Coverkunst aus dem Computer: Was ist Henne, was ist AI?

Künstliche Intelligenz (KI) ist das Thema der Stunde, vielleicht sogar unserer Generation: Es wird wenige Bereiche des Lebens geben, die die neue Technologie nicht revolutioniert, und natürlich ist auch der Bereich „Musik“ davon nicht ausgenommen. Bislang gibt es zwar keine ernstzunehmenden Ansätze, Metal mit KI zu generieren, aber in einer Welt, in der sich Text, Bild und Video über KI erzeugen lässt, ist vermutlich auch KI-Metal nicht mehr allzu weit entfernt. Vermutlich nur genau so weit, bis Gene Simmons erfährt, dass es eine Möglichkeit geben könnte, KI(SS)-Alben zu schreiben, ohne dafür mehr als einen Finger rühren zu müssen.

Ob das nun neue künstlerische Dimensionen eröffnet oder am Ende doch nur Ideenraub durch eine KI ist, die sich (natürlich) nur des eingespeisten Datensatzes bedient, bleibt eine Frage der Auslegung – aktuell scheint die Metal-Szene jedenfalls nicht sonderlich offen für KI-generierte „Kunst“ im Allgemeinen.

© Misanthropic-Art

Während man es beim Textwerk oder der Musik mitunter eventuell gar nicht mitbekommen würde, wenn sich eine Band der KI bedient, sind KI-Bilder und Videos (noch) sehr deutlich als ebensolche zu erkennen – und sorgen derzeit für Proteststürme im Internet. Cover-Künstler beschweren sich etwa bitterlich über die Wegwerfkunst aus dem Computer, die ihren Job gefährdet. Auf Facebook schreibt etwa der Künstler Misanthropic-Art: „Es ist nur der Beginn einer neuen Ära des Turbokapitalismus für Unternehmen wie Midjourney, die es geschafft haben, einer Herde fauler, unkreativer Menschen die Illusion zu geben, sich als Künstler zu fühlen und nicht einmal darüber nachzudenken, woran sie eigentlich beteiligt sind – der Untergang der Kreativität, wie wir sie kennen.“

Aber auch seitens der Fans bekommen Bands, die sich KI bedienen, derzeit noch viel Gegenwind: Die Power-Metaller UNLEASH THE ARCHERS aus Kanada mussten einen wahren Shitstorm managen, nachdem sie für ein Musikvideo KI genutzt hatten – und das, obwohl sie zumindest versucht hatten, sich mustergültig zu verhalten und die bekannten Fallstricke zu vermeiden: Die Band hatte Kunst von Bo Bradshaw – einem Künstler aus Fleisch und Blut – lizensiert, um damit die KI zu trainieren. Ganz so einfach war es dann aber doch nicht, und so musste sich die Band im Nachgang eingestehen, dass für die Videoerstellung durch KI natürlich auch anderes Trainingsmaterial als die lizensierte Kunst verwendet wurde:

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Wie viel das Resultat mit der Kunst von Bradshaw zu tun hat, darf auch in Frage gestellt werden. Der Künstler selbst jedenfalls distanziert sich auf Facebook von dem Ergebnis: „Zur Klarstellung: Meine Beteiligung an und mein Wissen über das neue Album und das Musikvideo von Unleash The Archers beschränkte sich auf drei T-Shirt-Designs, ein Vinyl-Albumcover und die Lizenzierung einer Auswahl von Arbeiten, die zum Trainieren eines generativen KI-Modells für die Produktion des Videos verwendet werden sollten. Obwohl meine Arbeit lizenziert wurde und UTA den Vertrag nicht gebrochen hat, wurde ich über bestimmte Details bezüglich des Prozesses informiert, die mir vorher nicht bekannt waren, und ich kann mich nicht länger an der Promotion für dieses Projekt beteiligen. Jegliche Fragen bezüglich der Produktion sollten an die Band gerichtet werden, da ich keine direkte Beteiligung an der Animation oder dem Earbook hatte.“

Pestilence - Levels Of Perception CoverAuch Bands wie PESTILENCE (das Cover wurde mittlerweile zurückgezogen), HOUR OF PENANCE oder SHADE EMPIRE und sahen sich unlängst einem Shitstorm ausgesetzt, weil sie für ihre Veröffentlichungen KI-generierte Artworks verwendet haben. Nun mag man trefflich über die Qualität der „AI-Art“ debattieren oder darüber philosophieren, ob es ohne einen Künstler (Mensch) überhaupt „Kunst“ geben kann. Interessanterweise geht es den Kommentarspalten und dort geführten Debatten oftmals nicht in erster Linie um die tatsächliche Qualität der Bilder, als um den „sozialen“ Aspekt: Man solle doch bitte „echte Künstler“ unterstützen, nicht einfach billige KI-Kunst verwenden.

Das klingt moralisch richtig – ist jedoch bigott, wenn man bedenkt, dass sich statistisch gesehen ein Großteil der „AI-Hater“ Wasser predigen und Wein trinken. Statt echte Künstler durch den Kauf von Musik zu supporten, nutzen sie die einfach zugängliche Billiglösung: Streamingdienste. Damit geben die Fans ihr Geld nicht nur – wie Musiker, die KI nutzen – an Großkonzerne statt an Kunstschaffende, sondern entziehen zudem der kreativen Szene Geld. Geld, das den Bands dann fehlt, um es in Coverartworks zu investieren.

