Zum Tode von Alexi Laiho (Nachruf)

Ein Foto von Children-Of-Bodom-Frontmann Alexi Laiho

„He was always respectful, personable, quiet and unassuming, but then you’d hear him play and you realize that embodied in that delicate frame was a fiercely confident and monstrous guitar commander of the highest order.
Rock on young brother.“

Steve Vai

Erst im Oktober 2020 musste die Musikwelt mit dem Tod von Eddie Van Halen den Verlust eines ihrer größten Innovatoren beklagen. Nur zwei Monate später folgt die nächste Hiobsbotschaft: Ende Dezember verstarb Children-Of-Bodom-Frontmann Alexi Laiho unerwartet und viel zu früh im Alter von nur 41 Jahren. Mit ihm verliert die Metal-Gemeinde einen unfassbar talentierten Gitarristen und musikalischen Visionär. Er war die moderne Version des klassischen Rockstars und erweckte das ausschweifende Leben auf der Überholspur für eine neue Generation an Metal-Fans wieder zum Leben.

Um zu verstehen, was Alexi Laiho für den Metal geleistet hat, muss man sich ansehen, zu welcher Zeit er in der Öffentlichkeit auftauchte: Ende der 1990er beziehungsweise Anfang der 2000er veröffentlichten Machine Head – aus heutiger Sicht ungeliebte – Alben wie „The Burning Red“ und „Supercharger“ und mit Limp Bizkit stand das hässliche Entlein der Szene monatelang an der Spitze der Charts. Kurz: Die E-Gitarre war auf dem Rückzug, das einst stolze Lead-Instrument verbannt in die Rhythmussektion, erst vom Grunge, dann vom Nu Metal. Fans traditionsbewussterer Metal-Sounds, die es natürlich auch damals noch gab, hörten also nach wie vor die großen Alben der 1980er und die wenigen Platten, die die übriggebliebenen Bands noch auf den Markt brachten.

Alexi Laiho vom CHILDREN OF BODOM live mit Gitarre.
Alexi Laiho mit CHILDREN OF BODOM auf dem WOA 2014; © Manuel Miksche/Apesmetal.com

Dieses Vakuum sollte mit dem Auftauchen von Children Of Bodom jäh gefüllt werden: Fand ihr Debüt „Something Wild“ (1997) noch wenig Beachtung, so begann spätestens mit den zwei Jahre später erschienenen „Hatebreeder“ ihr unaufhaltsamer Siegeszug. Und obwohl hier zweifelsohne fünf talentierte Musiker am Werk waren, ist dieser Erfolg doch in erster Linie dem Feuer zu verdanken, das in ihrem Frontmann brannte. Laihos Songwriting verband mit traditionell inspirierten Riffs und neoklassischen Gitarrenläufen auf der einen Seite und extremen Vocals sowie Elementen aus dem Black und Melodic Death Metal auf der anderen Seite das Alte mit dem Neuen. Selbst ein glühender Verehrer der großen Bands der 1980er, hatte der finnische Gitarrist keine Angst davor, neue musikalische Wege zu beschreiten und schlug so – erst 1979 geboren und damit wie viele Fans zu jung, um die erste Hochphase des Metal voll erlebt zu haben – eine Brücke zwischen den Generationen.

Neben dem Gitarrensolo brachten Children Of Bodom noch eine weitere – fast – vergessene Kunst zurück: Die Live-Show. Bereits ihre dritte Veröffentlichung ist mit „Tokyo Warhearts“ eines der besten Live-Alben aller Zeiten, was zeigt, wie wichtig der Truppe ihre Live-Performance war. Angeführt von ihrem charismatischen Bandleader wurden die Shows der Finnen zu einem Paradebeispiel dafür, wie Metal live zu funktionieren hat. Rotzig wie W.A.S.P. und modern wie In Flames verbanden Alexi Laiho und seine Combo auch auf der Bühne zwei Welten miteinander und begeisterten ihr vornehmlich jüngeres Publikum für bombastische Konzerte und ausladende Instrumentaleinlagen – nirgendwo ist dies besser für die Nachwelt festgehalten als auf ihrer leider einzigen Live-DVD „Stockholm Knockout“, die die Mannschaft auf dem Zenit ihres Schaffens zeigt.

Doch als wäre das noch nicht genug, war Alexi Laiho weit mehr als ein phänomenaler Musiker: Weil der talentierte Finne so viele der Merkmale, die auch seine Fans ausmachten, in sich vereinte, wurde er – ohne es je selbst zu forcieren – zur Stilikone. Laiho vermittelte, dass es OK ist, „alte“ Bands wie Loudness oder Ratt zu hören und gleichzeitig Skateboard zu fahren – und dass man Gitarren-Nerd und doch eine verdammt coole Sau sein konnte. Viele junge Metal-Fans, die bis dato ein Nischendasein fristeten, dürften sich davon angesprochen gefühlt haben. Da ist es kein Wunder, dass dem Musiker von ESP Guitars seine eigene Reihe an Signature-Instrumenten spendiert wurde und er mit Wildchild Industries auch noch ein erfolgreiches Modelabel ins Leben rufen konnte.

