Pound“ beteiligt, ist es hauptsächlich Peter Gabriel, der keine Motivation mehr verspürt, mit seinen alten Mitstreitern in klassischem Line-Up Konzerte zu bestreiten.
Da aber wie gesagt keiner der Beteiligten wirklich aufgehört hat Musik zu kreieren, ist das Ganze auch nur halb so wild, wie Mr. Hackett mit „Out Of The Tunnel’s Mouth“ abermals unterstreichen möchte. War der Vorgänger „Tribute“ noch ein ausschließlich mit Gitarre eingespieltes Cover-Album (wer hätte es gedacht) mit vielen Klassikadaptionen, gibt es diesmal als Basis relativ gemäßigten Rock zu hören, der mal spacig und meditativ wirkt, mal in Richtung Hard Rock tendiert.

„Fire On The Moon“ beginnt mit introvertiertem, bedauerndem Gesang Hacketts, begleitet von einer Spieluhr, welcher in einen textfreien Refrain mündet, in welchem stampfendes Schlagzeug und stoischer Bass die Basis für eine im Chor gesungene Melodie bildet. Der Kontrast zum Einen zwischen der ruhigen Strophe und stampfenden Refrain und zum Anderen zwischen der „Warriors of the World“-mäßigen Instrumentalarbeit und der abgehobenen Gesangsmelodie sorgt für einen verklärt-melancholischen Grundtenor im Song.
Einen Gegensatz zum strukturell eher simpel gehaltenen Opener bildet dann „Nomads“, das mit Flamenco-Gitarren einsteigt, dann durch Lagerfeuer-Stimmung in Kombination mit Hacketts selbstvergessenem Gesang Spannung aufbaut, über eine abermalige Flamenco-Sequenz Fahrt aufnimmt und sich schließlich in ein großartiges Gitarrensolo entlädt, dessen heimlicher Höhepunkt die treibende Schlagzeug-Begleitung ist.
Gemeinsam haben beide Songs (und im Endeffekt alle Tracks auf dem Album) die milde Grundstimmung und den Ansatz, für sich genommen nicht über die Maßen innovative Ideen kreativ zu kombinieren und dadurch einen spannenden Rahmen für Melodien (und natürlich Hacketts Gitarrenarbeit) zu schaffen, welchen man eine gewisse Klasse in den meisten Fällen nicht absprechen kann. „In den meisten Fällen“ deshalb, weil Steve , was den Gesang angeht, ab und zu gewaltig in die Sperrzone zuckersüßer, schleimiger Melodien rast, welche allergische Reaktionen in den Gehörgängen verursachen. Mit „Sleepers“ (welches zumindest eine skurriles, rettendes Zwischenspiel besitzt) und „Emerald And Ash“ (Totalausfall) erwischt es hierbei leider genau die beiden beinahe neun Minuten langen Songs, was sich nicht unbedingt positiv auf die verwertbare Spielzeit auswirkt.

Mit „Tubehead“, einem Hard Rock-Instrumental mit durchgetretenem Gaspedal und einer Menge groovendem Bass, „Last Train To Istanbul“, das mit türkischem Flair aufwartet und dem meditativen „Still Waters“ mit relativ mächtigen Frauenchören gibt es aber zusätzlich zu „Fire On The Moon“ und „Nomads“ noch einige wirklich starke Songs auf der Platte. Insofern bleiben die erwähnten Klogriffe nur fader Beigeschmack zu der ansonsten äußerst erfrischenden, abwechslungsreichen Platte, die sich darauf konzentriert, Altbekanntes aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Auch instrumental sind einige Schmankerl gerade bezüglich der Gitarrenarbeit vorhanden, trotzdem wird deutlich, dass „Out Of The Tunnel’s Mouth“ nicht das Solo-Album eines Gitarristen, sondern das eines Musikers ist.
Für Metal-Hörer ist das Album wegen seiner Stilvielfalt, und der Möglichkeit, sich dazu einfach zurückzulehnen zu empfehlen, wer ohne bratende Gitarren gar nicht auskommt, wird mit „Out Of The Tunnel’s Mouth“ aber wohl nicht weit kommen. Eine höhere Wertung bleibt der Scheibe verwehrt, weil sich über weite Strecken wenig im Ohr festsetzt und atmosphärisch nicht immer konsequent zugepackt wird.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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