Interview mit Arkadius Antonik von Suidakra

SUIDAKRA sind wieder auf dem Vormarsch! Mit ihrem neuen und mittlerweile 9. Studioalbum „Crógacht“ sorgen die deutschen Ausnahme-Musiker wieder für ordentlich Wirbel in der Metal-Szene. Mastermind Arkadius Antonik stand im abendlichen Telefonat Rede und Antwort, gab Nachhilfe in korrekter Aussprache, plauderte entspannt über die Scheibe, die anstehende US-Tour und darüber, was man mit Frauen besser nicht machen sollte.

Servus, Arkadius! Wie gehts dir denn die Tage?
Tag auch! Ein bisschen angespannt natürlich, aber das Gröbste ist jetzt vorbei – die Produktion ist abgeschlossen, jetzt bereiten wir uns auf die Tour vor, die ja auch schon bald startet und ansonsten stehen noch viele Interviews an. Aber die machen eigentlich auch immer Spaß.

Die neue Scheibe „Crógacht“ (richtig ausgesprochen?) wird im Februar in die Regale kommen. Was kannst du uns zum Album-Titel sagen?
Sags nochmal! (lacht)

O-TON: Krokacht!
Fast – man sprichts im Prinzip wie die englische Krähe, „Crow“ und dann „gacht“ aus. Wir wollten mit dem Titel etwas Stellvertretendes für das ganze Album auswählen, sprich: ein Wort finden, das quasi das ganze Konzept widerspiegelt, ohne jetzt auf bestimmte Songs oder Themen weiter einzugehen. Wir haben uns darüber sehr oft und auch sehr viel Gedanken gemacht und es standen auch einige Titel zur Debatte. Irgendwann sind wir auf das Wort „Heldenmut“ gekommen, das ja im Englischen „valour“ heißt, nur hat uns das vom Klang irgendwie nicht so gut gefallen… (lacht). Dann hatten wir, weil es ja eine irische Sage ist, die Idee, einfach mal zu schauen, was das Wort auf Irisch heißt. Letztendlich haben wir „Crógacht“ gefunden und auch sofort die gleiche Problematik wie du gerade eben, erstmal rauszufinden, wie man es überhaupt ausspricht (lacht). Glücklicherweise haben wir einige Freunde aus Irland, die es uns schnell beibringen konnten. Wir fanden den Titel echt gut, weil er die irische Seite des Konzepts ziemlich gut unterstreicht, weils eben ein irisches Wort ist.

Du hast gerade schon angesprochen, dass ihr euch auf der neuen Scheibe wieder mehr der irischen Folklore widmet. Woher kommt denn euer Faible dafür?
Wir hatten ja in der Vergangenheit und zur Beginn der Bandgeschichte auch immer wieder ein paar Ausflüge in die irische Mythologie gemacht, weil wir damals noch viel rumprobiert hatten – beispielsweise auch mit der Schottischen Mythologie, dem Mittelalter, der König Artus-Sage – und meiner Meinung nach war die Irische Mythologie noch nicht so richtig ausgeschöpft. Über die König Artus-Sage haben wir ja ein richtiges Konzeptalbum rausgebracht, wohingegen die Irische Mythologie in der Vergangenheit nur in einzelnen Songs aufgetaucht ist. Kris Verwimp, der auch das lyrische Konzept entworfen hat, kam mit dieser Idee, die wir auch ziemlich cool fanden und auch sehr gut zu den neuen Liedern passte, die auch ein paar irische Einflüsse hatten. Ich finde, dass die ganze Sache auf den ersten Blick recht fröhlich rüberkommt, weil die Melodien sehr fröhlich sind, aber sie haben immer einen gewissen melancholischen Unterton. Das ist, was ich auch bei den Geschichten immer sehr beeindruckend finde. „Caledonia“ war ein schottisches Konzeptalbum und es gab für uns keinen Grund, in dieser Richtung weiter zu machen, insofern kam uns die Sache mit der Irischen Mythologie sehr gelegen. Dadurch, dass wir dort schon Erfahrungen hatten, konnten wir jetzt auch ein bisschen tiefer in die Materie eintauchen.

