Interview mit Paul Speckmann von Master

Auch wenn die Oldschool-Deather MASTER es nie in den Metal-Olymp geschafft haben – legendär sind sie allemal, war die Musik von MASTERmind Paul Speckmann doch für so manches spätere Szene-Schwergewicht ein prägender Einfluss.Mit „The Human Machine“ will es Death Metal-Koryphäe Speckmann noch einmal wissen – und verrät uns im Interview, was ihm mehr bedeutet als kommerzieller Erfolg…

English original…

Hi Paul!
Zunächsteinmal Gratulation zu eurem neuen MASTERpiece, haha! Nein, im Ernst: Ich find’s wirklich mer als gelungen…
Wie geht es dir?

Danke für die netten Worte, mein Freund… ich mag es auch sehr. Die Jungs und ich haben unsere Herzen in das Album gesteckt, wie wir es immer tun. Hoffentlich kauft das Publikum das Album diesmal und unterstützt so den wahren Underground.
Momentan läuft es zimlich cool, wir touren gerade durch Österreich auf unserer 27-Städte-Tour, die uns durch Europa führt… und das direkt im Anschluss an die 20 Gig-Tour durch Brasilien, die wir kürzlich gemacht haben. In den letzten Jahren arbeite ich mehr als ich das je getan habe, aber es ist eine echte Erleichterung, zu sehen, dass die Leute den Underground unterstürzen.

Du bist schon viele Jahre im Business… interessiert dich überhaupt noch, was die Presse über ein neues MASTER-Album schreibt?
Eigentlich ist es so: Wenn die Presse das Album mag, scheinen die Leute das zu übersehen… und wenn die Presse das Album hasst, nehmen sie genausowenig Notiz davon. Das kaufkräftige Publikum scheint lieber CDs von all den Bands zu kaufen, die in ihren Anfangstagen MASTER kopiert haben. Manchmal geht ein echtes Original in der Menge unter, aber mich hält das nicht auf, es ein ums andere Mal zu versuchen. Die Geschichte wiederholt sich oft wieder und wieder… diese Musik ist mein Leben, insofern kann ich auch garnicht wirklich etwas anderes machen.

Wie sind die Presse-Reaktionen denn bislang so ausgefallen?
Die sind bislang überall auf der Welt großartig, aber manchmal bin ich darüber garnicht so glücklich, weil sich das, wie gesagt, nicht immer positiv auf die Verkaufszahlen auswirkt.

Könntest du uns ein Wenig über die Entstehung des Albums erzählen? Hast du die gesamte Musik alleine geschrieben, oder wie viel Einfluss hatten die anderen MASTER-Musiker?
Die Entstehung des Albums begann vor zwei Jahren in meinem Schlafzimmer, als ich angefangen habe, neue Gitarren-Riffs für die nächste CD zu schreiben. Dann bin ich in mein Haus in einer kleineren Stadt umgezigen und habe viele Nachmittage damit verbracht, an neuen Riffs zu arbeiten. Schließlich, vor drei Monaten, habe ich mit dem Arrangieren der Riffs angefangen. Alex Nejezchleba [Gitarre, A.d.R.] hat mir dann erzählt, er hätte auch ein paar Songs geschrieben, also hat er mir zu dieser Zeit drei Songs vorgestellt.
Wir haben uns dann, wie immer, mit Zdenek Pradlovsky [Schlagzeug, A.d.R.] getroffen, um sechs Tage zu proben. Danach musste ich zwei Wochen weg, um auf der Six Feed Under / Illdisposed-Tour Merchandise zu verkaufen. Als ich zurückkam, haben wir noch zweimal kurz geprobt und dann habe ich mit dem Aufnehmen angefangen. Wir haben das Album dann, wie gewohnt, in einer Woche aufgenommen. We did the album in a week’s time as usual. Keine Schonung den Gottlosen, wie ich immer sage…
Bezüglich der Lyrics: Die schreibe immer ich, aberAlex hat diesmal wirklich ein paar killer Tracks begesteuert. Seine Stücke sind immer ein bisschen anders als meine und das gibt dem Chili seine Würze.

Ein Markenzeichen, wenn man so will, sind ja die sozialkritischen Aspekte in den Lyrics von MASTER. Würdest du MASTER als politisch motivierte Band beschreiben?
Ich hasse Politiker aus ausnahmslos allen Ländern. Die Regierungen dieser sogenannten organisierten Gesellschften sollten gestürzt und die Macht dem Volk zurückgegeben werden. Die Polizei beherrscht die Staaten und Städte der Welt, und das ist eine Farce. Die heutige Jugend sollte sich organisieren und diese Machtbesessenen sollten gestürzt werden. Es geht doch nicht darum, was du für dein Land tun kannst, sondern was dein Land dir geben kann!

