Review Unreqvited – Beautiful Ghosts

Liebe ist im Black Metal ein verpöntes Thema. Zumindest an den Ausläufern des Genres gibt es mittlerweile jedoch ein Umdenken. Wie man diesem mal wunderschönen, mal schrecklichen Mysterium in jener einst so düsteren Musikrichtung auf den Grund gehen kann, machte etwa Violet Cold auf „Empire Of Love“ (2021) eindrucksvoll vor. Auch UNREQVITED hat der größten Form der Zuneigung in seinem – wenn auch nur ansatzweise – schwarzmetallischen Œuvre hin und wieder bereits eine Stimme verliehen. Auf seinem sechsten Album „Beautiful Ghosts“ geht der kanadische Einzelkünstler 鬼 nun einen Schritt weiter und widmet der Liebe ein komplettes Werk.

Was der exzentrische Philosoph Slavoj Žižek als „großes Unglück“, „monströsen Parasit“ und „permanente Notsituation“ bezeichnet, klingt auf „Beautiful Ghosts“ zwar nicht annähernd so furchterregend, aber auch keinesfalls durchwegs glückselig. Vielmehr durchtost die 43 Minuten lange Platte ein unaufhörlicher (mitunter schwer nachzuvollziehender) Wirbelwind der Gefühle. Mit seinen arg grobkantigen Gitarren und treibenden Drums klingt der Opener „All Is Lost“ erst einmal sehr rastlos, im anschließenden „Autumn & Everley“ hingegen schlägt UNREQVITED mit schweren Leads eher ernste Töne an.

Nach einem sphärischen Ambient-Stück („Reverie“) merkt man der Platte schließlich eine Tendenz zu positiveren Stimmungen an. Das getragene „Funeral Pyre“ lädt mit seinem Piano und Chorgesang zum Staunen ein, später imponiert der knapp zehnminütige, dynamisch arrangierte Titelsong mit seiner bombastischen Keyboard-Orchestrierung. In den verträumten Clean-Gitarren und Klargesängen in „All Is Found“ findet man zuletzt endlich die ersehnte Geborgenheit einer liebevollen Umarmung. So vielgestaltig wie die Empfindungen, die UNREQVITED auf „Beautiful Ghosts“ vertont, sind allerdings leider auch die Schwächen des Albums.

Abgesehen davon, dass die Platte als Ganzes recht zerfahren wirkt und manche Tracks wie „Funeral Pyre“ nach einem vielversprechenden Anfang zündende Ideen vermissen lassen, werden die notorischen Schwächen des Post-Black-Metal-Projekts hier mehr denn je zum Problem. Mit der Kitschgrenze hat UNREQVITED schon immer geliebäugelt, hier überschreitet der Kanadier sie mit dem schwülstigen Keyboard praktisch im Minutentakt. Die unschön künstlich klingende Produktion ist außerdem ziemlich unausgewogen, sodass einzelne Instrumente stellenweise immer wieder von den anderen verschluckt werden.

Obwohl UNREQVITED nach drei hervorragenden Studioalben mit „Beautiful Ghosts“ leider erstmals etwas Enttäuschendes veröffentlicht hat, muss man 鬼 doch zugestehen, dass er die Liebe damit in vielen ihrer Gestalten eingefangen hat. Mal überwältigend („Beautiful Ghosts“), mal rührend („All Is Found“), aber eben oft auch schnulzig wie eine Seifenoper („Cherish“), aufwühlend und chaotisch („All Is Lost“), ist die Platte ein aufrichtiges Portrait eines essenziellen Bestandteil des Menschseins, den wir wohl nie ganz begreifen werden. Die herzerwärmende, grazile Schönheit von „Mosaic I: L‘Armour Et L‘Ardeur“ (2018) vermag UNREQVITED hiermit jedoch nicht zu überflügeln.

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Wertung: 6 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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