Interview mit Nathan Sadd von Shrapnel

Junge Thrash-Bands gibt es dieser Tage viele – doch nur wenige davon können ein so professionelles und packendes Debüt vorweisen wie SHRAPNEL. Lead-Gitarrist Nathan Sadd über die Album-Produktion mit Russ Russel, die Einflüsse des deutschen Thrash und das Revival der Thrash-Kultur.

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Gratulation zu eurem gelungenen Debüt, „The Virus Conspires“! Wenn man das Album so hört, glaubt man fast gar nicht, dass es euer erstes Album ist. Habt ihr vorher schon Erfahrungen bei anderen Bands gesammelt?
Erst einmal vielen Dank! Wir sind auch sehr glücklich damit, wie alles geworden ist. Grade im Vergleich zu der EP, die wir davor gemacht haben, ist das Album ein großer Schritt nach vorne – und das Feedback war auch toll bisher.
Zu deiner Frage: Wir haben vorher schon in anderen Bands gespielt, ja. Simon war mit seinem Bruder ein paar Jahre in einer Band namens Serillian und Chris hat in High-School-Bands gespielt. Jae und ich waren die letzten zehn Jahre über immer mal wieder in lokalen Bands aktiv, insofern kannten wir uns von gemeinsamen Konzerten. Unser neuer Bassist Darryl ist eigentlich ein ziemlich guter Shredder und hat vorher bei Elimination Gitarre gespielt. Wir hatten also alle schon etwas Erfahrung, ja.

Trotzdem bleibt die Frage: Wie schafft eine junge Band es, so professionell zu klingen?
Ich freue mich, dass du das so siehst. Ich denke, dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Zunächst haben wir schon seit unserer Teenager-Zeit mit verschiedenen Bands EPs und Demos aufgenommen. Dadurch macht man seine Erfahrungen.
Bei SHRAPNEL hatten wir nach unserer ersten EP ein festes Ziel vor Augen. Was sowas angeht, kann ich dann schon zum Perfektionisten werden – wenn eine Aufnahme fertiggestellt ist, muss die nächste natürlich besser werden.
Der Hauptgrund dafür, dass das Album so professionell klingt, ist hinsichtlich der Produktion aber natürlich Russ Russel. Er hat schon unsere zweite EP „The Devastation To Come“ bearbeitet und ihr den geilen Sound verschafft.

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Wie seid ihr an ihn als Produzenten gekommen?
Das hat sich alles nach unserer ersten EP ergeben. Wir haben diskutiert, wie wir einen Schritt weiter kommen könnten, und dann fiel irgendwann sein Name. Chris hat ihn dann kontaktiert und ihm verdeutlicht, wie viel uns eine Zusammenarbeit bedeuten würde, und er hat uns dann unsere zweite EP in seinen Parlour Studios produzieren lassen. Das war eine so großartige Erfahrung, dss wir direkt entschieden habne, dass er auch unser Mann für das Album-Debüt würde. Mein alter Bassist Adam und ich sind extreme Napalm-Death-Fans, und wir mögen auch Evile und all die anderen Bands, die Russ aufgenommen hat, sehr – insofern war es für uns wirklich ein Erlebnis, mit ihm zu arbeiten – und mit dem Resutat könnten wir nicht zufriedener sein!
Dass wir die Gelegenheit bekommen haben, mit ihm zu arbeiten, hat uns auch überrascht. Er hat uns eine Menge darüber erzählt, was es bedeutet, auf Aufnahmen in einem solchen Studio vorbereitet zu sein, und wir haben uns entsprechend auf die Vorbereitungen für das Album konzentriert. Im Studio ist Russ eine Maschine – und er muss seinen Job wirklich lieben. Er hat so viel Zeit und Mühen in das Album gesteckt, um es zu dem zu machen, was es jetzt ist.

Die Songs klingen so nach klassischem Thrash Metal, in der Tradition von Bands wie Destruction, Sodom und Exodus. Sind das Bands, die ihr als Vorbilder bezeichnen würdet, oder welche Bands würdest du als Einflüsse nennen?
Das ist wirklich ein großes Kompliment, danke – das sind wirklich Idole von uns. Gerade Deutscher Thrash Metal ist wirklich der Wahnsinn! Von Exodus und seinem Black-/Death-Metal-Einfluss abgesehen, kommt unser Sänger Jae wirklich sehr nach diesen deutschen Thrash Bands. Wir lieben beispielsweise Sodom! Ich denke, darüber hinaus sind für uns als Band alle der Big 4 ein großer Einfliss gewesen, vor allem Megadeth und Slayer. Hinsichtlich der Gitarren ist wohl grade das Bay-Area-Zeug ein echter Inspirationsquell: Ich habe so ziemlich alles, was ich bezüglich Gitarrenarbeit weiß, von Leuten wie Hanneman, Mustaine und Friedman abgeschaut. (lacht)
Auch unser anderer Gitarrist Chris ist ein riesiger Megadeth-Fan: Ich glaube, als wir uns kennengelernt haben, hat er 24 Stunden am Tag Megadeth gehört … vielleicht ist das sogar immer noch so. (lacht)
Einige von uns hören auch viel Death Metal, Bands wie Morbid Angel, Obituary, Decapitated und Grave … das könnte uns auch beeinflusst haben.
Dass wir mit ganz schön vielen von den Bands, die uns beeinflusst haben, wie Exodus, Sepultura, Death Angel, Suicidal Tendencies, Gama Bomb und dergleichen schon live spielen durften, ist sowieso das Beste!

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Wenn man mit Bands verschiedener Genres über ihre Einflüsse spricht, fällt immer auf, dass im Thrash damit deutlich lässiger damit umgegangen wird und nicht jede Band versucht, sich mit aller Gewalt als besonders eigenständig zu etablieren – siehst du das ähnlich?
Ja, ich denke, damit hast du schon in gewissem Maße recht: Wenn ich etwas höre, das knallt, dann gefällt mir das einfach – egal, von wem das ist. Aber ich denke, das hängt auch von der Band ab: Es gibt auch Thrash-Bands wie Coroner oder Voivod, denen man wirklich für ihr technisch brilliantes und zukunftsweisendes Songwriting Respekt zollen muss – und dann gibt es eben andere, wie Vio-lence, Atrophy oder Kemakil, die geil sind, weil sie dir einfach direkt den Schädel wegblasen.

Um auf SHRAPNEL zurück zu kommen: Ist euch wichtig, immer Eigenständiges zu erschaffen, oder wollt ihr eher die alten Traditionen wahren und die Flagge von Bands wie den oben genannten für die nächste Generation hoch halten?
Ich denke, es ist ein bisschen von beidem: Wir versuchen, unsere Einflüsse so zu vereinen, dass dabei am Ende etwas Neues herauskommt. Beispielsweise kommt es vor, dass man auf einem Thin-Lizzy-Album eine Songstruktur auftut, die man gut findet, oder eine textliche Inspiration auf einem Death-Metal-Album oder was auch immer, und dann verbindet man beide Ideen zu einer neuen. Aber es hat ja eh jeder eine andere Herangehensweise, wie er Riffs spielt und arrangiert. Ich finde, das Album hat durchaus zu einem gewissen Grade Individualität – aber am Ende des Tages sind wir halt dann doch eine Thrash-Band und wollen auch nicht zu weit von dem, was wir lieben, wegkommen. So lange wir aggressive Musik schreiben, ist mir eigentlich egal, ob wir als „revolutionär“ angesehen werden – so lange du dazu den Toxic Waltz tanzen kannst, sind wir glücklich!

Shrapnel AlbumWarum sollte ein Thrash-Fan denn lieber euer Album hören als einfach einen etablierten Klassiker aufzulegen?
Ooo-er! (lacht). Wir finden uns nicht unbedingt würdig, mit echten Klassikern zu konkurrieren. Ich weiß nicht … „Peace Sells…“ oder „The Virus Conspires“? Ich glaube nicht, dass wir da je gewinnen werden. (lacht) Vielleicht, wenn du nach einer Million Durchläufen von „Bonded By Blood“ dann doch mal Lust auf etwas Neues hast. Hoffentlich steht unser Album dann direkt neben einigen dieser Alben, wenn du dir etwas Neues raussuchst. Vielleicht ist es auch ein Bisschen kürzer und mehr auf den Punkt als einige der neuen Alben etablierteer Bands. Also wenn du etwas schnelles und direktes hören willst…

Die Thrash-Szene scheint ja derzeit ein echtes Revival zu erleben. Was glaubst du hat den Thrash wieder für jüngere Hörer und Musiker attraktiv gemacht?
Das ist eine schwierige Frage. Ich denke, jede Szene hat ihren Höhepunkt und ihre Zeit. Das war schon immer so. Vielleicht war die „Wiedergeburt“ des Thrash Metal eine Reaktion auf das, was in den frühen 2000er-Jahren mit der ganzen Nu-Metal-Geschichte aufkam. Und natürlich hat das Internet den Leuten einen direkten Zugang zur kompletten Metal-Historie verschafft – das hat einer Menge alter Bands geholfen, wieder in den Fokus der Leute zu rücken. Aber ich habe das Gefühl, dass sich die Thrash-Szene momentan eh wieder etwas beruhigt, vor allem hier drüben – dafür gibt es jetzt wieder mehr traditionelle Heavy-Metal-Bands, was auch geil ist. Die Dinge kommen und gehen eben.
Ich denke für ein Kind, das anfängt, Gitarre zu spielen, ist es vielleicht einfach die Anziehungskraft der alten Gitarren-Helden, die es zum Thrash zieht. Friedman, Skolnick, Hammett und so weiter – deren Spiel auf all den alten Thrash-Platten ist einfach herausragend. Thrash Metal ist einfach ein Gerne, das nicht sterben kann – wenn du jung und angepisst bist und ein Instrument zur Hand hast, hat Thrash einfach eine natürliche Anziehungskraft.

