Interview mit Faidra

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Black-Metal-Bands, die versuchen, so zu klingen wie von vor dreißig Jahren, gibt es wie Sand am Meer. Nicht vielen gelingt dies jedoch auf derart überzeugende Weise wie FAIDRA auf seinem Debüt „Six Voices Inside“. Warum sich der Einzelmusiker hinter dem Projekt bedeckt hält, aus welchem Grund er in Zeiten fortschreitender Säkularisation immer noch über Tod und Teufel singt und weshalb Innovation nicht alles ist, könnt ihr im folgenden Interview nachlesen.

Du warst zuvor bereits in mehreren Bands tätig und hast mit FAIDRA ein neues Soloprojekt gegründet. Deine Identität hältst du jedoch geheim, um die Musik für sich allein sprechen zu lassen. Warum ist dir das gerade in diesem Projekt so wichtig?
Ist es gar nicht. Ich sehe nur keinen Grund, meinen Namen an die Musik zu hängen. Es ist aber keine so große Sache.

Inwiefern, denkst du, würden die Leute deine Musik anders wahrnehmen, wenn sie um deine Identität wüssten?
Für manche wäre es wohl eine Ablenkung, denke ich. Das sehen wir bei anderen Künstlern manchmal, wo eine Person und ihre Weltanschauungen zum Beispiel wichtiger werden als die Musik. In manchen Fällen hält es die Menschen sogar von Musik fern, die sie sonst gemocht hätten.

Hat dich mittlerweile bereits jemand erkannt – sei es nun an deinen Vocals oder gar an deinem Songwriting?
Ein paar Leute wissen, wer ich bin. Durch meine Art zu komponieren oder so etwas ist allerdings nichts bekannt geworden.

Ziehst du die Möglichkeit in Betracht, dich eines Tages doch zu erkennen zu geben?
Ich sehe keinen Sinn darin, aber es wäre mir auch nicht so wichtig, wenn plötzlich jeder wüsste, wer ich bin. Ich trenne mich einfach gerne von der Musik, die ich schaffe. Nur eine einfache Sache, wie z.B. dass meine persönlichen Posteingänge und sozialen Medien nicht mit Anfragen und Nachrichten überflutet werden, macht es mir einfacher, aktiv mit den Fans zu interagieren, wenn alles über die richtigen Kanäle läuft. Obwohl FAIDRA überhaupt keine bekannte Band ist, gibt es eigentlich ziemlich viele Leute, die täglich über die offiziellen Kanäle mit mir interagieren, und das macht mir Spaß.

Auf deinem Debüt „Six Voices Inside“ spielst du klassischen Black Metal im Stil der Second Wave. Wie würdest du darüber denken, wenn jemand deine Musik als zu wenig innovativ oder eigenständig kritisieren würde?
Warum muss alles einzigartig und innovativ sein? Wenn eine Band gute Songs hat und ich die Musik gerne höre, ist es mir egal, ob sie innovativ ist oder nicht. Man kann aber immer etwas Einzigartiges in jeder Band finden, denn hinter den Expressionen, dem Spiel, den Kompositionen usw. stehen einzigartige Personen. Ich verstehe auch, warum die Leute nicht immer wieder dasselbe wollen, aber gleichzeitig gibt es Leute, die ihren Black Metal auf eine bestimmte Art und Weise gern haben. Ich persönlich bin sehr wählerisch mit meinem Black Metal; ich will nicht zu viele Blast-Beats, der Gesang muss auf eine bestimmte Art und Weise sein, nicht zu orchestral usw. Wenn man Innovation will, ist das in Ordnung. Wenn man etwas Vertrautes und Ähnliches will, wie man es immer gehört hat, dann ist das auch in Ordnung. Es kommt auf persönliche Vorlieben an.