Man braucht nicht darüber zu debattieren, dass es mehr Stil, mehr Aussagekraft und einen höheren künstlerischen Anspruch hat, „echte“ Kunst zur Visualisierung von Musik zu nutzen. In einer Welt, in der eine Albumproduktion um ein Vielfaches mehr Geld verschlingt als durch die Musik selbst jemals wieder eingenommen werden kann, muss jedoch die Frage erlaubt sein, ob der moralische Zeigefinger seitens der Fans wirklich angebracht ist. Oder, wie es schon Jesus (sinngemäß) formuliert haben soll: „Wer unter euch ohne Spotify ist, der werfe den ersten Stein …“

MetAI – Künstliche Intelligenz im Metal

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7 Kommentare zu “Coverkunst aus dem Computer: Was ist Henne, was ist AI?

  1. Morjen Moritz,
    ich kann deine Zerrissenheit da absolut nachvollziehen – ich wußte in den ersten Jahren auch nicht, was das soll und wie die Musiker da weiter von leben sollen – bin selbst erst vor ca. 7 Jahren auf Streaming umgestiegen.

    Ich unterhielt mich halt auch immer wieder mit Musikern und wunderte mich – die meisten waren recht happy und akzeptierten das – das Business hat sich halt völlig verändert durchs Netz.

    Geld verdienst du nur noch mit Konzerten –
    und über Merchandising (ist superwichtig geworden) und eben halt spezielle Editionen deiner Musik, die es nicht zum streamen gibt. Iron Maiden sind da mit Vorreiter in der Rundumvermarktung – da kriegst du limitierte Spezial Editionen der CD s mit zugehörigen DVD s und Fanartikeln – da werden mehrere hundert Euro für berappt.

    Primal Fear gingen diesen Weg schon in 2005 mit dem auf 1.000 Exemplaren limitierten und von Mat Sinner gesignten Book of seven seals.

    Für so Sachen, die was besonderes im Regal sind und wo die Mucke für mich auf ner 10plus Skala ist, gebe ich gerne auch noch Geld aus und stelle mir das auf die Bude.

    Heute muß man in Vorleistung treten als Musiker – ist ganz klar – dafür kommen aber auch weit mehr Leute auf die Konzerte und die Tickets sind irre teuer geworden – für Iron Maiden mit Vorgruppe Michael Schenker in der Ebert Halle in Ludwigshafen bezahlte ich 1983 auf der World Peace Tour einen Ticketpreis um 20 DM – heute undenkbar:)

    Natürlich gibt es auch Musiker, die gegen Streaming protestieren – wie Peter Maffay – wäre ich an seiner Stelle und hätte vorher so abartig viele Platten verkauft und hätte da ne sichere Bank – wäre ich auch nicht begeistert.
    Insgesamt würde ich es vernünftiger finden, die Plattformen würden etwas höhere Beiträge verlangen –
    und die Musiker etwas mehr abkriegen.

    Was ich nach wie vor kaufe – das sind BluRays von Konzerten, das kriegt man im streaming einfach nicht oder nur ausschnittweise und die datenkastrierte YouTube Plattform ertrage ich weder auf meinen Großbild TV s noch auf meinen hochwertigen Anlagen.

    Plattencover könnte ich viel zu erzählen – das war schon in den 90ern ein Thema – selbes Album vom gleichen Interpreten wurden einfach verschiedene Ausführungen vermarktet – haste so ne 9,99 DM Scheibe aus dem Angebot gepflückt war oft nur ein 4 Seiten Booklet dabei – wie bei Bon Jovi – während kaufte man regulär was ein sattes Heftchen dabei.

    Und Iron Maiden kaufte ich alles remastered nochmal, nicht wegen dem Sound, die alten Sachen waren besser und hatten einen größeren DR – nein, wegen der ausführlicheren nachträglichen Booklets Ende der 90er und ums Millenium rum.

    KI für Covergestaltung zu nutzen sehe ich keinefalls negativ – ich hab mich selber schon an verschiedenen KI Sachen als Gag probiert und war sehr angetan, was bei rumkam.
    Boah, hätte ich in den 80ern die Möglichkeiten gehabt!

    Schönes Wochenende euch allen!

  2. Hallo Moritz,
    ich kann es mittlerweile nicht mehr hören – das Gejammer der Künstler von wegen Streaming. Für mich ist das ein Segen für alle Parteien –
    ohne Streaming erreicht man nur einen minimalen Bruchteil der Kunden!

    Ich selber stoße jedes Jahr bei Amazon durch deren Vorschläge auf hunderte von Bands und Scheiben, von denen ich sonst nie was gehört oder gesehen hätte!

    Außerdem ist das alles ein Platzfrage, ich kaufte zeitlebens alles auf Schallplatte und Kasette, später auf CD und mußte alle paar Jahre die Sachen verkaufen oder verschenken – weil alles vollgestapelt.

    Als ich auf Streming umstellte flogen hier zigtausende von CD s herum –

    3 Räume im Haus vollgestapelt mit CDs und DVD s –
    einfach kein Platz mehr und das Geld muß ja auch irgendwoher kommen.

    Habe nur noch das nötigste an CD s behalten – rund 2500 – das paßt bequem in ein Zimmer.

    Und es kommen laufend neue Sachen raus –
    in den letzten 3 Jahren bei Amazon setzte ich über 4000!!! neue Scheiben in meine Liste –

    alleine das Überblättern dauert ewig.
    Das war ja bei CD Kauf noch das andere Problem – archivieren und wieder finden – weil über mehrere Räume im Haus, externe Plätze, Garage, Hütte und Auto verteilt – und vieles kaufte ich doppelt, weil ich es nicht mehr finden konnte und falsch einsortiert hatte.
    Streaming – alles auf Knopfdruck und es ist da!

    Ich höre 10 Stunden am Tag Mucke – ist mein Lebenselixier !
    Und Cover? Ist mir egal ob über KI oder gemalt oder fotografiert – wenns mich anspricht. Kacke bleibt Kacke, auch wenn man sie umrührt und was toll ist ist toll, egal wie es entstand.

    Die Booklets der letzten Jahrzehnte waren selten prall – daher – als ich mit meiner Band und Mat Sinner 2007 eine CD aufnahm engagierten wir die Kat Piolka, die uns ein Riesenbooklet mit um 30 Seiten gestaltete, so wie ich das liebe.
    Das kostet halt.
    Gibt wenige Bands, die noch gescheite Booklets machen, die der Rede wert sind – so legendäre Sachen, wie das limitierte Book of seven Seals von Primal Fear (auch von Kat Piolka gemacht)- wird man heute vergeblich suchen.

    Bei der Senjutsu von Iron Maiden war nichtmal mehr ein Bandfoto dabei! Und die Zeichnungen auch nicht mehr das, was es früher mal war.

    Die Musik ist es doch worum es geht, da mach ich mich doch wegen der Verpackung nicht mehr kirre.

    Soweit meine Gedanken.

    1. Das mag ja alles sein, nur bezahlen muss die Sause halt auch irgendjemand. Spotify ists nicht, die Konsument:innen sinds nicht … da braucht man sich am Ende halt nicht wundern, wenn Bands entweder nur noch (potenziell) kommerziell erfolgreiche Musik machen, lieber auf Tour gehen als neue Musik zu produzieren, nur noch Singles rausbringen und keine Alben und eben auch beim Layout ggf. Einsparungen machen.

    1. hehe. Es muss ja nicht immer der große Hammer geschwungen werden – gerade bei diesem Thema bin ich dafür tatsächlich auch noch zu sehr hin- und hergerissen. Ich verstehe den Groll der Künstler, aber aus Sicht des Musikers kann ichs einfach nachvollziehen, dass man Geld spart, wenn das Ergebnis passt. Zumal leider sehr sehr sehr viele Metal-Artworks aus den letzten Jahren ja auch nur noch eingekaufte Portfolio-Bilder waren, die an Belanglosigkeit kaum mehr zu überbieten waren. Ob das jetzt aus Photoshop oder ner KI kommt, ist am Ende finde ich wirklich egal. Und die Bands, denen das Gesamtpaket wichtig ist, werden wohl auch künftig auf „echte Kunst“ setzen. Das einzige, was mir wirklich gegen den Strich geht, sind die Leute, die seit Jahren keinen Cent mehr an einen Musiker gezahlt haben, aber jetzt Moralapostel spielen.

      In der Sache ist es ja ganz einfach so: KI ist da, und sie wird nicht mehr verschwinden. Ist das in jeder Hinsicht gut? Sicher nicht. Hat es in bestimmten Bereichen Vorzüge? Definitiv. Jetzt muss man halt schauen, was man draus macht …

      1. Ich bin hier ganz deiner Meinung. Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem sich die Spreu vom Weizen trennt. Ich such mir prinzipiell aus, was mich interessiert und mir gefällt. Ob die Combo KI für ihr Cover genutzt hat oder nicht, ist für mich nicht zwingend wichtig, wenn das Gesamtbild passt. Und nur weil das Cover durch einen menschlichen Künstler kreiert wurde, heißt das nicht zwingend das es geiler ist als KI Cover. KI kann hier vorallem für kleinere Bands eine Chance auf ein passendes Gesamtpaket sein, ohne bei einem Major unter Vertrag zu stehen. Am Anfang ist immer das große Jammern weil was neues kommt. Aber es kommt, unweigerlich. Also richtet man sich darauf ein, auch weil es möglicherweise Sinn macht. Und wenn ich ein Vinyl entdecke mit einem richzig geilen, vom Mensch künstlerisch geschaffenen Cover, dann erachte ich dies vllt als Juwel, dann ist es sogar was ganz besonderes was aus der Masse hervor sticht. Möglicherweise ist der kreative Umgang mit KI auch irgendwann eine eigene Kunstform…wer weiß das schon alles so genau.

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