Interview mit Ola Lindgren von Grave

GRAVE sind immer noch ein Fels in der Brandung, was Old School Death Metal angeht – dafür stehen sie seit 24 Jahren. Mit „Burial Ground“ beweisen die Schweden, dass mit ihnen mehr denn je zu rechnen ist, und so nutzten wir die Gelegenheit um mit Olda Lindgren die Details zum neuen Album und zu seinen sonstigen musikalischen Tätigkeiten zu erörtern.

Hallo Ola! Danke dir für das Interview mit metal1.info!
Oh, danke dir auch. Wie geht’s denn?

Läuft. Geht es dir auch gut.
Ja.

Machst du die Interviews alle alleine oder teilst du dir die Arbeit?
Ich mache alle Phoner und Ronny macht einige der Mailer.

Gut, dann starten wir mal. Gratulation zum neuen Album erstmal, gefällt wieder wirklich gut. Ich habe allerdings gehört, dass ihr in der Entstehungszeit der Scheibe mit einigen Line-Up-Problemen zu kämpfen hattet. Kannst du dazu ein paar Worte verlieren?
Nun, wir wussten da nicht so wirklich, wie wir weitermachen sollten. Ich und Ronny haben alle Songs für das neue Album geschrieben, und die anderen Jungs schienen sich gar nicht dafür zu interessieren. Ich und Ronny haben also sehr hart gearbeitet um die Sache in den Griff zu bekommen… Ich würde sagen, heutzutage sind GRAVE nur noch ich und Ronny, während die anderen beiden eigentlich nur noch für Live-Performances dabei sind.

Bist du mit dieser Situation zufrieden oder wirst du dir auf lange Sicht neue Leute suchen wollen?
Nein, es funktioniert so auch ganz gut. Ich werde mich also nicht nach neuen Mitgliedern umsehen, solang es nicht unvermeidlich ist.

Dieses mal hast du das Album ja selbst gemixt und gemastert. Warum hast du dich dazu entschieden und inwiefern beeinflusst es deiner Meinung nach den Sound von „Burial Ground“?
Wir hatten schon sehr früh im Entstehungsprozess des Albums angedacht, alles selbst zu machen, von Anfang bis Ende. Wir wollten die totale Kontrolle über das, was wir tun, damit auch wirklich das herauskommt, was wir wollten. Und ich denke, dass dies das Ergebnis sehr stark beeinflusst hat. Der Sound ist ziemlich roh und unbearbeitet und im Prinzip genau der Sound, den wir bei den Aufnahmen schon hatten.

Kannst du einige Worte zum Album-Cover sagen? Inwiefern passt es in die Tradition von GRAVE-Artworks?
Nun, das Teil hat der selbe Kerl gemacht, der auch das „Dominion VIII“-Cover gemacht hat. Kommst aus Ungarn glaube ich. Wir wollten etwas, was an in gewisser Weise ans letzte Artwork anschließt, etwas dunkles schmutziges. Wir teilten ihm einige Songtitel mit, als wir ihn beauftragten, das zu machen, und ließen ihm ansonsten freie Hand. Er kam dann sehr schnell mit diesem Vorschlag und wir fanden wirklich nichts, was man verbessern könnte, also haben wir es gleich so übernommen. Es ist auf jeden Fall Old School, aber ich denke es sind auch eine Menge interessanter Details vorhanden.

Ihr werdet also weiter mit ihm zusammenarbeiten?
Ich denke schon, er macht ja wirklich gute Arbeit.

„Burial Ground“ ist das zweite Album für Regain Records. Wie zufrieden seid ihr mit dem Label? Und gibt es Verträge über zukünftige Alben?
Ja, da sind wir schon zufrieden. Wir kamen von Century Media, wo wir 16 oder 17 Jahre lang waren, da ist organisatorisch alles viel größer angelegt, und da hat es ein bisschen gedauert, sich an die Arbeitsweise von Regain zu gewöhnen. Es sind weniger Leute da beschäftigt, und alles dauert ein wenig länger. Man muss erstmal reinkommen.
Das war das letzte Album innerhalb des Vertrags, den wir gemacht haben, wir müssen also sehen, was die Zukunft bringt, wenn es Zeit wird, ein neues Album zu machen. Ob wir nochmal ein Angebot von ihnen bekommen, oder ob wir woanders hinmüssen.

