Review Stratovarius – Episode

Das bis zu diesem Zeitpunkt ständig rotierende Besetzungskarussel, STRATOVARIUS, bringt mit „Episode“ sein fünftes Album heraus. Wer schon einmal mit dem Bandnamen in Berührung kam, weiß, dass es sich hier um eine astreine Power Metal-Band handelt, an die technisch kaum eine andere Gruppe dieses Sektors heranreichen kann. Nicht umsonst behaupten sich Stratovarius heute,also im Jahr 2006, nun schon seit 17 Jahren im Metalzirkus. Die Produktion wirkt auf diesem Album zwar nicht wirklich kraftvoll, sie reicht aber vollkommen aus, um die wirklich genialen Gitarrenläufe klar und deutlich hören zu können. Schon von vorneherein sei auch das Drumvieh Jörg Michael erwähnt, der auf diesem Album ebenfalls recht deutlich zeigt, warum er bereits in den meisten der deutschen, traditionellen Heavy Metal-Bands erfolgreich hinter dem Schlagzeug gesessen hat.

Los geht es mit „Father Time“, welches durch das Ticken einer Uhr eingeleitet wird. Gleich darauf hört man dann ein bärenstarkes Riff der Gitarre, bald gesellt sich auch das Schlagzeug dazu. Inzwischen typisch für Stratovarius folgt nun der in Höchstform auflaufende Timo Kotipelto. Er kommt hier noch nicht in die ganz üblen Höhen, was der Musik aber eigentlich nur zuträglich ist. Es folgt der gewohnt abgehobene ,hier in seiner Gesamtheit göttlich wirkende, Refrain. Ich muss hier nochmals den Gesang Kotipeltos erwähnen, er gliedert sich hier – und den ganzen restlichen Song auch – wirklich perfekt in das durch die Instrumente geschaffene musikalische Gesamtbild ein und ruiniert dieses nicht, wie es ihm meiner Meinung nach auf den neueren Alben durch teils zu hoch gesungene Passagen leider passiert. Ein absoluter Klassiker der Band also, sollte jeder Power Metaller eigentlich mal gehört haben. Das nächste Lied, „Will the Sun Rise?“ fährt die selbe Up-Tempo-Schiene, kann aber nicht ganz mit „Father Time“ mithalten, der Refrain wirkt etwas sperrig, lediglich ein kurzes Zwischenspiel von Gitarre und Keyboard weiß hier zu überzeugen, welches dann in ein überaus starkes Gitarrensolo überleitet, was man aber bei Stratovarius sowieso nicht zu erwähnen braucht, ziehen sich doch vor allem die verdammt guten Soli durch die ganze Diskographie dieser Gruppe. „Eternity“ beginnt dann sehr mystisch, der Song hält sich insgesamt eher im Mid-Tempo und zieht aber auch eher recht unbeachtet an einem vorbei. Dann doch lieber „The Kiss of Judas“ vom „Visions“-Album. „Episode“ ist dann das überlange Intro zum technischen Hammer „Speed Of Light“. Tolkki haut einem schon zu Beginn des Songs ein wahnsinnig schnelles Riff um die Ohren, doch was nach nur einem Refrain in Form eines Solos folgt, dürfte jeden Gitarristen in Ehrfurcht erstarren lassen, oder, was beinahe noch wahrscheinlicher ist, gleich zum weinen bringen. Zugegeben, das Lied an sich ist zwar atmosphärisch nicht wirklich zu gebrauchen, aber bei soviel High-End Gitarrenkunst kann man darüber wohlwollend hinwegsehen. Schön auch, das man diesen Song immer und immer wieder live präsentiert bekommt, es ist ein wahrer Augenschmaus Tolkki beim spielen dieses Songs auf die Wurstfinger zu schauen.

Mit „Uncertainty“ wird dann von der Geschwindigkeit her die Vollbremse gezogen. Was an anderer Stelle langweilig wirken würde, passt hier, nach „Speed Of Light“, 100% , man kann zu dem Lied gut entspannen. Es hat einen sehr groovigen Charakter und weiß wiederum mit einigen tollen Gitarrenpassagen zu begeistern. Die folgende Ballade „Season of Change“ wirkt richtig schön eindringlich, sie gefällt mir persönlich auch viel besser als die meisten anderen Songs dieser Art von Stratovarius, da man hier nicht mit den teils unerträglichen Höhen Kotipeltos zu tun hat. „Stratosphere“ ist zur einen Hälfte ein – endlich auf allen Instrumenten – verdammt schnelles und schwieriges, zur anderen Hälfte eher ein ziemlich ruhiges Instrumental. „Babylon“ mutet über weite Strecken sehr orientalisch an, und auch wenn dieses Lied wirklich nichts mit dem zu tun hat, was man von Stratovarius erwartet, weiß es doch vollkommen zu überzeugen, tolle Abwechslung, die man leider mit späteren Alben immer seltener findet. „Tomorrow“ fährt zwar instrumental die typische Schiene, hier macht aber der Gesang etwas wahrlich besonderes aus dem Song, er hebt sich ebenfalls ziemlich von den neueren Liedern von Stratovarius ab. Das vorletzte Lied, „Night Time Eclipse“, erinnert nur vom Namen her an schwarze Norweger. Es soll wohl episch wirken. Naja. Da reicht es aber nicht, den Song sieben Minuten lang zu machen. Trotzdem scheint Tolkki sein Riff bei 4:40 Minuten wohl derart genial gefunden zu haben, dass er es Jahre später als Titelmelodie des 10-Minuten-Epos „Anthem of the World“ auf dem „Destiny“-Album wiederverwendet. Der Unterschied besteht nun darin, dass dieses Melodie dann mit Keyboard anstatt mit Gitarre gespielt wird. Dies wird in entsprechender Rezension aber nicht erwähnt, da es die Genialität des Ganzen ja nicht schmälert, und die Melodie durchaus ihre 10 Minuten verdient hat. „Forever“, noch eine Ballade zum Abschluss? Ja, und sie weiß absolut zu überzeugen, hat alle Merkmale die so ein Lied ausmachen, sowohl gefühlvollen Gesang, als auch schöne Zwischenspiele der akkustischen Gitarre, das Über-Lied der Band in diesem Bereich, dass für mich schon knapp an den „Bard’s Song“ von Blind Guardian heranreicht.

Insgesamt kann man also sagen , dass man hier ein wahnsinnig gutes Album vorliegen hat, immerhin acht von zwölf Songs sind Kracher, es kommt selten Langeweile auf. Instrumental zeigt hier jedes Bandmitglied mehr als genug, wo der Hammer hängt, allen voran Timo Tolkki an der Gitarre. Es finden sich zwar stärkere Songs auf späteren Alben, aber da hier die Konzentration dieser Lieder so hoch ist, tendiere ich dazu zu sagen, dass die Fünf an dieses Album später nicht mehr wirklich hinkommen.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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