Alexi Laiho vom CHILDREN OF BODOM live mit Gitarre.
Alexi Laiho mit CHILDREN OF BODOM auf dem WOA 2018; © Manuel Miksche/Apesmetal.com

Wie bei so vielen anderen kam auch für Alexi Laiho das Leben als Vollblut-Rockstar mit einem Preis: Children Of Bodom machten nie einen Hehl daraus, dass sie das wilde Tourleben voll auslebten und hielten ihre alkoholgetränkten Backstage-Eskapaden in Tour-Dokus für etliche Bonus-DVDs fest. Was für Außenstehende oft lustig ausgesehen haben mag, nahm über die Jahre jedoch zunehmend beängstigende Ausmaße an. Manch einem Fan mag angst und bange um die Zukunft Alexis geworden sein, nachdem er dessen Abstürze in der treffend „15 Years Of Wasted Youth“ betitelten Kurzbiografie (auf der Bonus-DVD zur Best-of „Holiday At Lake Bodom“) gesehen hat. Und selbst wenn der Gitarrenvirtuose seinen Alkoholkonsum in den letzten Jahren deutlich gedrosselt hat, war der Schaden, den anderthalb Jahrzehnte auf der Überholspur angerichtet haben, vielleicht nicht mehr zu reparieren.

Welch enormen Einfluss das Schaffen von Alexi Laiho auf die harte Musik und darüber hinaus hatte, zeigt sich nicht nur an den unzähligen Nachahmern wie Naildown oder Blackguard, die Children Of Bodom über die Jahre auf den Plan riefen: Neben Zeitgenossen wie Gus G. (Firewind, Ozzy Osbourne) und Kiko Loureiro (Megadeth, Angra) verabschiedeten sich auch Legenden wie Alex Skolnick (Testament) oder Jeff Waters (Annihilator) sowie der ehemalige W.A.S.P.-Gitarrist Chris Holmes, den Laiho selbst als Vorbild anführte, von dem Gitarristen aus dem Land der tausend Seen. Selbst Blues-Großmeister Joe Bonamassa und Toto-Mitbegründer Steve Lukather, der sich selbst als Fan outete, zeigten sich betroffen über den Verlust. Alexi Laiho war ein großartiger Musiker, ein phänomenaler Gitarrist und er war der Rockstar für das 21. Jahrhundert. Er ging viel zu früh, doch er hinterlässt ein einzigartiges Werk, das den Metal nachhaltig geprägt hat.

Ruhe in Frieden, Wildchild.

Redaktion Metal1.info

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3 Kommentare zu “Zum Tode von Alexi Laiho (Nachruf)

  1. Es war der Alkohol! Opfer? Ab einer gewissen Weggabelung ja, aber wenn man die Ohren aufgehalten hätte, Lehrer, Musiker, berühmte Leute, Tagesmedien usw.; 1000 Beispiele und dennoch meinen immer noch so viele, „ach, 10 Bierchen am Abend sind kein Ding“; beim Ausgehen saufen, saufen, saufen und allen anderen auf den Sack gehen, ist Party… Auch etwas an dieser Welt, das ich nicht verstehe… und kommt mir jetzt bitte nicht mit all den Jammerfiguren, die damit ihre Probleme wegspülen!

  2. Sehr traurig, das hat mich doch härter getroffen, als ich gedacht hätte. War damals Anfang der 2000er meine absolute Lieblingsband und bin über CoB zum Metal gekommen und Alexi war mein größter Held. Weiß noch, wie ich bei meinem ersten Children of Bodom Konzert in der ersten Reihe ausgeflippt bin wie der ärgste Fanboy.
    Irgendwann hat mir die Musik nicht mehr viel gegeben und die neuen Alben fand ich eher langweilig.
    Ich bin eigentlich niemand, der bis auf eine kurze Betroffenheit groß trauert, wenn mir eigentlich unbekannte Menschen sterben, aber dass Alexi so früh stirbt und damit eigentlich ein riesiger prägender Teil der Jugend weg ist, tut schon sehr weh, vorallem wenn man sich auch den Instagram-Account von Kim Goss anschaut.

    Eine Anmerkung noch: es ist zwar bekannt, dass Alexi alkoholmäßig kein Kind von Traurigkeit war. Allerdings kennt man die definitive Todesursache nicht und es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass er eine chronische Krankheit gehabt haben könnte. Ich fände es unfair ihm gegenüber, wenn er (wie in vielen Social Media Kommentaren) als Opfer seines Alkoholismus abgestempelt wird und sich das letzten Endes als unrichtig herausstellt.

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