Review Wuthering Heights – Salt

Die dänisch-schwedischen Progressive/Power Metaller von WUTHERING HEIGHTS führen schon allzu lange ein Schattendasein, zumindest scheint mir das Medienecho der „Mad Metal Minstrels“ bisher nicht allzu auffällig und nicht viele haben bisher von der Band Kenntnis genommen. Das nun mittlerweile fünfte Album – das dritte mit dem genialen Nils Patrik Johansson (Astral Doors) am Mikrofon – erscheint nun fast vier Jahre nach dem mächtige Vorgänger „The Shadow Cabinet“. Die Erwartungshaltung auf das auf den Namen „Salt“ hörende Werk war in der kleinen (?) Fanschar gewiss gewaltig.

WUTHERING HEIGHTS‘ größte Stärke liegt in der reibungslosen Verschmelzung anspruchsvoller Kompositionen und vielschichtigem Songwriting mit kernigen, kraftvollen und einprägsamen Melodien und einer nicht zu großen Prise Folklore. Dieses Konzept soll hier auch zum dritten Mal in Folge blendend aufgehen, wenngleich die Ohrwurm-Chöre etwas spärlicher gesäht und dafür die hintergründigeren Geniestreiche mehr Beachtung verdienen.

Ein Beispiel für einen der besten Refrains des Jahres 2010 überhaupt ist „The Mad Sailor“. Die unfassbar hartnäckig hängenbleibende Melodie wird dabei nie überstrapaziert, so dass man nicht sagen kann, der Rest der Nummer sei zu vernachlässigen – doch Johanssons einzigartiges Organ ist ohne Zweifel die größte Stärke derartiger Lieder. Den Gegenpol dazu bietet vielleicht „Tears“, dessen Refrain beileibe nicht so vordergründig den Song dominiert. Vielmehr sind es hier die kleinen Dinge, die nur kurz auftauchen – Akustikgitarren, einzelne Gesangspassagen, Gitarrensoli und Ruhephasen – die besonders bemerkenswert erscheinen. So halten sich Songs beider Couleur etwa die Waage auf „Salt“, ohne dass sich die Titel der Platte gleich in Kategorien einteilen ließen. Die Stimmungen variieren selbst innerhalb der Songs stark, auch wenn dem Hörer manches Motiv schon von einer der Vorgängerscheiben bekannt vorkommen mag. Einzelne hervortretende Beispiele der Klangkunst oder Höhepunkte des Albums hervorzuheben, würde den Rahmen sprengen. Stattdessen möge sich der Hörer selbst über der vielen Dinge, die es zu entdecken gibt, erfreuen.

Zwei Besonderheiten bietet „Salt“ jedoch, die Erwähnung finden sollen: Zum einen steht da mit der herrlichen kurzen Folknummer „Water Of Life“ die wohl poetischste Liebeserklärung an den Alkohol, die je im Metal-Bereich entstand. Zum anderen haben sich die Nordmänner an einen 16-minütiges Mammutstück gewagt, welches als „Lost At Sea“ den Schluss der CD markiert Jener recht sperrige Song ist wohl aber der größte Schwachpunkt auf „Salt“, denn hier wirkt sich die (bewusste oder unbewusste) Reduzierung der klassischen Ohrwurmrefrains am gravierendsten aus. Während in den kürzeren Liedern „The Last Tribe (Mother Earth)“, „Tears“ und „The Field“ nämlich noch leicht auf die zahlreichen Details geachtet werden kann, gehen der Blick bzw. das Gehör bei dem Longtrack etwas verloren. Ein eingängigerer Refrain hätte Struktur verpasst, was „Lost At Sea“ leider etwas fehlt. Daher geht hier oft die Aufmerksamkeit verloren, was angesichts dessen, was alle Instrumentalisten und der vielgelobte Sänger wieder aus dem Hut zaubern, einfach schade ist.

Kleine Schönheitsfehler trüben also das Gesamtbild des fünften WUTHERING HEIGHTS-Albums. Insgesamt wirkten „Far From The Madding Crowd“ und „The Shadow Cabinet“ noch etwas runder als „Salt“ und brannten sich tiefer ins Gehör ein. Dennoch ist auch die aktuelle Platte ein Beispiel von Progressive Power Metal auf sehr hohem Niveau geworden und überzeugt über die weitesten Strecken. WUTHERING HEIGHTS sind nach wie vor kraftvoll, episch, bombastisch und leicht zugänglich und entfalten dennoch aufgrund vieler Details für den zweiten Blick in den komplexen Songs richtige Langzeitwirkung – eine Symbiose, die sonst nur Blind Guardian gelingt. Hoffentlich gelingt es den Skandinaviern, ihren immer noch zu bescheidenen Ruf weiter auszubauen.

Wertung: 8.5 / 10

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