Konzertbericht: Misery Index w/ Grave, Arsis & Support

07.11.2010 München, Feierwerk (Kranhalle)

Fünf Bands der härtesten Gangart sind es, die sich zu dieser Tour durch Europa zusammengeschlossen haben – und auch, wenn es ob eines widrigen Umstandes für mich nur drei wurden, da ich erst nach den Auftritten von THE LAST FELONY und THE ROTTED ins Münchner Feierwerk kam, kann man von einem wahren Death Metal-Brett sprechen, das mich dort erwartete. Warum das Brett zumindest meinen Kopf dennoch haarscharf verfehlte, kann im folgenden nachgelesen werden:

Als dritte Band des Abends stehen um 21:00 die Parade-Technical Death Metaller ARSIS in den Startlöchern, um ihr Talent zur Schau zu stellen. Ein kurzes Intro klingt durch die Halle, bevor das Quartett um Sänger und Gitarrist James Malone auch gleich Vollgas gibt. Mit gutem Gesamtsound bekommt hier, wer auf Gefrickel im Death Metal-Sektor abfährt, ein Exempel statuiert: Präzise, schnell und perfekt aufeinander abgestimmt zocken sich die vier Amerikaner durch ihr Set, welches alles in allem gerade einmal eine halbe Stunde dauert. Sonderlich schlimm findet das aber wohl niemand – und zwar nicht, weil ARSIS schlecht wären, sondern schlicht, weil ihr Schaffen auf Dauer, nicht zuletzt des extrem trockenen, sterilen Gitarrensounds wegen, doch nicht gerade leichte Kost ist.
Ob es daran liegt, oder an etwas anderem, ist schwer auszumachen – Fakt ist jedoch: So richtig will ihnen das Münchner Publikum heute nicht folgen. So verhallen selbst Stücke wie „Forced to Rock“, der Opener des aktuellen Albums, oder der Titeltrack des Vorgängers, „We Are The Nightmare“ ohne die von Malone mehrfach geforderten Circlepits. Per se nicht sonderlich bedauerlich, wie ich finde, dennoch natürlich etwas schade für die Band, die sich hier wirklich ins Zeug gelegt hat.

So ist es erst kurz vor 22:00, als mit GRAVE eine echte Genre-Legende und für viele wohl sogar der heimliche Headliner des Abends die Bühne der Kranhalle betritt. In dem Billing aus vornehmlich modernen, grind-lastigen Bands fast schon so etwas wie die Außenseiter, scheinen sich die Schweden dennoch pudelwohl zu fühlen: Gerade Bassist Tobias Christiansson, welcher mit seinem Nieten- und Patronengurt fast schon aus dem Rahmen der Veranstaltung fällt, hat sichtlich Spass an der Sache – und das, obwohl das Volk sich erneut vergleichsweise träge verhält: Zwar schwingen in den ersten (relativ lichten) Reihen einige ihr Haar, spätestens ab Reihe vier jedoch lässt sich bestenfalls noch wohlwollendes Kopfnicken feststellen. Zu Oldschool? Zu viel Death Metal für einen Abend, so dass bei der vierten Band bereits die Luft raus ist? Oder ist die Kranhalle, welche zwar entgegen der durch den Namen geweckten Erwartungen relativ klein ist, jedoch durch Negativfaktoren wie die monotone Bühnenbeleuchtung und ihre enorme Hallenhöhe, die jeglichen Applaus verschluckt, schlicht und ergreifend nicht die richtige Location für Metal-Gigs der härteren Gangart?
Vermutlich ist es von allem etwas… sicher ist nur, woran es nicht liegt: Am Engagement der Band.
Sicherlich, mit zwei Plastikschädeln sowie zwei 1m langen Metall-Ketten an den Mikroständern ist die „Bühnendeko“ so mager, dass man sich fragt, ob der komplette Verzicht nicht effektvoller gewesen wäre. Musikalisch jedoch kann man den Herren absolut nichts vorwerfen: Klassiker wie „In Love“, neue Hits wie „Liberation“ oder „Conquerer“ vom aktuellen Machtwerk „Burrial Ground“ und ein packendes, finales „Into The Grave“ lassen zumindest diesbezüglich wirklich keine Wünsche offen.

Nach kurzer Umbaupause ist es dann auch schon Zeit für die letzte Band des Abends, MISERY INDEX. Im Gegensatz zu den Schweden von GRAVE sind die vier Musiker aus Baltimore ja vergleichsweise oft in Europa unterwegs – der Raritätenbonus fällt insofern weg, was vielleicht auch die mit gut 100 Besuchern doch eher geringe Zuschauerzahl erklären mag: Zwar sind 20€ so gesehen für fünf Bands kein Geld, jedoch muss zumindest ich sagen, dass mir Touren mit nur drei Bands für ein bisschen weniger Geld weitaus lieber sind… denn gerade im Death, aber auch im Black Metal-Bereich setzt bei einer zu großen Bandmenge oft schon die Ermüdung ein, bevor überhaupt die Band, wegen der man gekommen ist, auf den Brettern steht. So scheint es auch dem ein oder anderen bei MISERY INDEX zu gehen: Gefördert durch die Tatsache, dass der Sound hier zumindest zu Beginn des Auftritts zum ersten Mal an diesem Abend wirklich schlecht ist, so dass man kaum mehr als Gesang und Schlagzeug hört, wirkt das Publikum ein weiteres Mal verhältnismäßig lethargisch – bedenkt man immerhin, dass man es hier nicht mit Black Metal zu tun hat, bei dem bekanntermaßen mit verschränkten Armen herumstehen als Zeichen extatischer Begeisterung gewertet werden kann, sondern mit aggressivem, grindcore-lastigem Death-Metal, kommt man doch etwas ins Grübeln…

Insgesamt war der Abend ein wenig ernüchternd: Denn auch, wenn ich die ersten beiden Bands nicht sehen konnte, lässt die Publikumsreaktion auf die folgenden drei Bands, die ihre Sache wirklich nicht schlecht gemacht haben, schließen, dass die Hütte auch bei ersteren nicht gebrannt hat.
So richtig haben Bands und Publikum heute also nicht zusammengefunden… nicht zuletzt vielleicht, weil die Kranhalle aus oben erwähnten Gründen nicht als optimale Location angesehen werden kann: Postrock in modernem Ambiente, meinetwegen. Aber Death Metal gehört auf eine versiffte Kellerbühne und nicht in eine sterile Halle, die sämtliche Atmosphäre schluckt. Doch wenn der Applaus noch mit dem Song verhallt, ist es auch nicht allein die Halle, der man die Schuld in die Schuhe schieben kann – vielmehr muss sich das Publikum in diesem Punkt selbst an die Nase fassen.
Irgendwie schade, aber auch diesen Aspekt sollte man nicht überbewerten – denn schlecht war der Abend ja nun wirklich nicht.

Die Tour macht in den kommenden Wochen noch in folgenden Locations halt:

Publiziert am von

Fotos von: Moritz Grütz

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