Wie du schon sagtest, hat Chris (Verwimp, Artworks – Anm. d. Verf.) das lyrische Konzept entworfen. Wie kam das denn zustande?
Es war so, dass wir schon seit mehreren Jahren mit dem Gedanken gespielt hatten, Chris quasi tiefer zu involvieren. Die Idee stand mehr oder weniger nur im Raum, es ging nie so weit, dass etwas Formen angenommen hat oder wir auf etwas zugegangen sind. Zum einen weil Chris immer ziemlich beschäftigt war und zum anderen, weil wir in der Vergangenheit immer die Musik fertig hatten und dann mit den Texten anfingen. Deswegen war die Zeitspanne zwischen Beendigung der Songs und Studioeintritt immer recht knapp bemessen. Wir mussten tierisch schnell sein und da wars von Vorteil, wenn das auch jemand aus der Band gemacht hat. Wenn du jemand anderen involvierst, musst du das konzeptionell ganz anders aufziehen. Wie gesagt: die Idee war präsent und wir haben uns dieses Mal als Ziel gesetzt, den Chris schon sehr weit im Voraus zu fragen. Als wir das taten, war noch kein einziger Song fertig geschrieben und ich war begeistert von der Idee. Auf Chris sind wir gekommen, weil wir auch mitbekommen haben, dass er neben seiner Künstlertätigkeit in Sachen Artworks auch Comicbände rausbringt. Da erschien es uns natürlich als total vorteilhaft, weil er sich mit SUIDAKRA und der Musik super-gut auskennt und wir wussten, dass er auch beim neuen Album das Artwork machen wird. Für den Künstler ist es so natürlich viel einfacher, wenn er selbst auch das Konzept schreibt. Er kann detaillierter zeichnen, als wenn erst einer ankommt und die Idee ewig schildern muss und jemanden soweit zu bringen, es umzusetzen, wie man es selbst auch im Kopf hat. Du kannst das ja leider mit der Promo-CD noch nicht beurteilen, weil du nur einen Ausschnitt hast mit dem Frontcover der CD. Aber die Käufer des Digipacks werden sich mit Sicherheit freuen!

Wie du gerade von Chris redest – und auch Allgemein – kann man den Eindruck bekommen, dass er schon fast ein festes Mitglied von SUIDAKRA ist, ohne jetzt Musik zu machen.
Ja, das hab ich vor Jahren schon in einem Interview fast wortwörtlich so gesagt (lacht). Ich habe den Chris, ehrlich gesagt, auch noch nie als jemanden gesehen, der der Band gegenüber einfach eine Dienstleistung erbringt und einfach nur für irgendwas bezahlt wird. Er war schon viel früher mit einbezogen, auch was die Musik angeht. Er hat zum Beispiel Demo-Aufnahmen bekommen und konnte sich Sachen anhören, bevor wir überhaupt damit ins Studio gegangen sind. Wir haben ziemlich früh ziemlich eng mit ihm zusammengearbeitet und letztendlich kristallisierte sich dann aus der ganzen Zusammenarbeit auch eine Freundschaft heraus. Er kann die Sachen einfach zu 100% genau so umsetzen, wie wir sie haben wollen und im Laufe der Jahre ist das ganze Gefüge noch mehr zusammengewachsen. Wir wurden immer mehr zu einer Einheit und mittlerweile kann man – vor allem jetzt nach dem neuen Album – wirklich davon sprechen, dass Chris das vierte (oder wenn man so will: fünfte) Mitglied ist.

Auf der Live-DVD, bzw. dem Akustik-Konzert hat Marcel (Schoenen – Anm. d. Verf.) noch den cleanen Gesang übernommen – auf der neuen Scheibe macht ihr das jetzt teilweise sogar zu dritt. Musstest du dich arg umstellen, vielleicht sogar Unterricht nehmen?
Ich weiß gar nicht, ob es auf der Promo so hervor geht, aber ich mache die kompletten Clean-Vocals, Lars hat die Backing-Vocals gemacht und auch Sebastian, unser Live-Gitarrist war bei zwei Liedern als Background-Sänger beteiligt. Vor einem dreiviertel Jahr habe ich extra dafür Gesangsunterricht genommen. Es war eine ganz neue Erfahrung für mich, muss ich sagen, weil: das mit den Growls macht man seit Jahren, was aber natürlich nicht bedeutet, dass man automatisch auch clean singen kann. Dahinter steckt eine ganz andere Technik und es hätte auch echt in die Hose gehen können. Aber ich kann das abschätzen und wenn es mir im Vornherein nicht als erfolgreich erschienen wäre, hätte ich es auch nicht gemacht. Es war eine sehr gute Erfahrung und da ich durch den Ausstieg Marcels auch gezwungen war, live bei den alten Songs teilweise klar zu singen, hat mir das schon sehr geholfen. Durch die Growls hat man sich schon gewisse Atemtechniken angeeignet, die auch von Vorteil waren. Von meiner Seite aus war es eigentlich eine Reise ins Ungewisse. Es ist ja nicht so, dass ich nur klar gesungen habe, sondern auch die cleanen Gesangslinien schreiben musste, was ich vorher noch nie gemacht habe. Naja, es lief eigentlich ganz gut. Wenn ich mir die Platte jetzt so anhöre, bin ich eigentlich überrascht, dass es das erste Mal so gut gelaufen und das Endergebnis so zufriedenstellend ist. In der Zukunft können wir, wenn wir weiter dran arbeiten, auch sicher noch ganz andere Sachen mit einbauen und ganz neue Ziele verfolgen.

