Interview mit Tamás Kátai von Thy Catafalque

Über die Jahre hat es sich bei Tamás Kátai eingeschlichen, dass er immer längere Pausen zwischen die Veröffentlichungen seines Projektes THY CATAFALQUE einlegte; womit der gebürtige Ungare diese vermeintlichen Ruhezeiten verbrachte, warum die letzten beiden Alben so verschieden ausfielen und wie es um die Metal-Szene in seiner Heimat steht, erfahrt ihr hier im Interview.

Thy Catafalque Logo 2015

Neben THY CATAFALQUE machst du auch Ambient-Musik. Ist das Musik, die du als Element nicht in THY CATAFALQUE unterbringen kannst?
Die Musik auf „Slower Structures“ [neues Album von ihm als Solo-Künstler, A. d. Red.] ist ganz klar anders als die Musik, die ich sonst mit THY CATAFALQUE spiele. Darin ist kein Gesang, kein Schlagzeug, die Lieder sind nicht wirklich Lieder, keine Song-Strukturen. Es sind mehr Momente, gefroren in Zeit. Wie Fotografien von verschiedenen Stimmungen. Kurz, simpel, aber klare Schnappschüsse einer bestimmten Atmosphäre.

a1926579894_10Im Vergleich zu „Rengeteg“ ist dein aktuelles Album mehr auf die Anfänge von THY CATAFALQUE als ein Black-Metal-Projekt fokussiert, „Sgùrr“ hingegen scheint düsterer zu sein mit schweren Riffs und einem temperamentvollen Kátai. Was war dein Einfluss hierfür, kannst du ihn benennen?
Ja, „Sgùrr“ war weniger freundlich als „Róka Hasa Rádió“ und „Rengeteg“. Es ist etwas komisch, nun über dieses Material zu reden, das letzten Oktober veröffentlicht wurde, aber ein Jahr zuvor fertig war und seitdem habe ich bereits das nächste THY CATAFALQUE-Album beendet. Es war ein Kampf „Sgùrr“ zu beenden, es nahm viel Zeit in Anspruch und ehrlich gesagt empfand ich dieses Album nie als stark genug, ich spürte immer eine Art Unsicherheit deswegen. Es war dunkel, kalt und gelegentlich aggressiv oder wild und ich weiß wirklich nicht genau, woher dieser Zorn tatsächlich kam.

a2902743845_10Um bei diesem Vergleich zu bleiben: Liege ich richtig wenn ich sage, dass deine Stimme weniger zu hören ist als auf „Rengeteg“? Passte sie nicht zu dem dynamischeren und dunkleren Wesen des Albums?
Nun, das ist ein häufiges Missverständnis von „Rengeteg“. Der Klargesang auf „Róka Hasa Rádió“ und „Rengeteg“ kam nicht von mir. Nicht einer. Jeder Klargesang wurde von Attila Bakos [Sänger seines Solo-Projektes und von Quadrivium, A. d. Red.]  geliefert  und obwohl das im Cover erkennbar war und ich es mehrfach in Interviews und in Foren deutlich machte, ignorierten das viele Leute. Dieses Missverständnis hat teilweise zu dem Fortgang von Attila nach „Rengeteg“ beigetragen, außerdem seine Ambitionen seine eigene Musik zu machen. Seitdem hat er zwei Alben veröffentlicht, eines unter Taranis Moniker und eines unter seinem eigenen Namen. Jeder, dem seine Stimme bei THY CATAFALQUE gefiel, sollte seine eigene Musik auf Bandcamp anhören.

