Konzertbericht: Stratovarius w/ Sonata Arctica, Induction

30.10.2023 München, Backstage (Halle)

Bereits im Jahr 2000 sind STRATOVARIUS und SONATA ARCTICA zusammen durch ganz Europa getourt. Damals waren SONATA ARCTICA noch komplett unbekannt und hatten gerade ihr erstes Album „Ecliptica“ herausgebracht. Inzwischen gehören sie zu den beliebtesten Bands Finnlands. Auch STRATOVARIUS konnten in all den Jahren eine treue Fangemeinde am Leben erhalten – und das trotz etlicher Line-Up-Wechsel. Dass nun beide Bands noch einmal miteinander als Co-Headliner touren, galt als kleine Sensation unter den langjährigen Fans. Das Backstage in München war entsprechend schnell ausverkauft.

Um 19:30 Uhr eröffnen INDUCTION den Abend. Die Progressive-Power-Metal-Band aus Tschechien, die ihren Hauptsitz aber mittlerweile in Hamburg hat, macht von Anfang an einen guten Eindruck. INDUCTION brillieren mit einer kraftvollen Gesangs-Performance, stimmlich absolut herausragend. Die Musik ist abwechslungsreich und unterhaltsam, auch wenn das Rad hier nicht neu erfunden wird. Man setzt auf Melodien und ungestüme Gitarrenarbeit. Es ist die erste europäische Tour von INDUCTION. Entsprechend versuchen die Jungs, Fans zu gewinnen, agieren viel mit dem Publikum, widmen auch mal einen Songs nur den anwesenden Damen und geben, wie es sich wohl gehört und wie es ihnen alle anderen Bands später gleichtun werden, Gitarrenplektren und Co. an zwei Kinder, die in der ersten Reihe stehen. Im Dezember werden INDUCTION für Accept bei deren Deutschland-Konzerten eröffnen. Wer Karten dafür hat, sollte rechtzeitig kommen und den Support-Act unbedingt anschauen.

Anschließend wird das wirklich große Schlagzeug für SONATA ARCTICA als Co-Headliner aufgebaut. Wer bereits im Jahr 2000 dabei war und die Band als Support-Act erlebt hat, ist glücklich, zu sehen, dass die Truppe es geschafft hat, wie man so schön sagt. Von den originalen Bandmitgliedern haben nur Schlagzeuger Tommy und Sänger Tony durchgehalten. Kurioserweise wird allerdings SONATA ARCTICAs Ex-Gitarrist Jani Liimatainen später mit Stratovarius auf der Bühne stehen. Doch zuerst kann Jani’s Nachfolger Elias Viljanen so richtig brillieren: Die zahlreichen schnellen Tracks bieten viel Spielraum für Soli und Passagen, in denen man mit schnellem Riffing und Fingerfertigkeit so richtig angeben kann, wie in „Black Sheep“ oder „8th Commandment“. Sänger Tony Kakko ist stimmlich ebenfalls zu Höchstleistungen aufgelegt. Fast ist es ein bisschen schade, dass es nicht mehr Balladen in die Setliste geschafft haben, bei welchen er normalerweise stimmlich richtig viel rausholen kann.
Dafür wird die neue Single „First In Line“ vorgestellt und entpuppt sich als echter Live-Kracher. Aber auch ganz alte Songs schaffen es ins Set, zum Beispiel der Publikumsliebling „Replica“, der mit einem kreativen E-Gitarren-Intro eröffnet wird. Traditionsgemäß hat Tony die Lyrics zu „Full Moon“ teilweise vergessen und lässt das Publikum singen. Die Interaktion mit den Fans ist herausragend, selbst in den hinteren Reihen fühlt man sich noch angesprochen von Tony’s Charme. Dass auch die restlichen Band-Mitglieder alle ihr bestes geben, erklärt sich selbstredend. Der viel umjubelte Gig findet sein Ende mit dem Singspiel „Vodka“, welches wahrscheinlich nur Finnen und SONATA-Arctica-Fans kennen.

Einige Leute verlassen nun das Backstage. Offensichtlich kennen viele Jüngere Besucher STRATOVARIUS gar nicht mehr. Die Power-Metaller aus Finnland waren ja bereits im Jahr 2000 eine etablierte Band. Auch STRATOVARIUS kamen nicht ohne diverse Line-Up-Wechsel aus, und auch hier sind nur zwei der originalen Band-Mitglieder heute noch in der Band, wobei man Sänger Timo Kotipelto eventuell gar nicht mitzählen dürfte, hat doch vorher Ex-Gitarrist Timo Tolkki gesungen. Kurioserweise steht der Ex-Gitarrist von Sonata Arctica, Jani Liimatainen, den man vielleicht durch seine Band Insomnium kennt, bei dieser Tour mit auf der Bühne: Er ist Ersatzmann für den Bassisten, der in diesen Tagen Vater wird. Wer Jani kennt, wird wissen, was für ein extrem talentierter Gitarrist er ist. Dass er nun „nur“ den Bass bedient, bedeutet im Prinzip, dass er unterfordert ist. Aber er macht das Beste draus und spielt manchmal „heimlich“ eine knifflige Gitarrenlinie mit, nur ein paar Töne tiefer. Auch hat er so mehr Zeit, um auf die Reaktionen der Fans einzugehen, welche ihn bei Sonata Arctica in den letzten Jahren schmerzlich vermisst haben.
STRATOVARIUS setzen heute auf eine gesunde Mischung aus neuen und alten Songs – den Fans scheint das einerlei: Sie feiern jeden einzelnen Song. Man ist einfach froh, die Veteranen von STRATOVARIUS mal wieder live in München sehen zu können. Lediglich die Lieblingsballade der Fans, „Forever“, fehlt leider. Frotmann Timo Kotipelto ist noch immer die gleiche Rampensau wie vor 23 Jahren und rockt die Bühne, als gäbe es kein Morgen. Leider kennen nur noch wenige Besucher die STRATOVARIUS-Tradition, bei der Vostellung der einzelnen Band-Mitglieder, deren Namen im Sprechchor zu wiederholen, und so versuchen es einzelne Fans noch, aber die Masse macht nicht mit. Der generellen Stimmung tut es aber keinen Abbruch, und so verlassen STRATOVARIUS nach zwei geplanten Zugaben unter viel Applaus die Bühne.

Zusammenfassend kann man sagen, dass diese Tour wohl ein voller Erfolg ist. Wer den Bands auf den sozialen Netzwerken folgt, kann sehen, dass fast alle Locations sehr schnell ausverkauft waren, während die Tour vom letzten Jahr, bei welcher SONATA ARCTICA alleine ihr Akustik-Set spielten, eher vor halbleeren Hallen stattfand. Manchmal ist es doch die Kombination von zwei Bands, die die Massen zieht, bzw. ein gewisser nostalgischer Effekt für die Alt-Fans, wenn ein Tour-Tross nach Jahrzehnten wieder zusammenfindet. In Zeiten sinkender Besucherzahlen bei kleinen und mittelgroßen Bands wird dies wahrscheinlich die Zukunft sein: Kombinationen, denen die Fans nicht widerstehen können. Doch davon können wir nur profitieren. Die Zukunft bleibt spannend!

Publiziert am von Uta A. (Gastredakteurin)

Fotos von: Uta A. (Gastredakteurin)

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