Es fällt außerdem auf, dass ihr auf der neuen CD so viele Gastmusiker eingeladen habt, wie eigentlich noch nie. Das passierte ja bestimmt nicht nur, um Marcels Wegfall vielleicht so ein kleines bisschen zu kompensieren.
Nein, also mit Marcels Wegfall hatte das gar nichts zu tun. Ich habe das ja auch alles komplett alleine auf der Gitarre geschrieben und zu keinem Zeitpunkt war das irgendwie ein Thema. Ich hatte schon bei der „Caledonia“ 80% der Songs alleine geschrieben, Marcel war dabei fast nur noch auf den Gesang und die Texte fixiert. Der Grund dafür war, dass ich mich in der Vergangenheit auch außerhalb des Metal-Genres sehr für klassische Musik und auch speziell für Filmmusik habe begeistern können. Ich bin ein riesengroßer Fan von Hans Zimmer, habe auch einige klassische Konzerte besucht, auf denen dann Movie-Soundtracks gespielt wurden. Man setzt sich mit der Musik ganz anders auseinander – wie werden Instrumente wo eingesetzt? Welche Stimmung kann man mit welchem Instrument erzeugen? Ich hatte das Bedürfnis, meinen musikalischen Horizont ein bisschen zu erweitern; auch dadurch, dass wir andere Instrumente mit einfließen lassen. Teilweise war es dann auch so, dass sich durch Zufälle gewisse Sachen ergeben haben. Und zwar haben ja Lars und Markus auch Gesangsunterricht gehabt und deren Gesangslehrer wohnt in einer WG mit einem Chor-Leiter aus Berlin, der sich aus Zufall unsere Musik angehört hat und meinte: „Boah, das klingt ja voll cool! Wenn die Jungs irgendwas haben wollen, sollen sie einfach Bescheid sagen!“ Da war ich natürlich direkt sehr begeistert, weil ich schon immer was total bombastisches mit richtigen Chören machen wollte. Normalerweise kann man sich das nicht leisten und Keyboards klingen halt einfach synthetischer. Ja, dann habe ich mich hingesetzt und die Noten für diesen Chor geschrieben, ihm rübergemailt und er hat es dann in Berlin aufgenommen. Dann hatten wir plötzlich echte Chöre… Meine Intention war einfach, die Musik noch ein bisschen facettenreicher zu machen, ohne es dabei zu übertreiben, damit es nicht zu überladen klingt. Das war eigentlich so der Hintergrund der Geschichte.

Auf „Crógacht“ geht es unter anderem um die Reise des Helden Cuchulainn, der die Kriegskunst von der Kriegerin Scathach erlernen will. Driften wir ein bisschen ab und widmen uns aktuellen Geschehnissen: meinst du, dass wir besser dran wären, wenn Frauen die Welt regieren würden?
Hehe – ich glaube, wenn Frauen die Welt regieren würden und eine gewisse Entscheidungsgewalt hätten, gäbe es unter Umständen schon weniger Kriege. Ich habe ja auch Geschichte studiert und gewisse Entscheiden, die da so gefallen sind und letztendlich zum Krieg geführt haben, hätte eine Frau in dieser Situation wohl anders oder nicht getroffen. Es würde bestimmt auch unter Frauen Kriege geben. Es gibt ja solche Reality-Sendung, in der Männer und Frauen in einer Gruppe sind und man kann genau beobachten: Männer sind eher auf direkte Konfrontationen aus, wohingegen Frauen eher die psychologische Kriegsführung vorziehen würden. Insofern denke ich, dass allein schon im Vornherein gewisse Vorteile auf deren Seite wären und sie Dinge entscheiden könnten, ohne dass es gleich zu einem Krieg kommt. Aber naja, das ist ja ein Stück Fiktion. Es fängt ja schon auf dem Schulhof an: Frauen zicken rum und die Jungs hauen sich gegenseitig eine aufs Maul und dann ist gut. Gute Überleitung, was? (lacht)

Ihr werdet im Februar und März fast 30 Shows in den Staaten spielen – die Reaktionen auf eure letzte Tour dort waren überwältigend, wenn man alleine mal nach den MySpace-Kommentaren geht. Wie erklärt ihr euch euren immensen Erfolg dort drüben?
Das hat, glaube ich, mehrere Gründe. Was ich so ein bisschen mitbekommen habe ist, dass die Amerikaner so ein bisschen die Schnauze von diesem ganzen Nu Metal haben, der ja auch dort seinen Ursprung hat und den europäischen Metal für sich entdeckt haben. Auf diesen melodischen Death Metal und die Pagan-Geschichten gehen die Amerikaner tierisch ab. Ein Grund ist wahrscheinlich, dass es für sie irgendwie etwas Exotisches ist und auf der anderen Seite haben wir als deutsche Band auch einen kleinen Bonus, den wir ein bisschen zu spüren bekommen, weil wir deutschen Bands dort auch ganz anders angesehen werden als hierzulande. Da herrscht immer noch dieser „Made in Germany“-Standard, den man ja teilweise aus der Wirtschaft kennt und der auch auf einige Bands zuzutreffen scheint. „Aah, you are from Germany? Do you know the Scorpions, Kreator, Rammstein?“ Die ganzen großen Namen eben. Die deutschen Metal-Bands stehen dort noch immer für sehr qualitative Musik und werden schon sehr geschätzt. Was man auch auf der Tour beobachten konnte war, dass die Amerikaner auch ein Stück weit aufgeschlossener sind; da gibt es einfach dieses Schubladendenken nicht so. Es gibt viele Leute, die gleichzeitig Slipknot und Darkthrone hören – gibt’s hier zwar auch, aber ist lange nicht so vertreten. Ich will keine bestimmte Gruppe rauspicken, um niemandem zu nahe zu treten, aber mal als Beispiel. Das ist dort Gang und Gebe, Korn und gleichzeitig Morbid Angel zu hören und irgendwelche Underground-Brutalo-Combos. Im Endeffekt ist das wirklich gut und irgendwie wie mit dem Essen – man will ja auch nicht jeden Tag nur Spaghetti essen, sondern auch mal etwas Abwechslung haben. Wie du schon sagtest: die MySpace-Reaktionen waren echt der Knaller. Auch als Beispiel San Francisco: das Licht ist ausgegangen und wir waren noch nicht mal auf der Bühne, aber die Menge hat gebrüllt, als hätten wir das Konzert schon beendet. Das war schon echt eine einmalige Erfahrung, weswegen wir uns jetzt umso mehr freuen, nicht nur als Special Guest dabei zu sein sondern die kompletten Tour mitfahren zu dürfen.

Die Amerikaner sind ja – was Geschichte und Geographie betrifft – sehr klischee-behaftet. Seht ihr euch vielleicht auch ein ganz klein wenig in der Rolle eines Nachhilfelehrers, um denen was von Europa zu übermitteln?
Indirekt schon, ja. Darüber, muss ich zugeben, hab ich mir auch gar nicht so viele Gedanken gemacht. Aber als wir drüber waren, war auch schon zu merken, dass viele Amerikaner gerne auf einen zugehen und sagen: „Hey, ich hab irische Wurzeln. Ich hab schottische. Ich hab deutsche.“ und das dann auch voll toll fanden. Ich hab mich auch mit vielen von denen unterhalten und sie haben von sich aus bemängelt, dass das Schulsystem in den USA so ist, dass den Schülern nur beigebracht wird, dass die USA das einzig Wahre sind und Europa sehr weit weg und uninteressant ist. Die lernen beispielsweise fast keine europäische Geschichte und wissen gar nichts, außer vielleicht ein bisschen was über den Zweiten Weltkrieg – aber das halt leider auch nur angeschnitten. Insofern denke ich, dass das auch den Reiz für die Pagan-Geschichte für die Amerikaner ausmacht. Es ist so oder so was Neues für sie, aber von unserer Seite aus ist es jetzt nicht so, dass wir uns wirklich in dieser Rolle sehen. Wenn es so ist, finde ich das gut, weil – gerade ich, der ich ja Geschichte studiert habe – es sehr wichtig ist, das man über die Welt was weiß und nicht nur eine Seite kennt, sondern viele verschiedene. Aber wie gesagt: es ist nicht unsere Intention und wir sehen uns jetzt auch nicht als Missionare der europäischen Geschichte.

Auf der Tour habt ihr auffällig selten einen Day Off (freier Tag – Anm. d. Verf.) – wie haltet ihr das, körperlich, überhaupt durch?
Puuuh, Scheiße – frag mich das nach der Tour! (lacht) Ich kanns dir noch nicht sagen, weil die Touren, die wir bisher immer so gespielt haben, immer so zwei, drei Wochen lang waren, in denen wir schon immer mal wieder ein paar Day Offs hatten. Ich sag mal so: wir haben am Anfang einen und am Ende nochmal einen und ansonsten spielen wir jeden Tag. Keine Ahnung, wie wir das aushalten… Live zu spielen – gerade jetzt auch mit den neuen Songs – macht uns ja total heiß. Deswegen bin ich wirklich froh darüber, dass die USA-Tour, die ja auch sehr lang und bestimmt auch sehr anstrengend ist, direkt am Anfang des Jahres stattfindet, damit wir voller Energie und voller Power sind. Sonst könnte man von uns auch kaum erwarten, so oft auf der Bühne zu stehen. Zumal wir ja, bedingt durch die Studio-Arbeiten, auch ewig kein Konzert mehr gespielt haben. Uns kribbelt es schon in den Händen, wieder loszulegen, aber ich denke schon, dass es teilweise sehr anstrengend wird. Aber irgendwie ist es ja mit allen Dingen im Leben so, solange man etwas mit Herzblut macht. Dann ist es dir auch scheiß-egal und du empfindest es nicht so, wenn du mal kaputt bist. Am nächsten Tag beginnt das alles von vorne und du freust dich immer wieder drauf.

Können wir dann auch mit einer größeren Europatour noch dieses Jahr rechnen?
Davon gehe ich aus, ja. Wir sind momentan in der Planung und es wird sicherlich eine geben und zwar in der zweiten Jahreshälfte, weil die erste von dieser USA-Tour dominiert wird und wir dann noch ein paar Einzelshows zwischen dem Sommer und der Tour haben. Wir wollen auf jeden Fall so viel wie möglich spielen. Von Seiten des Labels und auch des Managements ist zugesichert, dass wir definitiv eine Europatournee spielen werden. Nur ist es, wie gesagt, noch nicht sicher, wann genau, mit welchem Package und wie viele Daten wir spielen werden. Das wird sich im Laufe der Zeit noch entscheiden.

Du hast Geschichte studiert. Außerdem wohnst du seit einer Weile in Würzburg, die anderen aus der Band im Großraum Düsseldorf. Jetzt einen Monat auf Tour, hier Konzerte, die Fahrten nach Düsseldorf zur Probe – das kostet Zeit. Deswegen die ganz indiskrete Frage: kannst du mittlerweile schon alleine von SUIDAKRA leben?
Nä, das ist unmöglich. Real gesehen ist es so, dass durch die illegalen Downloads der Plattenindustrie ja auch schaden (und da möchte ich jetzt auch gar keine Diskussionen losbrechen). Dadurch ist es – das ist nunmal Tatsache – fast unmöglich geworden, davon zu leben. Ich denke, viele Bands, die davon leben, sind solche, die echt hohe Gagen bekommen und alleine durch ihre Konzerte und den Merchandise-Verkauf das Geld reinbekommen. Mal abgesehen von den ganz großen Bands wie beispielsweise Metallica oder Blind Guardian. Das ist eben der Grund, warum es mir so wichtig ist, mir oder uns selbst treu zu bleiben und die Motivation beizubehalten. Wenn das verloren ginge, würde das in dieser Konstellation und mit dem Aufwand, den wir haben, nicht funktionieren. Das würde dann in einen solchen Stress ausarten, dass wir sagen müssten: „Es macht zwar schon Spaß, aber der Stress überwiegt ganz einfach.“ Finanziell betrachtet, nicht vom Aufwand her, ist es ja ein Hobby. Und ich denke, jedes Hobby sollte mehr positive Erfahrungen rüberbringen als Stress, sonst würde man das auch nicht machen. So ist das bei uns auch. Man muss ganz klar sehen: „Crógacht“ ist unser neuntes Album und als ich es geschrieben habe, hatte ich teilweise das Gefühl und auch den Enthusiasmus, als wäre das unsere erste Scheibe. Ich konnte es kaum erwarten und es hat einen mords Spaß gemacht. Das ist eigentlich der Grund, warum man das macht.