In diesem Kontext muss wohl auch der Albumtitel gesehen werden… könntest du uns etwas über den Titel und seine Bedeutung erzählen? Wer oder was ist „die menschliche Maschine?
Wir alle sind menschliche Maschinen, die für die großen Regierungen arbeiten, während diese immer stärker und korrupter werdene. „Big Brother“ ist eine echte Instanz, die jeden Teil des Universums übernimmt… bald werden wir elektronische Armbänder tragen, damit sie jede einzelne Bewegung nachvollziehen können. Orwells Buch, 1984, wird leider die neue Realität.

Ich nehme an, diese Sicht der Dinge spiegelt sich auch in den Texten wieder? Wovon handeln diese diesmal? Betrachtet man das Coverartwork, könnte man vermuten, dass Polizeigewalt ein Thema ist?
Absolute Überwachung durch die Polizei ist doch in Brasilien oder den USA schon Realität… aber in Brasilien ist es schlimmer: Fast alle 50 Kilometer gibt es Polizei-Checkpoints, und teilweise sind sie wirklich aggressiv. Das hat uns das Leben bisweilen nicht leichter gemacht, als wir 15.000 Kilometer durch Brasilien getourt sind. Die Shows waren großartig, aber die Polizei-Überwachung war schlimm und zimlich gefährlich für uns, wie auch für andere Reisende in Brasilien.

Für das Cover konntet ihr diesmal mit Eliran Kantor einen zimlich bekannten Künstler gewinnen… was sich ausgezahlt hat, wie ich finde: Definitiv MASTERs bislang bestes Artwork! Die älteren Artworks vermitteln bisweilen den Eindruck, dass der optische Aspekt bei MASTER nie eine große Rolle gespielt hat. Was hat dich dazu gebracht, das zu überdenken und diesen Künstler mit der Aufgabe zu betreuen?
Um ehrlich zusein hat mich Eliran Cantor persönlich kontaktiert und wegen eines Covers gefragt. Natürlich habe ich ihm das Thema in allen Details beschrieben, ein paar Absätze halt, und dann hat er angefangen, dieses Meisterwerk für mich zu erschaffen.

Welche Richtlinien hat er von dir bekommen? Nur die Songtitel, oder konkrete Anweisungen, wie das Artwork aussehen soll?
Ich hatte Angst, dass das Cover zu sehr im Cartoon-Style ausfallen würde, aber am Ende geht das, was das Cover ausdrückt, genau in die gleiche Richtung wie die Musik, genau, wie ich es ihm beschrieben hatte.

Du tourst dir ja, wie vorher schon angesprochen, mit MASTER auf gut deutsch gesagt den Arsch ab… hast du da eigentlich genug Zeit für ein „Privatleben“ abseits von MASTER, oder bist du Vollzeitmusiker? Lebst du, wenn man fragen darf, von dem, was du mit MASTER tust?
Ja, ich lebe von dem, was ich da tue, aber ich nebenbei reise ich immernoch herum und verkaufe auf Touren von Bands wie Vital Remains, Ill Disposed oder Six Feet Under jeden Tag Merchandise, um mein Einkommen aufzustocken. Aber das hält mich im Rampenlicht und in Kontakt mit den echten Fans, die MASTER supportet haben und auch in Zukunft werden. Ich habe jetzt die letzten acht Jahre für eine Firma namens Kraft Evention gearbeitet, welche MASTER-Touren und natürlich auch andere buchen, was mich zimlich auslastet. Six Feet Under haben schon einige Touren über diese Agentur gespielt und wir haben noch einige weitere in nicht all zu ferner Zukunft geplant.

MASTER werden ja oft genannte, wenn große Bands wie Napalm Death, Pestilence oder Carcass nach ihren Einflüssen gefragt werden… was ist deine persönliche Erklärung dafür, dass diese Bands, die du ja ganz offensichtlich beeinflusst hast, so groß geworden sind, dass sie Festivals headlinen, während MASTER auch heute noch mehr oder weniger eine Underground-Band sind, die durch Europas Jugendzentren tourt?
Der berühmte richtige Ort zur richtigen Zeit. Sie waren nicht so arrogant, als sie jünger waren. Ich habe viele Fehler gemacht, und ich bedauere das sehr, aber ich bin immernoch der „Underground-Survivor“, und das ist auch geil. Zumindest kann ich abends ins Bett gehen mit dem guten Gewissen, dass ich für mich selbst ehrliche Musik mache. Viele der Szene-Schwergewichte würden lieber vergessen, dass sie den Namen MASTER schon einmal gehört haben, aber die Wahrheit schmerzt eben manchmal…
Wenn es mir nur ums Geld gehen würde, hätte ich bereits vor Jahren aufgehört. Aber beispielsweise all diese Reunions drehen sich um nichts anderes als Geld. Ich hingegen bin nie abgetreten.

