Review Summoning – Stronghold

  • Label: Napalm
  • Veröffentlicht: 1999
  • Spielart: Black Metal

Elektronik und Black Metal werden in dieser einträchtigen Nähe in den seltensten Fällen so toleriert, wie beim österreichischen Duo SUMMONING. Mittlerweile seit 15 Jahren sind Silenius und Protector aktiv und haben dem episch interessierten Hörer so manchen glücklichen Moment beschert. (Fast) niemand beschwerte sich in all den Jahren über die massiven Keyboardteppiche oder die computergenerierten Drums. Warum auch, sind dies doch zwei absolute Markenzeichen im Sound der Tolkienmaniacs, die mit Stronghold zum vierten Mal die Tore nach Mittelerde öffneten.

Dabei kann man sich als eher der Gitarre zugeneigter Hörer freuen: im Vergleich zu den Vorgängern steht der Sechssaiter wieder deutlich mehr im Mittelpunkt, als zuvor, wo die Songs noch beinahe gänzlich auf die Tasteninstrumente zugeschnitten waren. Nach dem üblichen, recht unspektakulären Intro wird auch rasch deutlich, wie man sich das vorstellen kann. Long Lost to Whre No Pathman Goes wird von einer einmalig episch-eingängigen Melodie des Keyboards getragen, in die trügerische Sanftmütigkeit bricht aber recht bald ein Gitarrenriff, das weit mehr zu bieten hat als Sechzehntel auf einem Ton, welche dann und wann mal der Keyboardmelodie folgen. Trotz dieses verhältnismäßig harten Einsatzes entwickelt sich der Song aber keineswegs als Prügelnummer und fand so (berechtigterweise) seinen Weg u.a. auf verschiedene Gothicsampler. Dies kann meiner Meinung nach nur durch die enorme Epik erklärt werden, die nur selten so wie in diesem Lied erreicht wird. Da kann die Devise nur lauten: Kopfhörer auf und auf in eine fremde, aber gleichzeitig doch so vertraute Welt.

Trotz dieser Lobeshymne ist der angesprochene Song aber bei weitem nicht als das absolute Highlight zu bezeichnen. Dieses hat man ziemlich am Ende versteckt, The Loud Music Of The Sky hat einfach alles, was man sich von einer Band dieser Coloer erwartet. Auch hier zunächst einmal das Keyboard, welchen einen leicht pianoten Unterton bekommt, dazu nach kurzer Zeit der Drumcomputer (der mir im ürbigen auf dieser Aufnahem nicht, wie oft gemeint, kalt, sondern vielmehr angenehm warm vorkommt, aber das kann auch an den Rottönen des Covers liegen), schließlich eine Steigerung mit einsetzenden Instrumenten und knurrenden Vocals ohne Text. Der gesungene Part stellt dann alles auf dieser CD in den Schatten, mächtig erheben sich die Worte vor dem Horizont, emotional mitgerissen lassen sie den Hörer mal zurück, um dann sofort mit neuer Kraft zurückzukehren. Tollerweise verzichtet dieses Lied als eines von wenigen auf das typische SUMMONING-Manko der zu langen Songs – hiervon wird weiter unten noch die Rede sein.

Ein drittes und ein viertes Lied verdienen meiner Meinung nach noch besondere Beachtung, auch wenn sie nicht so stark sind wie die angesprochenen. Zum einen der Rausschmeißer A Distant Flame Before The Sun, welches rein lyrisch gesehen eine Lagerfeuerstimmung kreiert, aber erst nach einem Break nach sechs Minuten so richtig an Fahrt gewinnt. Die Schlusskadenz haut einen noch mal mit der schon genannten Wucht um, ein absolut würdiger Finalakkord eines faszinierenden Albums. Und dann wäre da noch das rottende Pferd auf dem tödlichen Grund, wenn man mir die freie Übersetzung von The Rotting Horse On The Deadly Ground einmal gestattet. Hier wird sogar mal das Gaspedal ein wenig durchgedrückt, was eine erstaunliche Dynamik im Zusammenspiel von Instrumenten und Gesang zur Folge hat. Dass bei diesem, wie auch bei allen anderen Liedern, auf enorme Effekte (Hall) vor allem im Gesang gesetzt wird, mag vielleicht den Soundpuritaner ärgern, wenn man aber gerne ein stimmiges Gesamtpaket haben mag, dann kann man hier schlicht nicht meckern.

Naja, ein bisschen schon; wie bereits oben angedeutet, haben vielleicht SUMMONING-Lieder einfach das Problem, dass sie trotz der erzeugten Epik immer noch zu lang sind. Dabei fordert ja niemand den Kahlschlag, aber eine oder zwei Minuten weniger dürften es manchmal schon sein, dafür fehlt dann doch ein wenig die Abwechselung. Ein zweiter Punkt, der etwas störend, vielleicht sogar negativ auffällt ist das nicht immer ganz gleiche Niveau der Songs. Die vier besten habe ich ja bereits etwas näher bschrieben und unter dem Strich fehlt der Totalausfall ja auch, aber dennoch bleibt der leicht fade Beigeschmack, dass zum Beispiel The Shadow Lies Frozen On The Hill doch etwas schwächer ist als der Rest. Wenn man sich einzelne Songs auswählt, merkt man es gar nicht, beim Komplettgenuss allerdings schon, so dass ein leichtes Minus nicht ausbleiben kann. Andererseits waren SUMMONING nie melodischer, nie epischer und – damit lehne ich mich jetzt mal etwas aus dem Fenster – nie besser. Großartige Songs, düsteres Artwork, ein wirklich vernünftiger Sound, so dass mir kein Grund einfällt, warum nicht jeder Metalfreund diese CD besitzen sollte.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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