Das Video zu „Shattering Swords“ wurde ja mit einer eigenen Film-Crew aufgenommen. Wie wars für dich, mal auf diese Weise vor der Kamera zu stehen und wie war der Dreh allgemein?
Also ich muss sagen: es war der Hammer! Es war, wie gesagt, das erste Mal, dass ich jetzt nicht nur mit der Gitarre in der Gegend rumstehe. Es war eigentlich ein bisschen so wie auf der Bühne, nur dass man ein wenig mehr auf die Choreographie achten musste. Bei „Shattering Swords“ gibt es halt auch eine gute Geschichte, die erzählt wird und ursprünglich wollte ich das gar nicht machen. Es war zeitlich sehr stressig, weil der erste Dreh des Videos am letzten November-Wochenende stattfand und da waren wir eigentlich im Studio beim Mix und Mastering und wollte eigentlich dort sein. Ich hab dem Sebastian, der das Video gedreht hat, vorgeschlagen, das wen anders machen zu lassen. Er beharrte aber darauf, dass unbedingt ich das machen musste, weil ich eben der Sänger bin, Bandleader und pipapo und dachte, das würde gut kommen. Ich hab mich letztendlich darauf eingelassen, bin früher abgereist, während die anderen noch im Studio geblieben sind und wusste auch absolut nicht, was mich erwartet. Wie wird das vor all den Leuten sein, die da im Raum stehen und da – in Anführungsstrichen – zu schauspielern. Aber es war eine geile Erfahrung, weil man sich so auf die Arbeit konzentriert, wie man sich bewegt, welche Mimiken man macht, was als nächstes kommt, auf die Choreographie achten muss und die Sache mit den Schwertern, so dass man das ganze Umfeld irgendwie vergisst. Im Grunde genommen ist das ein Entstehungsprozess wie beim Schreiben von Musik und wenn du dann weißt, was du wie machen musst, ist das gar nicht mehr so wild. Von der Maske eine schöne Schnittwunde im Gesicht verpasst zu kriegen, empfand ich persönlich ja als ein kleines Highlight, weil ich doch so auf Horror-Filme stehe. Hinterher konnte ich es dann gar nicht mehr erwarten, das fertige Video zu sehen – eine Erfahrung, die ich auch schon beim Video davor gemacht habe. Wie man sich selber empfindet und meint, vor der Kamera zu sein, ist vollkommen anders als das, was dann hinterher rauskommt. Durch die Schnitte, Kameraeinstellungen und so weiter siehst du es natürlich nie aus der Sicht der Kamera. Man muss klar sagen, dass es eine Low-Budget-Produktion ist, weil wir natürlich keine 20,000€ zur Verfügung hatten und größtenteils haben es alle aus Spaß an der Sache gemacht. Daher finde ich, ist das Ergebnis echt gut geworden. Ich habe mit Sebastian telefoniert, als das Video fertiggeschnitten war und darüber gesprochen, wie man das letzte Lied („Baile’s Strand“), das ja wirklich bombastisch ist, im Stile von Herr der Ringe mit Schlachten am Meer umsetzen kann… Aber das ist natürlich nicht realisierbar, weil es Unmengen an Geld kosten würde. Ich habe gewissermaßen eine neue Seite an mir entdeckt und würde jetzt am liebsten zu jedem Song der Platte ein eigenes Video drehen – ist natürlich nicht machbar.Was ich außerdem gut finde ist, dass Sebastian – der ja neben Musikvideos auch Filme dreht – gesagt hat, dass er schon einige Darsteller hatten, die das beim ersten Mal nicht so gut hinbekommen hatten wie ich. Es hat wirklich Spaß gemacht. Vor allem, mal einer Frau richtig schön in den Bauch zu boxen (lacht). Ne, das war natürlich nicht echt, aber die hat so gut geschauspielert, dass jedes Mal, wenn ein Take zu Ende war und sie zu Boden gegangen ist, die ganze Crew inklusive mir zu ihr hingerannt ist und sie fragte, ob alles okay ist und sie sagte: „Ja klar, was wollt ihr denn?“ Sie war die einzige, die auch eine richtige Schauspielerin ist und das auch hauptberuflich macht und auch extra dafür im Voraus Schwertkampf-Unterricht genommen hat. Es war eine neue Erfahrung, nech? Ellbogen-Check, sie geht zu Boden und schreit und du denkst nur noch: „Ach du Scheiße! Jetzt wirst du dargestellt wie irgendein Frauenschläger!“ (lacht)

Könnt ihr vielleicht schon andeuten, was man bei euren Live-Shows dieses Jahr auf der Bühne zu sehen bekommt? Von euren Astral-Körpern mal ganz abgesehen.
Also live wird es bei uns definitiv auch eine Veränderung geben! Wir haben halt auf jeden Fall erstmal unser Bühnen-Bild angepasst. Es ist dir ja sicherlich auch aufgefallen, dass die Platte viel bombastischer ist und das Keyboard wieder mehr zum Tragen kommt als auf den letzten Veröffentlichungen. Insofern dachten wir uns, wäre es passender, ein paar Samples mitlaufen zu lassen und haben das auch schon geprobt. Es wird also live ein bisschen mehr high-tech. Aber das lohnt sich aus, ist wirklich der Hammer, allein schon auf „Baile’s Strand“. Der Dudelsack kommt dann auch vom Band, wenn Axel mal nicht kann und das wird definitiv die größte Veränderung sein. Die Rüstung, die ich im Video hatte, werden wir auf der Bühne auch aufstellen, aber wir werden selber nicht mit Rüstungen auf die Bühne gehen, weil wir das einfach nicht sind. Das passt zur Platte, aber nicht zu SUIDAKRA. Ich sehe uns nach wie vor nicht als reine Pagan-Band, dass wir mit Rüstungen oder sowas auf die Bühne gehen. Wir haben zwar unsere Einflüsse, aber die sind – wie schon oft erwähnt – auch nur welche, wie jeder andere auch. Da könnte man dann genau so gut sagen, wie sind eine reine Death Metal-Band, weil wir auch Death Metal mit einfließen lassen. Wir sind einfach SUIDAKRA, sind die Typen, die wir sind, weswegen wir bei den Promo-Fotos auch nicht in Rüstungen rumposieren mussten. Jetzt im Moment, wo es ja diese große Pagan-Trendwelle gibt, würde ich auch nicht sagen, dass wir uns davon distanzieren wollen, weil es ja auch ein Teil unserer Musik ist. Aber wir sehen uns einfach nicht als Teil des ganzen Hypes.

