Review King Crimson – Beat

KING CRIMSON befinden sich mit „Beat“ immer noch in der Besetzung, die sich albentechnisch als am beständigsten erweisen sollte: Erst „Discipline“, dann das hier besprochene Album und schließlich auch „Three Of A Perfect Pair“ aus dem Jahre 1984 wurden von Adrian Belew, Robert Fripp, Tony Levin und Bill Bruford eingespielt. Dass die Briten am unkonventionellsten sind, wenn die Besetzung frisch ist („Lizard“, „Lark’s Tongues In Aspic“, „The ConstruKction of Light“) ist bekannt, und so sind sie dies denn auch auf „Beat“ eben nicht.

Wie für KING CRIMSON-Alben fast schon üblich hat auch dieses zwei Seiten, wobei diesmal aber die eine recht eindeutig dominiert, denn die Mannen um Bandkönig Fripp bieten hier hauptsächlich eingängigen, wavigen Pop – mal grob gesagt.

Die Eingängigkeit ist dem Umstand geschuldet, dass der Sound der Band seit dem Einstieg Adrian Belews deutlich weniger im Magen liegt und gut abspeckt hat. Soll heißen fliegende, hohe Gitarren mit klarem Klang, coole Percussion von Bruford, Belews hohe, gedehnte Gesangslinien und das Bass / Stick-Spiel von Tony Levin, das meist einen ordentlichen Groove besorgt. Erdige Riffs oder krasse Distortion wie auf „Red“ oder „Lark’s Tongues In Aspic“ kann man hier vergessen, ebenso wie mystische Gesangslinien oder klassische Instrumente auf „Islands“ oder „In The Court Of The Crimson King“. Nein, KING CRIMSON sind auf „Beat“ mit zwei-drei Ausnahmen nachvollziehbar, im Sound einheitlich und schlüssig und auf den ersten Blick eher harmlos. Dass die Songs dennoch alles andere als simpel oder unkreativ sind, dürfte sich von selbst verstehen. Das geht los bei den umherstylenden Gitarren im Hintergrund von „Neal And Jack And Me“ (das während diverser Gitarren-Kunstschleifen auch direkt in „Frame By Frame“ von „Discipline“ übergehen könnte) und endet bei der luftigen Belew-Ballade namens „Two Hands“, die in dieser Weise eben nicht mal schnell von irgendjemand anderem stammen könnten. Dazwischen wird’s mit „Sartori in Tangier“ mal wieder orientalisch, „Waiting Man“ punktet mit spannendem Schlagzeug.

Hinzu kommt natürlich der technische Aspekt, der allerdings vorerst schlicht deswegen nicht ins Auge fällt, weil die Songs eben viel zu gut ins Ohr gehen. Dass die Virtuosen, die die Mannen eben sind, ihre Fähigkeit aber durchaus präsentieren, lässt sich eher in abwechlunsgreicher, bisweilen experimenteller Rhythmik (deren Feeling sich in den Grundsätzen am New Wave orientiert) als offensichtlichen Soli beweisen. Die Soli sind meist weder ausgedehnt, noch fällt überhaupt auf, dass es welche sind, da sie die aufgebaute Stimmung nur fördern und nicht aus dem Sound ausbrechen.

Die drei Ausreißer aus diesem Konzept, die unterstreichen, dass bei KING CRIMSON immer mit einer kranken Note gerechnet werden muss, sind „Neurotica“, „The Howler“ und „Requiem“. Ersteres geht zwar nicht ganz so auf die Psyche wie „Indiscipline“, zieht aber als quasi-Hörspiel qualitativ auf jeden Fall gleich – Belew äußert sich zu hektischer, nervöser Instrumentierung ausschweifend über seine Großstadtneurose. „The Howler“ und „Requiem“ sind wiederum eher improvisationslustig verschrobene Nummern.

Im Vergleich zu „Discipline“ ist „Beat“ sicherlich poppiger und weniger vielfältig. Etwas ähnliches wie das Groovemonster „Tela Hun Ginjeet“ oder eben das vollkommen von Wahn durchzogene „Indiscipline“ finden sich hier nicht. Dafür ist „Beat“ noch etwas zusammenhängender und in sich logischer, wenn auch mit weniger starken Einzelsongs ausgestattet. Zuletzt ist es die erste und immer noch eine der einzigen Scheiben der Band, die man einfach mal nebenbei einlegen und durchhören kann, und die auch noch überwiegend gute Stimmung verbreitet, insofern muss sich auch „Beat“ in der Reihe der großen KING CRIMSON-Alben nicht verstecken.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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