„Sexual Mutilation“ befindet sich bereits auf einer eurer Demos von 1989. Ist das der selbe Track, nur neu bearbeitet?
Ja, es ist eine Neuaufnahme dieses alten Albumtracks, wir wollten etwas ähnliches tun wie für „Dominion VIII“, wo wir „Annihilated Gods“ vom ersten Demo neu aufgenommen haben. Ich finde, es passt auch sehr gut zu den anderen Tracks. Es ist nicht so, als gäbe es acht neue und einen alten Track, da passt schon alles gut zusammen. Hier genauso, uns hat die Idee gereizt, einen über 20 Jahre alten Song zu nehmen, der trotzdem die selbe Stimmung transportiert wie die anderen Tracks.

Sowohl „Burial Ground“ als auch „Dominion VIII“ enden mit einem sehr langen Song. War das so geplant, oder nur Zufall?
Nein, das war schon eher Absicht. Seit vielen Jahren haben alle Alben einen eher „epischen“ und experimentelleren letzten Song. So wollten wir es beibehalten, weil es sich immer gut angefühlt hat, und deshalb sind wir es auch diesmal so angegangen. Ich weiß nicht, warum es immer so läuft, dass der letzte Song immer anders und spezieller ist als der Rest, aber ich denke, so wird der Hörer immer ganz gut aus dem Album entlassen.

Habt ihr bereits ein Video fürs neue Album geplant?
Nicht wirklich. Wir haben schon darüber geredet, aber es gibt bisher noch keine konkreten Pläne.

Ihr habt ja einige Gastmusiker auf dem Album. Kannst du etwas zu den Leuten selbst sagen, was sie auf dem Album konkret machen und wie es zu diesen Kooperationen kam?
Als erstes wäre da die Zusammenarbeit mit Matti von Dismember. Im Prinzip dasselbe, was wir auf dem letzten Album auch gemacht haben, er ist auf der Scheibe selbst nicht zu hören, aber er hat geholfen, einen der Texte zu schreiben. Er schreibt in einem sehr coolen Stil, der sehr gut zu meinem passt, wodurch es für mich sehr einfach wird, mich in seine Texte hineinzudenken.Dann haben wir mit Karl Sanders von Nile geredet, mit denen wir schon zwei oder drei Touren gespielt haben, was uns zu sehr guten Freunden gemacht hat. Wir haben ihn geboten, die Leadgitarre für „Bloodtrail“ einzuspielen. Wir haben ihm den Song vor dem Mix geschickt, und ich glaube, er hat 40 oder 45 verschiedene Takes gemacht. Er hat dann einen ausgesucht und uns zurückgeschickt. Ich finde, die Stelle macht sich im Song sehr gut, obwohl es wiederum ein wenig anders klingt.

Wo wir schon über Texte sprechen: Wie wichtig sind diese für dich verglichen mit der Musik von Grave? Sind sie wichtig, um eine bestimmte Atmosphäre zu erzeugen, oder macht das die Musik sowieso alleine?
Also ich denke, dass die Musik schon immer das wichtigste bleiben wird. Aber ich sehe den Gesang als solchen als zusätzliches Instrument für mich. Es ist nicht wirklich wichtig, was ich dann singe, aber natürlich muss es auf irgendeine Weise Sinn machen, und ich versuche, Worte zu finden, die gut zum Song und in dessen Struktur passen. Für mich ist es wie gesagt nicht essenziell was ich singe, aber es kommen immer kurze Geschichten über die dunklen Seiten des Lebens heraus, oder das Nachleben oder so etwas.

Hast du folglich in diesem Rahmen des Old School Death Metal manchmal Probleme, neue Texte zu schreiben? Grave haben zwischen Tod, Schmerz, Blasphemie und Nachleben, wie du schon gesagt hast, immerhin schon eine Menge abgearbeitet.
Ja, auf jeden Fall. Es ist immer schwierig, und die letzten vier Alben hatte ich keinen einzigen Text als wir mit den Aufnahmen begonnen haben, und so lief es auch hier. Für „Burial Ground“ habe ich alle Texte in drei Tagen geschrieben und aufgenommen, ich habe die Texte also an einem Abend geschrieben und sie am nächsten Tag aufgenommen und das Ganze abgemischt, und so ging es weiter, bis ich fertig war. Aber ich brauche diesen Druck irgendwie, damit etwas dabei herauskommt, ich kann mich nicht einfach hinsetzen und irgendwas schreiben. Zumal es ja wie man sieht auch nicht wirklich notwendig ist. Es wird aber natürlich jedes mal schwieriger. Meistens ist es dann Inspiration aus einem Film, etwas aus den Nachrichten oder einem Buch, das ich gelesen habe, aus dem ich mir dann wieder etwas zusammenbastel.

Ziehst du auch Inspiration aus den Texten anderer Death Metal-Bands, bzw. achtest du auf diese?
Nicht wirklich, nein. Wenn dann vielleicht die Struktur, in der ich schreibe, aber das mache ich nun auch schon eine sehr lange Zeit. Matti schreibt ja in der selben „Schreibsprache“. Es ist ja schon so, dass man sich in Texten ganz anders ausdrückt, würde ich einen Brief schreiben, der den selben Inhalt wie einer meiner Texte hat, würde das ganz anders klingen. Aber nein, ich lasse mich da nicht von anderen Bands inspirieren.

Wie aktiv verfolgst du ansonsten die heutige Death Metal-Szene? Findest du, dass es wirklich neue Bands gibt, die was reißen können?
Ich bin da nicht so recht dahinter, mich auf dem Laufenden zu halten, aber ich weiß, dass viel passiert da draußen. Wenn wir eine Show in Schweden spielen, sind da immer viele junge Bands, die den selben Musikstil machen. Und ich weiß, dass viele Truppen dem schwedischen Death Metal nacheifern, und es ist schon ein gutes Gefühl, dazu auch etwas beigetragen zu haben. In der Szene ist viel los und das ist schon interessant, mitanzusehen.

Das erste Mal, dass ich euch gesehen habe, war letztes Jahr auf den Walpurgis Metal Days, und diese Show hat mich ziemlich weggeblasen, da habt ihr um Mitternacht herum gespielt. Das zweite Mal war dann am Summer Breeze-Festival, wo ihr in der Mittagshitze gespielt habt. Ich hatte den Eindruck, dass ihr am Tag sehr direkt auf die Fresse klingt, während die wirklich morbide Atmosphäre nur in der Dunkelheit aufkommt. Würdest du dem zustimmen und macht es für dich einen Unterschied bzgl. der Performance, zu welcher Tageszeit du eine Show spielst?
Klar ist das immer etwas anderes, ob man jetzt drinnen spielt und eine Lightshow zur Verfügung hat, oder ob man am hellichten Tag bei praller Sonne spielt. Das ist schon jeweils eine andere Stimmung, und es kommt schon immer auf die Situation an, wie wir eine Show dann spielen. Open Air ist nochmal etwas anderes, weil man normalerweise vor viel mehr Leuten spielt als drinnen. Da zieht man schon viel mehr Energie aus dem Publikum. Indoor kann es andererseits sein, dass 150 Leute reichen, um eine sehr gute Show zu machen, wenn die richtige Atmosphäre im Publikum herrscht und eine gute Kommunikation zwischen den Fans und uns besteht.

Kannst du noch einige Worte zur kommenden Tour sagen?
Bisher haben wir nur hier und da ein paar Festivals oder Einzelshows über den Sommer, wir planen für frühen Herbst eine Tour, wir arbeiten noch daran und ich kann noch nicht viel dazu sagen, aber das sollte hoffentlich diese oder nächste Woche bekanntgegeben werden. Ende des Jahres wollen wir auch nochmal raus.

Letztes Jahr hast du ein Soloprojekt namens Grey Heavens gegründet. Kannst du dazu einige Worte sagen und wie aktiv du da bist?
Ich hatte bisher nicht so viel Zeit, die ich da reinstecken konnte. Ich habe die Songs aus Material gemacht, die schon sehr lange fertig bei mir rumliegen und die ich nicht für Grave verwenden konnte, weil sie dazu einfach zu anders waren. Ich habe das also zusammengeschustert, auf die MySpace-Seite gestellt und wirklich sehr gute Reaktionen bekommen. Das treibt einen natürlich schon an, weiterzumachen, ich habe auch schon ein paar weitere Songs und Angebote, entweder die drei MySpace-Songs als Promo professionell mit gutem Layout, Artwork, Merchandise usw. zu machen, oder ein volles Album aufzunehmen. Ich werde erstmal schauen, dass ich die Promo releasen kann und dann mal sehen, was sich sonst noch einrichten lässt, dieses Jahr muss ich mich schon hauptsächlich auf Grave konzentrieren, mit dem Albumrelease und den Touren nach dem Sommer. Aber es ist cool, für Grey Heavens Aufmerksamkeit zu bekommen, die Leute scheinen es zu mögen und ich genieße es auch, mal etwas anderes zu machen.

Du bist außerdem Spazmosity Anfang des Jahres als Sänger beigetreten. Könntest du uns darlegen, wie es dazu kam und wie du es schaffst, Spazmosity und Grave unter einen Hut zu bringen?
Das sind alles gute Freunde, die ich schon ziemlich lang kenne. Ich habe ihre Promo aufgenommen, mit der sie es geschafft haben, unter Vertrag genommen zu werden. Ich habe ihr Zeug sowieso immer gemocht, und als ihr Sänger sie dann Ende letzten Jahres verlassen hat, haben sie mich gefragt, ob ich interessiert bin. Wir sind übereingekommen, dass Grave immer Priorität haben wird und dass ich am Songwriting und an den Texten gleichberechtigt beteiligt sein werde. Das ist sehr zeitraubend, aber es macht auch Spaß, auf der Bühne zu stehen, ohne sich auf die Gitarre konzentrieren zu müssen, sondern nur zu singen. Im Moment arbeiten wir an neuem Material und hoffen, nach dem Sommer etwas aufnehmen zu können.

Diese Frage wurde zwar früher schon oft gestellt, aber bei dir als Szene-Veteran ist es doch interessant, wie du das Internet siehst, da du immerhin schon lange, bevor dieses aufkam, dabei warst. Ist es schlussendlich eher Fluch oder Segen?
Da gibt es immer zwei Seiten, von welchen man das betrachten kann. Früher gab es für alles nur schriftliche Korrespondenz, wir haben immer Briefe geschrieben. Ich erinnere mich, wie und Jörgen uns jeden Sonntag getroffen haben, um Interviews zu beantworten und Demotapes zu verschicken. Die Leute haben dir Geld in einem Briefumschlag geschickt um deine Demos zu kaufen. Wir haben also den ganzen Sonntag damit verbracht, das Zeug einzutüten und es am Montag Morgen dann zum Postamt – ein Arsch voll Briefen und Päckchen. Das hat sehr viel Zeit gekostet, aber dafür hat man die Menschen damals auf eine andere Weise kennengelernt. Die Szene war auch ganz anders aufgebaut.
Beim Internet ist der Kontrapunkt natürlich die Musikpiraterie mit Filesharing usw., mit der es schwer ist, klarzukommen. Auf der anderen Seite eignet sich das Internet natürlich super, um den Namen einer Band zu verbreiten, das ist natürlich simple Promotion. Für mich ging es aber sowieso nie darum, Geld mit den Alben zu verdienen. Das wichtigste ist, dass die Leute zu den Shows kommen und hoffentlich ein Shirt oder so etwas kaufen. Und du kannst ein T-Shirt nicht ins Internet hochladen, dass sich andere dann wieder ziehen.

Zumindest noch nicht.
(lacht) Ja, zumindest noch nicht, vielleicht in der Zukunft. Nein, es geht nicht ums Geld, aber es ist natürlich traurig, dass viele Labels durch das Download-Phänomen pleite gegangen sind, und das macht es für die betroffenen Bands natürlich äußerst schwierig, sich über Wasser zu halten, da sie ja nicht alle bei neuen Labels unterkommen.

Dann wären wir durch mit den Fragen, danke dir für das Interview!
Jo, vielen Dank dir auch!

Publiziert am von Marius Mutz

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