Soweit ich weiß, wolltest du mit FAIDRA ursprünglich nordischen Folk kreieren, bist dann aber auf Black Metal umgestiegen. Wie kam es dazu, dass sich die Kompositionen für dich mehr nach Black Metal angefühlt haben?
Ich habe Folk-Musik schon immer gemocht. Als ich Nordic/Viking Folk machte, wurde der ziemlich düster und atmosphärisch. Ich mochte auch schon immer Metal, also spielte ich mit verzerrten Gitarren, die ich über alte Folk-Instrumente schichtete. Während dieser Zeit fand ich das Album „Forest Sky“ von Hermodr. Ich mochte das Dröhnen, die sich wiederholende Struktur und die Atmosphäre dieses Albums und beschloss einfach, so etwas für mich zu machen.

Hast du zuvor bereits Musik dieser Stilrichtung kreiert oder hast du dich mit FAIDRA erstmals an Black Metal herangewagt?
Dies ist mein erster Versuch. Ich habe über zehn Jahre mit einer Folk-Band gespielt und getourt, und das war’s dann auch schon. Ich war schon früh in ein paar Metal-Bands, die aber nie weiter als zu ein paar Demos kamen.

„Six Voices Inside“ ist passend zur Musik auch ziemlich rau produziert. Ist es deiner Ansicht nach schwierig, einen solchen Lo-Fi-Sound heute noch authentisch klingen zu lassen?
Hinter FAIDRA gibt es keine Magie. Ich denke, der Klang ist eigentlich ein Ergebnis meiner schlechten Produktionsfähigkeiten. Ich habe eigentlich keine Ahnung, was ich tue, wenn es ums Produzieren geht. Ich habe das ganze Album in meinem Studio zu Hause aufgenommen, das eigentlich nur aus einem Computer und einigen wenigen Instrumenten besteht. Ich habe allerdings einige Zeit damit verbracht, die Songs rau, aber nicht zu rau klingen zu lassen. Ich bin nicht in der Lage, etwas wirklich hochwertig und sehr gut produziert klingen zu lassen, also muss ich sagen, dass es einfach so rauskam und mir gefiel es so.

Deine Musik wird auch mit dem Subgenre Orthodox Black Metal in Verbindung gebracht. Würdest du das so unterschreiben und falls ja, aus welchem Grund?
Ich habe eigentlich keine Ahnung, was das bedeutet. Ich habe einfach versucht, atmosphärischen Black Metal zu machen, wobei ich mich von Hermodr und einigen Stücken von Burzum inspirieren ließ. Man könnte es vielleicht als orthodox bezeichnen, weil der Sound wohl oldschool ist.

Der Titel „Six Voices Inside“ bezieht sich auf den grauenerregenden Fall der Anneliese Michel. Wie bist du darauf erstmals aufmerksam geworden?
Vor Jahren. Ich kann mich nicht genau erinnern, aber ich habe ab und zu nach Dokumentationen über den Fall gesucht und im Laufe der Jahre immer wieder darüber gelesen.

Was hat dich dazu inspiriert, „Six Voices Inside“ an ihren Fall anzulehnen?
Es war zufällig zu einer Zeit, in der ich viel über Exorzismen recherchiert habe. Der Titeltrack war der erste Song, den ich für das Album aufgenommen habe, und auch der erste Black-Metal-Song, den ich je geschrieben habe.

Das Album behandelt aber auch andere Themen, nicht wahr? Worum geht es sonst noch in den Songs?
Es gibt ein paar Titel, die von der „Dark Souls“-Spielereihe inspiriert sind, wie etwa „Tomb Of Giants“ und „The Depths“. Mir gefällt die Atmosphäre in dieser Serie sehr gut und ich fand, dass das zur Musik passt.

In einer Zeit, in der Religion für die Menschen mehr und mehr ihre Bedeutung verliert, könnte man meinen, dass Texte über Tod und Teufel ebenso redundant werden. Warum sind diese Themen dennoch nach wie vor für dich von Relevanz?
Nun, es wäre ziemlich merkwürdig, wenn Themen wie Sonnenschein und Regenbögen mit einer dunklen Atmosphäre und unheimlichen Gitarrenklängen einhergehen würden. Wenn es um die Themen auf dem Album geht, das sind einfach Dinge, die mich interessieren. Nichts wirklich Tieferes als das. Exorzismen zum Beispiel sind ein Thema, das ich sehr interessant finde, aber ich habe kein Interesse an den satanischen Standardthemen, die so oft mit Black Metal verbunden sind.

Meiner Wahrnehmung nach hat „Six Voices Inside“ für ein Underground-Black-Metal-Debüt bemerkenswert viel Aufmerksamkeit und positivsten Zuspruch bekommen. Hat dich das überrascht?
Ja, das hat es. Als ich mit den Aufnahmen begann, tat ich es zu meinem eigenen Vergnügen. Ich hatte keine Pläne für ein Album oder gar die Musik mit jemandem zu teilen. Ein paar Freunde mochten das Ergebnis, also dachte ich, ich sollte zwei bis drei Lieder auf Spotify veröffentlichen, damit sie leicht zugänglich sind. Wenn man bei Spotify dabei sein will, muss man es über ein Label oder andere Online-Dienste angehen. Ich dachte, ich versuche es mal mit einem Label und schaue, was passiert. Ich habe zwei bis drei verschiedene Labels kontaktiert und Northern Silence hat sehr schnell reagiert. Als Black Metal Promotion den ersten Track hochgeladen hat, war ich wirklich überrascht.

Für das Artwork hast du ein Bild des spanischen Malers José De Ribera verwendet. Wie bist du darauf gestoßen und warum hast du gerade dieses Bild für das Cover ausgewählt?
Das geht auf Northern Silence Productions, mein Label, zurück. Wir hatten ein paar Ideen und ich habe zunächst selbst ein Albumcover entworfen. Meine Fähigkeiten im Coverdesign sind jedoch genauso schlecht wie meine Fähigkeiten als Produzent, daher habe ich mich ohne Zweifel für das Cover entschieden, das Northern Silence stattdessen vorgeschlagen hat.

Ziehst du in Betracht, mit FAIDRA auch Konzerte zu spielen – vielleicht maskiert, um anonym zu bleiben?
Das hängt von vielen Dingen ab. Ich bin nicht mehr so sehr daran interessiert, live zu spielen, da ich das zehn Jahre lang häufig mit meiner Folk-Band gemacht habe und dann genug davon hatte. Ich bin auch eine Ein-Mann-Band und würde Session-Musiker brauchen. Allerdings würde es von der Anzahl und Art der Auftritte abhängen und davon, wie viel Mühe und Zeit es erfordern würde. Die Idee ist jedoch interessant.

Wie wird es mit FAIDRA weitergehen? Steht ein weiteres Album schon in den Startlöchern?
Ich schreibe und nehme häufig auf. Derzeit nehme ich Ideen für das nächste Album auf. Vielleicht veröffentliche ich ein paar Lieder online, um die Leute bis zum nächsten Album zu unterhalten. Die nächste Veröffentlichung könnte ein übergreifendes Thema haben und ein paar Folk-Elemente enthalten, ich bin mir noch nicht sicher. Ich möchte die Stimmung und den Kern des Debütalbums auf der nächsten Veröffentlichung beibehalten und das ist so ziemlich alles, was ich im Moment sagen kann.

Kommen wir zum Abschluss noch zu unserem traditionellen Metal1.info-Brainstorming. Was fällt dir zu den folgenden Begriffen ein?
Batushka: Krzysztof
Psychische Krankheiten: Institution
Moderner Black Metal: Eine bunte Mischung
Authentizität: Aufrichtig
Ambient: Atmosphäre
Musik-Streaming: Zweischneidiges Schwert

Dann danke nochmal für deine Antworten. Die letzten Worte würde ich gerne dir überlassen:
Nur ein großes Dankeschön an alle, die das Album gekauft, die Musik verbreitet und FAIDRA unterstützt haben. Ich freue mich darauf, euch noch mehr Musik zu bringen.

Publiziert am von

Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

2 Kommentare zu “Faidra

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