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Neben den alten Legenden gibt es ja auch viele neue Bands wie Warbringer und Evile. Würdest du euch als Teil dieser neuen Thrash-Welle ansehen?
Ja, zum Teil schon. Wir hatten viel Spaß, als wir mit Bands wie Gama Bomb und Evile gespielt haben und sie haben uns auch wirklich geholfen und waren sehr nett. Aber wir haben eigentlich erst nach der ersten Welle neuer Thrash-Bands zusammengefunden, deshalb sind wir auf gewisse Weise nicht wirklich Teil dieser Gruppe oder ihr zumindest etwas hinterher. Aber vielleicht ändert ja das Album etwas daran – das wäre eine schöne Sache.

Immerhin habt ihr für das Album einen Vertrag bei Candlelight bekommen. Wie kam es dazu und wart ihr überrascht, dass ihr schon mit dem Debüt so einen Deal an Land gezogen habt?
Chris stand mit ihnen eine ganze Zeit lang in Kontakt. Wir haben ihnen schon unsere zweite EP geschickt, wenn ich nicht irre. Sie haben dann ihr Interesse bekundet, als wir im Studio waren, um das Album aufzunehmen, und Chris blieb mit ihnen danach noch in Kontakt. Einer der entscheidenden Punkte war, als sich Dom Lawson von Oaf und dem Metal Hammer eingeschaltet hat. Er hat das Album wirklich gepushed und hat uns, zusätzlich zu unserer Presse-Mappe, massiv geholfen, Candlelight zu überzeugen.
Ich glaube, wir wussten, dass das Album gut ist, aber es ist natürlich immernoch eine echte Überraschung, dass wir es damit zu Candlelight geschafft haben. Wir waren schon darauf eingestellt, es selbst zu veröffentlichen, weil nichts voran ging, insofern sind wir jetzt umso glücklicher, dass sie sich dafür entschieden haben, uns unter Vertrag zu nehmen. Bei dem Label sind so viele Bands, die wir wirklich verehren – Orange Goblin beispielsweise – dass das für uns wirklich eine Ehre ist.

Habt ihr denn vor, mit dem Album auch in Deutschland auf Tour zu gehen?
Ja, ich denke, das ist ein Fakt! Momentan schauen wir noch, was für Optionen sich bieten, aber dazu wird es definitiv bald konkrete News geben. Wenn wir könnten, wären wir morgen da!

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Vielen Dank für das Interview. Zum Abschluss ein kurzes Brainstorming:
Deutschland: Wacken 2008. Überall tolle Leute. Ich fand jede Sekunde dort geil. Und Sodom haben wirklich alles in Schutt und Asche gelegt.
Slayer ohne Jeff: Eine Tragödie, aber nichtsdestoweniger: Bitte noch ein paar Alben. Ich bin mir sicher, ich werde alles geil finden, was sie herausbringen.
SHRAPNEL in zehn Jahren: Album Nummer fünf? Live auf dem Wacken … bitte?!
Die Queen: Scheint O.K. zu sein. Bin mir nicht so sicher, ob ich die Idee einer Monarchie gut finde, aber die Geschichte dahinter mag ich.
Europa: Metal-Fans. Metal-Festivals. Bier.
Eine deiner Lieblingsbands: Black Sabbath.

Die letzten Worte gehören dir:
Danke, dass du mir hier die Möglichkeit gegeben hast, ein Bisschen zu quatschen. Deutschland ist ein sehr wichtiger Ort für uns und den Metal im Allgemeinen, deshalb hoffen wir natürlich sehr, dass die Leute das Album mögen! Wir können es gar nicht erwarten, euch auf Tour zu treffen!

Photo-Copyright: Ryan Mason

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Ein Kommentar zu “Shrapnel

  1. I have seen this band live on more than a few occasions, if you miss them you lose out.
    Phenomenal riffs, solos and all you thrash junkies out there should give their album a listen. Well worth it

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