Interview mit Arkadius und Kris von Realms Of Odoric

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Seit 2013 arbeiten der Komponist Arkadius Antonik, den man ansonsten von den Melo-Deathern Suidakra kennt, und der Graphikkünstler Kris Verwimp, dessen Werke bereits viele Metal-Alben geziert haben, zusammen, um die REALMS OF ODORIC musikalische Wirklichkeit werden zu lassen. Wir haben uns ihren mittlerweile zweiten Soundtrack „Second Age“ zum Anlass genommen, um die beiden unter anderem zu fragen, warum sie keine Vocals einsetzen, wie die Zusammenarbeit mit zwei Orchestern und einigen Gastmusikern zustande kam und welcher der bis heute unangefochten beste Comic ist.

2014 habt ihr euer selbstbetiteltes Debüt veröffentlicht, Ende 2016 der Nachfolger „Second Age“. Die Idee hinter REALMS OF ODORIC basiert auf dem 1996 von dir, Kris, kreierten Comic „The Wall Of Doom“. Warum habt ihr den Stoff erst so viel später musikalisch verarbeitet?
K: Während ich „The Wall Of Doom“ zeichnete, hörte ich zur Inspiration hauptsächlich Film-Soundtracks. Das hatte großen Einfluss auf mich und irgendwann fing ich an, von einem eigenen Soundtrack für Odoric zu träumen. Zu dieser Zeit fing ich an, viele CD-Cover zu kreieren und einige lokale Metal-Bands zeigten Interesse, mir bei diesem Projekt zu helfen. Es wurden sogar schon ein paar Songs komponiert, allerdings lösten sich all diese Bands leider auf, bevor etwas veröffentlicht werden konnte. Nach mehr als zehn Jahren wurde mir klar, dass dieser Traum nie Realität werden würde, und ich hörte auf, daran zu arbeiten. Ich hatte Odoric schon fast ganz aufgegeben, da schickte mir Arkadius einige seiner klassischen Kompositionen. Ich war absolut begeistert und inspiriert von seinen Tracks. Nachdem ich schon über eine Dekade lang mit Suidakra zusammengearbeitet hatte, erkannte ich, dass das die ideale Gelegenheit war, das Odoric-Soundtrack-Projekt wieder aufleben zu lassen. Ich präsentierte Arkadius meine Ideen und zu meiner Überraschung war er sehr enthusiastisch. Und so wurden REALMS OF ODORIC geboren…

Warum war es euch wichtig, die Geschichte in Form von Musik und dazugehörigen Artworks umzusetzen?
K: Weil „The Wall Of Doom“ lediglich eine Einleitung zu Odoric war. Über die Jahre hatte ich zusammen mit dem Schriftsteller Filip Keunen eine ganze Saga geschaffen. Durch REALMS OF ODORIC war es mir möglich, all diese unzähligen Geschichten zu erzählen. Nicht als Comicbuch, sondern in Form von Illustrationen der Schlüsselszenen, so wie Konzeptkunst zu einem Film. Deshalb ist der Soundtrack so wichtig. Wenn man es richtig macht, wird die Kunst so lebendig. Das kommt einem echten Film am nächsten.

Was waren die musikalischen Vorbilder für REALMS OF ODORIC?
A: Es gibt viele Komponisten, die mir als Inspiration dienten. Waren es früher nur wenige Komponisten wie Hans Zimmer und Brian Tyler, so habe ich mich bei „Second Age“ von zahlreichen Komponisten wie John Barry, Alan Silvestri, aber auch vielen klassischen Komponisten wie Gustav Mahler, Anton Bruckner oder Tschaikowsky inspirieren lassen.

Warum verzichtet ihr auf Gesang?
K: Weil es ursprünglich unsere Idee war, eine musikalische Landschaft zu erschaffen, die man während des Lesens des Buchs genießen kann. Wenn man einen Sänger und Texte hinzufügt, werden die Songs automatisch ein bisschen aufdringlich. Durch Gesang werden Songs außerdem definierter und persönlicher. Wir wollten aber, dass man unsere Musik auch außerhalb des Odoric-Konzepts genießen kann. Also während man irgendein anderes Buch liest oder was auch immer tut…

Auf „Second Age“ knüpft ihr direkt an die Story des Debüts an, es scheint aber auch jetzt das letzte Wort noch nicht gesprochen zu sein. Habt ihr schon eine Idee, wohin die Reise gehen soll bzw. wie viele Alben noch folgen werden?
K: Ja, natürlich! Immerhin will ja eine ganze Saga erzählt werden. Nach mehr als 20 Jahren Arbeit ist die Welt von Odoric ein sehr reichhaltiger Ort geworden. Also auch wenn wir die Haupttrilogie beendet haben werden, gäbe es noch genug Material für ein paar weitere Alben.

2016 hat Arkadius mit seiner Melo-Death-Band Suidakra ebenfalls ein Album namens „Realms Of Odoric“ veröffentlicht, das die Thematik aufgreift. Wurde die Geschichte auch darauf weitergeführt und warum wurde das Material nicht stattdessen direkt für REALMS OF ODORIC verwendet?
K: Es war keine Fortsetzung, sondern eine Nacherzählung derselben Geschichte aus der Sicht der Charaktere. Während der Fokus bei dem Soundtrack-Album auf den Hauptereignissen lag, war das Suidakra-Album dazu gedacht, die persönlichen Geschichten zu beleuchten. Es schien die perfekte Möglichkeit zu sein, dem Hörer die Emotionen der einzelnen Charaktere näherzubringen, ihre Hoffnungen, ihre Träume, ihre Ängste, etc… Beide Alben ergänzen einander, sie erzählen dieselbe Geschichte auf unterschiedliche Weise.

Wo siehst du die größten Unterschiede zwischen dem Debüt und „Second Age“ (abgesehen von den Gastbeiträgen)?
A: Der größte Unterschied ist aus meiner Sicht die Tatsache, dass wir beim Debüt noch keinen richtigen Weg hatten. Wir haben einfach drauf losgelegt und hatten keine Ahnung, ob wir es überhaupt veröffentlichen können. Zur dieser Zeit habe ich die Stücke eher intuitiv komponiert. Bei „Second Age“ habe ich parallel zur Entstehung des Albums „Soundtrack Komposition“ studiert und das hat mich auf ein völlig neues Level gebracht, weil ich mein erlerntes Wissen sofort in den Songs einsetzen konnte. Für mich war die Arbeit an diesem Album noch inspirierender und intensiver. Genauso erging es mir mit Kris‘ Illustrationen. Ich bin hin und weg, welch eine Entwicklung er durchgemacht hat im Vergleich zum ersten Album!

Ihr habt für euer aktuelles Album zahlreiche Gastmusiker aus aller Welt engagiert, die auf mehreren Tracks zu hören sind. Wie kamt ihr mit ihnen allen in Kontakt?
A: Es waren teilweise große Zufälle. Einige Gastmusiker kannte ich bereits von zahlreichen Touren, die ich mit Suidakra gespielt habe, aber die meisten davon habe ich erst zu den Aufnahmen des Albums kennen gelernt. Oft bin ich mit ihnen durch Mundpropaganda bzw. durch Weiterempfehlung meiner Freunde in Kontakt gekommen. Bin super froh und dankbar, mit ihnen arbeiten zu dürfen und freue mich, sie alle in Zukunft weiterhin mit an Bord zu haben.

Zwei Kompositionen stammen diesmal sogar von richtigen Orchestern: „Odoric Overture“ vom Brandenburgischen Staatsorchester und „The Last Embrace“ vom Budapest Scoring Symphonic Orchestra. Warum wurden die Tracks mit verschiedenen Orchestern aufgenommen?
A: Der Grund ist simpel. Ich habe zunächst „Odoric Overture“ für das Orchester geschrieben und die Aufnahmen selbst finanziert. Zur dieser Zeit arbeitete die Firma, die diese Session-Aufnahmen anbietet, mit dem Brandenburgischen Staatorchester. Als wir zusammen mit MDD den Plan und die Finanzierung der zweiten Session fertig hatten, waren die Aufnahmen in Budapest mit dem Scoring Orchestra. Es lag wirklich nur am Timing…

Warum habt ihr nicht gleich das ganze Album mit Orchester aufgenommen? Wäre das finanziell untragbar gewesen?
A: Du hast es richtig erfasst. Es ist schon ein Wunder gewesen, dass wir überhaupt zwei Stücke mit einem Symphonie-Orchester aufnehmen konnten. Mehr war von unserer Seite her finanziell nicht möglich.

Würdest du in Zukunft gerne ein ganzes Album mit Orchester aufnehmen?
A: Das wäre natürlich ein Traum, aber ganz ehrlich, da ich jetzt weiß, wie teuer es ist, mit einem Orchester zu arbeiten, denke ich, dass es ein Traum bleiben wird. Aber das ist nicht schlimm, solange wir auch in Zukunft einzelne Aufnahmen mit einem richtigen Orchester verwirklichen können.

Wie bereits erwähnt sind die fantastischen Artworks bei REALMS OF ODORIC genau so wichtig wie die Musik. Von welchen Werken im Fantasy- und Sci-Fi-Bereich bist du, Kris, am meisten beeinflusst?
K: Die größte Inspiration war für mich zweifellos der Film „Conan, der Barbar“ von John Milius. Der ist immer noch unübertroffen. Aber natürlich gibt es zu viele andere Einflüsse, um sie alle aufzuzählen. Ich bin ein passionierter Filmesammler. Ich liebe immer noch viele Filme aus den 80ern wie Dune, Highlander, Predator, etc… Aber ich sammle auch Artbooks und Comics. Viel Inspiration finde ich aber auch in der Musik…

Das Artbook ist diesmal viel umfangreicher als noch beim Debüt. Wie kam es dazu?
K: Das haben wir größtenteils Markus von MDD Records zu verdanken, der auf die Idee kam, ein erweitertes Artbook zu machen, als wir ihm einige der neuen Illustrationen schickten. Natürlich hatten wir dadurch die Möglichkeit, die Geschichte von „Second Age“ noch viel detaillierter zu erzählen und mehr von der Welt von Odoric zu zeigen. Anfangs sollte es nur ein A5-Booklet sein, aber schließlich wurde es ein A4-Hardcover-Buch. Ich bin immer noch extrem dankbar, dass Markus so sehr an uns geglaubt hat, dass er das Album auf so eine großartige Weise veröffentlicht hat!

Was hieltet ihr davon, die Geschichten über Odoric eines Tages als Film umzusetzen?
K: Natürlich fänden wir das toll, ein Film wäre der ultimative Traum! Immerhin fing die Odoric-Saga ja auch als Film an, der allerdings nur in meinem Kopf existierte. Allerdings befürchte ich, dass es niemals dazu kommen wird. Es würde bestimmt für alle Ewigkeit in der Entwicklungshölle landen. Das Nächstbeste wäre wohl eine Art Motion-Comic oder sowas. Aber an diesem Punkt ist das wirklich nur Wunschdenken.

Was sind eure nächsten Pläne für die Zukunft von REALMS OF ODORIC?
K: Ein Mini-Album namens „The Cimbric Age“ ist gerade im Entstehen. Es ist eine Art Vorspiel zum „Third Age“-Album und außerdem die Basis für die nächste Suidakra-Platte „Cimbric Yarns“, welches diesmal ein Akustik-Album wird.

Wir nähern uns langsam dem Ende dieses Interviews. Zuletzt möchte ich euch noch bitten, bei unserem traditionellen Metal1.info-Brainstorming mitzumachen. Was fällt euch zu den folgenden Begriffen ein:
Bester Fantasy-/Sci-Fi-Film 2016: K: „Arrival“ als Sci-Fi und „Rogue One: A Star Wars Story“ als Fantasy.
Odoric: K: Ich bin immer noch ganz begeistert davon, dass ich Odorics Saga dank Arkadius und MDD Records endlich auf so tolle Weise erzählen kann!
Lieblingscomic: K: Immer noch Roy Thomas’ „Conan“-Comic-Adaptionen von Robert E. Howards, gezeichnet von John Buscema.
Dungeons and Dragons: K: Das beeindruckende Artwork von Keith Parkinson und Larry Elmore.
Metal: K: Inspiration
Filmmusik: K: „Conan, der Barbar“ von Basil Poledouris ist für mich immer noch der ultimative Film-Soundtrack.

Wunderbar, danke nochmal, dass wir mit euch dieses Interview führen durften. Möchtet ihr unseren Lesern noch etwas mitteilen?
A: Danke allen, die REALMS OF ODORIC in irgendeiner Art unterstützen! Diesen Dezember erscheint das Nachfolge-Mini-Album namens „The Cimbric Age“… Checkt es aus!

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