Bedauerst du die Tatsache, dass du mit MASTER nie diese Aufmerksamkeit bekommen hast?
Warum sollte ich? Ich bedauere nichts – auch wenn es lange Jahre gedauert hat, zu dieser Lebenseinstellung zu kommen. Aber lebe und lerne, mein Freund.

Wo siehst du die Gründe oder die Schuld für diesen Verlauf deiner Karriere?
Viele Fehler, meine Persönlichkeit und nicht zuletzt am Anfang ein schlechtes Management. Nuclear Blast war am Anfang auch ein großes Problem: Sie veröffentlichten zu viele CDs in zu kurzer Zeit um mit dem Geld dann ein richtiges Imperium aufzubauen. Toll für sie, aber eine Tragödie für MASTER.

Ein anderer Grund könnte sein, dass MASTER viele Lineup- und nicht zuletzt auch Heimatwechsel durchgemacht hat… beispielsweise dein Umzug aus den USA nach Tschechien. Warum hast du dich für dieses Land entschieden, und glaubst du, dass das die Aufstiegschancen von MASTER negativ beeinflusst hat?
Absolut nicht! Die Band MASTER tourt durch Europa und spielt Festivals, weit ich in die tschechische Republik gezogen bin. In den USA war die Band tot. Wir hatten in den USA nie irgendwelche Unterstützung. Aber als ich in den letzten beiden Jahren zweimal dorthin zurückgekehrt bin, war da eine enorme Fanschar mit großem Respekt gegenüber MASTER. Das ist auch der Grund, warum ich im Herbst wieder dorthin zurückkehren werde. Aber ich musste Amerika mit seinen Nachahmern verlassen, um Respekt zu erlangen.

War es nicht extrem ermüdend, ständig Musiker suchen zu müssen? Was hat dich über all die Jahre bei der Stande gehalten?
Nein… es gibt immer professionelle Musiker, die nur darauf warten, mit mir spielen zu können. Es gibt viele Leute, die es cool finden, MASTER-Songs zu spielen. Im Moment habe ich drei Schlagzeuger, die mit MASTER zusammenarbeiten und alle drei sind sie Profis. Die Sache ist einfach, dass der Haupt-Schlagzeuger zimlich damit beschäftigt ist, noch in anderen Bands zu spielen und seinen Lifestyle zu pflegen. Alex Bouks von Incantion und Goreaphobia spielt in den USA mit mir Gitarre und in Europa haben wir ein stabiles Lineup.

Das grade angesprochene stabile Lineup gibt es ja nun schon einige Jahre. Ist das jetzt das „echte“ Lineup? Ist MASTER jetzt im wahrsten Sinne des Wortes eine „richtige“ Band oder auch heute noch mehr oder minder ein One-(Speck)man-Project?
Natürlich ist das ein echtes Lineup, aber wie gesagt: Wir sind alle sehr vielbeschäftigte Individuen und so springen halt ab und an andere Leute für mich ein. Ich wünschte mir, es könnte anders laufen, aber Pradlovsky und ich hatten vor ein paar Jahren große Probleme mit Bands wie Gorefest Touren eine Woche, bevor sie starten sollten, abzusagen, und jetzt ist er zimlich beschäftigt, so dass ich um seinen Zeitplan herumarbeiten muss.

Und was dürfen wir in der nähren Zukunft von MASTER erwarten? Eine weitere Tour, dürfte man annehmen?
Ich bin in diesem Augenblick schon auf Tour, mein Freund!

Ok, das war meine letzte Frage… willst du den Lesern noch etwas mitgeben?
Ja… geht los und kauft „The Human Machine“. Das Album ist ein ehrliches Album, das sich mit den Problemen, mit denen wir jeden Tag zu kämpfen haben, befasst. Oder lasst es bleiben, kauft euch eine satanistische CD und leckt mich am Arsch. Die Wahrheit schmerzt und wie das Rockhard einmal zu mir sagte: Die Leute wollen die Wahrheit nicht wissen, sie werden lieber angelogen und bevorzugen eine Fantasiewelt.

Lass uns das Interview mit dem traditionellen Metal1.info-Brainstorming beenden:
Deutschland:
Das großartigste Land der Welt. Zudem das Land, aus dem mein großartiger Großvater stammt. Er zog nach Chicago und gründete 1898 eine deutsche Bäckerei namens Speckmans.
Bacon: Speckmann
Politik: Hasse alle Politier, Korruption, Habgier
Metal1.info: Seit Jahren eine der informativsten Seiten
Deathmetal in zehn Jahren: Tritt immernoch Arsch!
MASTER in zehn Jahren: Selbstverständlich immernoch am touren und Songs schreiben!

Paul, dank dir für deine Zeit und die interessanten Antworten!

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert