„Sag mal, kennen wir uns?“ „Nein, nicht das ich wüsste.“ „Hmm, Du siehst XY aber zum Verwechseln ähnlich…“ Was in der Diskothek eine wenig probate Anmache ist, ist auch im Musik-Business nicht gerade als Gütesiegel zu verstehen. Aktuelle „Täter“ sind die Schwaben VOICES OF DESTINY, nicht nur eine neue Frontfrau (Ada Flechtner), sondern eine ebensolche Platte („Crisis Cult“) präsentieren.
In der Tat ist das Drittwerk des Quintetts alles in allem ausgesprochen vorhersehbar. Epic Gothic Metal steht drauf und ist ohne Wenn und Aber auch drin. Und alles, was dazu gehört, von melancholischen Melodien über hymnische Arrangements bis hin zu wohliger Atmosphäre. Verantwortlich dafür ist das recht konservative Songwriting bzw. die insgesamt sehr archaische Ausrichtung mit in jedem Fall stimmgewaltigen weiblichen Vocals und gelegentlichen männlichen Gegenparts. Teils flinke, teils getragene Songs, welche häufig erst durch mächtige Keyboards so richtig zum Leben erweckt werden und eine durchaus zeitgemäße Produktion runden eine Platte ab, die so auch schon vor 15 Jahren hätte erscheinen können.
So, jetzt ist aber genug gemeckert, denn unter dem Strich ist „Crisis Cult“ eine gute Scheibe geworden. Die knapp 50 Minuten werden nur selten richtig langweilig, auch wenn der echte Hit fehlt, liegt das Niveau über die zehn Songs in einem hohen Bereich. Die Musiker sind keine Anfänger, das Gespür für das richtige Moment ist vorhanden und die schon grauhaarigen Melodien finden zueinander. So gut, dass die Platte wie im Flug vergeht, ein sicheres Zeichen für solide Arbeit.
An ein paar Stellen merkt man dann doch noch einmal besonders auf, denn allen Klischees, die VOICES OF DESTINY geschickt in den Sound integrieren, tauchen einige Parts auf, die man sich auch hätte sparen können. Die „Moralpredigt“ am Ende von „The Wild Hunt“ hätte es genauso wenig gebraucht wie den Bonustrack „Your Creation“. Hierbei handelt es sich um eine Klavierballade, die kaum in das Gesamtkonzept passen will. Nun ja, ist halt Bonus, aber hier wäre man möglicherweise besser beraten gewesen, den Song einfach in der Schublade verschwinden zu lassen. Dies sind aber neben den Eingangsworten die einzigen marginalen Probleme, ansonsten kann man wirklich warm werden mit „Crisis Cult“, Midtempo-Metal im Düsterbereich, wie er in den letzten Dekaden zu einer großen Fangemeinde gekommen ist.
VOICES OF DESTINY servieren ziemlich alten Wein in uralten Schläuchen, aber diese Kombination mundet gut. Innovationssüchtige sind hier falsch, aber Freunde guter, handgemachter Musik aus deutschen Landen, dargeboten mit Pathos und Gefühl, können ruhig einmal ein Ohr riskieren, schaden wird es sicher nicht.
Wertung: 7 / 10