Als ihr damals ’94 angefangen habt – dachtet ihr da jemals daran, einen derartigen Erfolg zu haben und auf so viele positiven Kritiken zurückblicken zu können?
Niemals. Da ist es schon fast viel zu weit gegriffen, was du jetzt als Beispiel bringst (lacht). Ich hätte mir niemals träumen lassen können, dass wir überhaupt mal drei oder vier Alben rausbringen. Wir haben die Demos und dann eine eigenproduzierte CD gemacht. Wenn wir damals nicht den Deal bei Last Episode Records bekommen hätten, hätten wir vielleicht noch ein oder zwei Alben selbst produziert und dann wäre Schluss gewesen. Ich muss sagen, dass wir schon viel Glück hatten aber dazu gehört auch eine gewisse Portion Selbstdisziplin dazu und man muss klare Ziele vor Augen haben. Auch wenn man sie vielleicht nicht primär erreicht, aber zumindest sekundär. Es gibt – wie du ja sicherlich auch mitbekommen hast – in der Szene Bands, die mit einem Album viel, viel weiter sind als wir. Im Endeffekt ist mir das aber auch egal, weil ich mich nicht mit anderen Leute vergleiche. Ich mache das, was ich mache konsequent. Nichtsdestotrotz hätte ich, trotz der harten Arbeit, gesagt du spinnst – wo bleiben die Männer mit der Zwangsjacke? -, wenn du mir vor ein paar Jahren gesagt hättest, dass wir mal irgendwann unser neuntes Album rausbringen. Also wie gesagt: so langfristig plant, glaube ich, auch keiner, weil du ja zu viele x-Faktoren hast. Es fängt ja schon beim Lineup an: du kannst nie sicher sein, ob du mit den Leuten ewig Musik machen kannst (so war es ja bei SUIDAKRA auch nicht), weil sich die Lebensumstände ändern, die Leute verändern, weil sie älter werden. Ich bin ja auch nicht der gleiche, der ich ’94 war, als ich noch in der Schule gewesen bin. Das ist halt ein Reifungsprozess, wodurch es auch Höhen und Tiefen gibt. Ich glaube, die Kunst ist es, diese Tiefen auch zu überwinden. Ich vergleiche die Band immer gerne mit einer Beziehung zu einer Frau: am Anfang ist alles super und toll und irgendwann ist es die Kunst, dass man an der Beziehung arbeitet, Kompromisse eingeht und genau so funktioniert es mit der Band.

