Review Ulver – The Assassination Of Julius Caesar

  • Label: House Of Mythology
  • Veröffentlicht: 2017
  • Spielart: Electronic

Die Anzahl von ULVERs musikalischen Genreüberschreitungen ist ebenso hoch, wie die Liste ihrer ehemaligen Mitglieder lang ist. So wechselhaft die Band in vielerlei Hinsicht auch ist, so standhaft bleiben ULVER in zwei Belangen: Kristoffer Rygg formt dieses Projekt seit genau 25 Jahren und das noch nie zu dessen Nachteil.  

Sicherlich, die Wölfe (Übersetzung von ULVER) sind nun wesentlich zahmer als zu ihren Anfangstagen („Bergtatt – Et Eeventyr I 5 Capitler, 1995), aber ihren Biss haben die Norweger dennoch nicht verloren; vom fordernden „Blood Inside“ (2005) hin zum ambient-melancholischen „Shadows Of The Sun“ (2007) und dem Jam-Experiment „ATGCLVLSSCAP“ (2016) haben ULVER ihren Entdeckerdrang stets in eine Diskographie außergewöhnlicher Alben münden lassen, zu der sich nun auch ihr 13. Album „The Assassination Of Julius Caesar“ hinzugesellen möchte. 

Die drei Eckpfeiler der Platte lassen sich schnell benennen: Mythen, Synthpop und historische Taten. Wie der Name schon vermuten lässt, befassen sich ULVER auf ihrem 13. Studioalbum mit römischer Geschichte („Nemoralia“, „So Falls The World“), aber auch Attentaten („Transverberation“, „1969“) und streuen dabei Themen der jüngeren Geschichte wie den Tod von Lady Di sowie die Landung auf dem Mond mit ein – und all das unterlegt mit einer tanzbaren, von Popmusikstrukturen durchzogenen und mit Dubstep- vs. Klavierpassagen-Synthmusik. 

So wirr diese Beschreibung der Lyrics als auch der Musik klingt, so überraschend einfach und vor allem schnell geht The Assassination Of Julius Caesar“ ins Ohr. Der Opener „Nemoralia“ stellt hierfür alle Weichen: düster, sexy und ungeahnt catchy. ULVER eröffnen ihr Album so eingängig wie noch kein anderes zuvor, rutschen dabei aber nicht ins Anbiedernde – stattdessen möchte man den ersten Song in Dauerschleife hören, nichtsahnend, dass die sieben folgenden Tracks in dieser Güte weitergehen 

Obwohl es so einfach wirkt, auf einen simplen 4/4-Takt einige Tonspuren von Percussions, Keyboard-Passagen, Synthesizersounds, elektronischen Loops und warmen Klargesang zu legen („Rolling Stone“), so groß ist dennoch das Erstaunen darüber, dass dieses Vorgehen so unvorbelastet, frisch und enthemmt wirkt, groovend in die Beine geht (Transverberation“) und sogar zum Mitsingen einlädt („Southern Gothic“).  

Aber genau diese überraschende Eingängigkeit und diese schlichtweg wunderschöne, charakteristische Melodieführung Song für Song ist noch nicht einmal das Bewundernswerteste an The Assassination Of Julius Caesar“, denn so richtig stark werden ULVER besonders in den fragilen, entrückten Songs, deren Refrains mit einer kraftvollen Wucht („1969“) auf den Hörer niedergehen – und die eindrucksvoll beweisen, zu welch einem Kaliber von Sänger sich Kristoffer Rygg entwickelt hat („Angelus Novus“). 

ULVER lassen dieses umwerfende Album mit dem vergleichsweise bedrohlichen „Coming Home“ enden, dessen instrumentale Klanglandschaft immer wieder zwischen jamartigen Einspielern von Synth- und Sax-Sounds und sanft stampfenden, die Richtung vorgebenden Beats changiert – und somit eine kleine Reminiszenz an die eingangs erwähnten Alben darstellt. 

„The Assassination Of Julius Caesar” ist ein emotionsgeladener Freudenbringer, dessen kompakt komponierte Songs dennoch genügend Raum für Wendungen und Überraschungen bereithalten: Ob der harte Schnitt im sanftmütigen Riesen „So Falls The World“, der sich im letzten Drittel zu einer stampfenden Elektronummer entwickelt, oder das basslastige „Rolling Stone“, das in dem einen Moment noch einen einnehmenden Zwiegesang von Rygg und Hintergrundsängerin Sumbundu parat hält und plötzlich in einem Wirrwarr von Percussion, Saxophon und Noise endet – ULVER waren auf Albumlänge zuvor kaum großartiger. 

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Wertung: 9.5 / 10

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3 Kommentare zu “Ulver – The Assassination Of Julius Caesar

  1. Danke :D

    Ich glaube man wird tatsächlich ruhiger mit dem Alter. Mit 35 sage ich zwar nicht, dass ich alt bin. Aber älter. Metal ist seit ich ca 16 bin unangefochten Teil meines Lebens. Schaue ich mir an was ich über zwei Dekaden gehört habe – und was ich nun höre – dann sehe ich das die Härte so langsam weicht.

    Angefangen mit Slipknots Debut, kamen In Flames, dann ging es mit Dimmu Borgir und Immortal und Burzum in die schwarzen Gefilde. Und die habe ich nie verlassen. Es würde immer extremer und extremer.

    Und nachdem mir Alcest jahrelang mit ihrer einfachen, einfühlsamen Art des BM Spass bereitet haben, bin ich mittlerweile bei Dungeon Synth ala Örnatorpet, Burzum Ambient Alben (die obgleich aller Kontroversen, einfach auf die Wirkung der Musik betrachtet, absolut schön sind), Soundtracks und Ulver gelandet.

    Ich glaube ich bin in Metal Rente. Aber das ist auch irgendwie angenehm! Sorry für die große Ausschweife

  2. Bisher sind Ulver zwar nicht namentlich an mir vorbei gegangen. Dafür aber musikalisch. Habe mir also nach dieser Review mal Teile von Shadows of the Sun gegeben und muss sagen GEIL.

    Glaube, ich habe nun einiges vor mir.

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