Zur Entspannung kommen wir jetzt noch zum abschließenden Metal1.Brainstorming. Was schießt dir hierbei in den Kopf:
Mandoline: Ganz klein, ein bisschen schwierig zu spielen, weil die Bünde so klein sind. Ich muss dazu sagen, dass wir geplant haben, eine Mandoline auch einzubauen, aber das war zu kurzfristig. Ich habe auf dem Ding gespielt… ja, ich kam mir so ein bisschen komisch dabei vor, aber man kann auch nette Effekte dadurch erzeugen, also: prinzipiell positiv!
LARP: Sehr, sehr eigene Szene. Puh, ich glaube, für Leute, die damit nichts anfangen können, ist es teilweise auch sehr schwierig, da etwas nachzuvollziehen. Aber ich denke für die Leute, die das machen ist es auch ein ganz guter Ausgleich zur Realität. Deswegen: hab ich überhaupt nichts gegen. Die Leute, die im Video mitgemacht haben waren ja auch LARP-Spielen und Nils, unser alter Bassist, macht das auch. Das Faszinierende daran ist, dass sie davon erzählen, als wäre es die Realität. Die nehmen das auch so wahr und können sich total in die Rollen hinein versetzen. Finde ich toll. Nichts für mich, war aber eine nette Erfahrung.
USA: Sehr kontrovers! Teilweise geben sie sich als sehr demokratisch und fortschrittlich. Aber wenn du dann da bist, merkst du doch, dass vieles sehr oberflächlich ist und teilweise gar nicht so fortschrittlich, wie man das so denken würde. Landschaftlich ist es ein sehr interessantes Land, aber so selber dort wohnen würde ich dort niemals wollen.
Bundestagswahlen: Ja, was soll ich dazu sagen? Interessieren mich mittlerweile nicht mehr, das Thema ist mittlerweile durch.
Frauenboxen: Solange es blutet, find ichs ok! (lacht) Nach dem Video, in dem ich die Frau… (lacht) Ne, sieht teilweise wuchtiger aus als beim Schwergewichtsboxen der Männer. Da siehts ja teilweise so aus wie in Zeitlupe. Bei den Frauen ist es teilweise echt nett anzuschauen. Was ich aber gar nicht mag sind diese Promi-Boxen-Geschichten, in denen dann Doro gegen Michaela Schaffrath boxt… Ne, das brauch ich nicht.
Metal1.info: Ja, hat ja auch schon eine Geschichte mit SUIDAKRA, nech? Auch so seine Höhen und Tiefen! (lacht) Ich schaue auch viel öfters auf Metal1.info und ihr prägt euch dann auch viel mehr ein als andere Magazine, mit denen man dann Interviews macht und sich nach drei Jahren auch nicht mehr so richtig dran erinnern kann. Ich bin, wie gesagt, immer mal wieder bei euch drauf und was ich gut finde ist, dass ihr zu Newsmeldungen auch immer was in diesem Diskussions-Forum dazu schreibt. Geeenau, da hab ich ja jetzt auch erst gelesen, „dass Arkadius nicht mehr die Figur für eine Rüstung hat!“ (lacht) Da dachte ich mir auch: „Bin ich fett geworden, oder…?“ Fand ich sehr amüsant. Ich finds wirklich gut, dass ihr euer Ding einfach durchzieht.

Ja, ich möchte dir auch nochmal für das gesamte Interview danken. Ich höre euch jetzt schon seit was-weiß-ich-wie-vielen-Jahren – zieht ihr euer Ding durch, habt viel Spaß auf der Tour, kommt heil wieder aus den Staaten zurück und machts einfach gut!
Das wünsche ich dir, Dennis, und Metal1.info natürlich auch! Schreibst du eigentlich das Review?

Ja!
Wie hat dir die Platte überhaupt gefallen? Das hast du ja noch gar nicht gesagt! (lacht)

Ich fand sie sehr geil und das sag ich dir jetzt nicht nur, weil du am Telefon bist. Was mir aber negativ aufgefallen ist, das sag ich so wies ist, ist gerade das Frauengekreische auf „Shattering Swords“.
Das ist voll lustig, ich hab das nämlich auch bei den Kommentaren unter dem Video auf Youtube gesehen. Das Ding ist: es hat einen Hintergrund, warum die Frau schreit und nicht singt.

Klar, der bist du! (lacht)
Ja, weil ich die andere verprügelt hab! (lacht auch) Ne, es ist ja so: die Geschichte erzählt ja von dem Kampf zwischen Ifahn (der Blonden) und Cuchulainn, den ich spiele und der ja auch der Hauptheld ist, und der ist ja im Begriff zu verlieren. Die Scátach, die Cuchulainn trainiert hat, ist auch eine Kriegerin und sie und Ifahn sind Feinde. Und sie schreit: „Ah, look! Ich fand to two horses!“, also: „Ach, schau! Ich fand zwei Pferde!“ und so weiter. Wir haben auch überlegt, ob wir das nicht singen wollen, aber das hätte dann nicht diesen Effekt, wie wenn es jemand schreibt. Ich konnte sie letztendlich retten, worauf sie mir drei Wünsche erfüllen musste. Unter anderem den, mir einen Sohn zu gebären, aber das konnten wir leider nicht filmen, weil das Video sonst ab 18 wäre (lacht). Ja, es ist mehr so eine Art Hörspiel. Wenn die Leute die Texte nicht kennen und das nur als Ausschnitt aus der ganzen Geschichte sehen, denkt man sich auch: „Hach, was soll das? Warum schreit da plötzlich jemand?“ Wenn man den Text hat und das ließt, merkt man auch, dass es eine erzählte Geschichte ist und macht mehr Sinn. Das Geilste war, dass einer schrieb: „The voice is aweful“ – empfand ich als sehr lustiges Adjektiv, klingt auch so ein bisschen eingeschüchtert. (lacht)
Aber prinzipiell gefällt dir die Platte, ja?

Definitiv!
Super, Junge! Das freut mich wirklich! Coole Sache! Dann danke ich dir fürs Interview und man spricht sich die Tage wieder!

Geschrieben am von Metal1.info

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