Du spielst nahezu alle Instrumente auf deinen Platten. Ist das so, weil du es magst unabhängig zu sein?
Es ist für mich die komfortablere Art, Musik zu machen. Dies ist jedoch kein idealer Zustand. Ich versuche vermehrt Gast-Musiker einzuladen, weil ich neue Perspektiven brauche und neue Kolorierungen. Nach so vielen Alben ist es niemals leicht, stets mit frischen und qualitativ wertvollen Ideen zu kommen: Du bist anfällig dafür dich selbst zu widerholen, hast deine Tricks zu oft verschossen. Manchmal benötige ich neue Stimmen, also ist es nicht prinzipiell so, dass nur ich in THY CATAFALQUE spiele. Okay, natürlich ist es mein Projekt, aber wenn es nötig ist, bin ich froh zu kollaborieren. Es existieren so viel talentiertere Musiker als ich.

Thy Catafalque, 2015

Mit Bezug auf die letzte Frage: Auf den ersten vier Alben hattest du János Juhász an deiner Seite, der Gitarre und Bass spielte. Warum ist er nicht mehr ein Teil von THY CATAFALQUE? Und außerdem, etwas was sich wohl jeder Fan fragt: Wer spielt Schlagzeug?
János war nicht mehr in der Lage, weiterhin etwas beizutragen. Er hatte Stress, Zeit und Inspiration zu finden, um Gitarre zu spielen und außerdem war er nicht komplett zufrieden mit der musikalischen Richtung, auf die wir zusteuerten. Auf dem letzten Album mit ihm, „Róka Hasa Rádió“, spielte er nur etwas mehr als die Hälfte der Gitarren, die andere Hälfte spielte entweder ich oder Zoltán von Gire. Der Bass wurde von Balázs von Gire eingespielt. Aktuell spielt er nicht, er hat andere Prioritäten, was schade ist, denn er ist ein exzellenter Gitarrist mit glänzenden Ideen. Aber es gibt Wichtigeres im Leben als Gitarre zu spielen.

Was das Schlagzeug angeht, es ist natürlich programmiert. Seit Tag eins habe ich immer Drum-Computer für THY CATAFALQUE benutzt.

Ich erinnere mich nicht daran, dass THY CATAFALQUE jemals ein Konzert gegeben haben. Gibt es Pläne, das zu tun oder existieren Gründe, weswegen du das nicht kannst?
Bisher keine Auftritte, niemals. Wir hatten nicht einmal Proben, geschweige denn Konzerte. Du siehst, ich bin auf mich alleine gestellt. Es würde ein großer Ärger sein, von null an eine professionelle Live-Band zusammenzustellen, die Musiker zu finanzieren und die gesamte Produktion. Und am allerwichtigsten, ich bin nicht daran interessiert live zu spielen, es kümmert mich nicht. Ich fühle mich wohl daheim, wohl in den Bergen, wohl dabei, überall umher zu reisen, aber es reizt mich nicht, auf der Bühne zu stehen.

Mastermind von THY CATAFALQUE, Gastmusiker auf anderen Veröffentlichungen – vordergründig bist du ein Musiker und Songwriter, aber auch ein Fotograf und Poet. Kurzum: Kunst ist überall um dich herum. Woher beziehst du deine Inspiration für all das?
Also, von Kunst und Natur. Ich bin an allen Formen von Kunst interessiert und sie ist eine klare Kennzeichnung für das, was ich tue. Andererseits ist die Natur immer da für Ideen. Und in Schottland ist es wirklich leicht in die Natur einzutauchen. Aber ich muss dir sagen, dass ich nicht mit Musik zu Bett gehe und aufwache, ich bin nicht immer dabei irgendwas zu kreieren. Manchmal mache ich das, manchmal nicht.

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Als der Kopf einer avantgarden Metal-Band kombinierst du viele Stile, machst du das auch privat? Hörst du auch andere Bands mit ähnlichem Charakter, beispielsweise Leprous, Oranssi Pazuzu, Pensées Nocturnes, Sigh oder Solefald? Oder magst du etwas ganz anderes?
Ich kenne diese Bands. Oranssi Pazuzu ist eine der aufregendsten Bands, die ich seit langem hörte und natürlich mag ich Solefald, vor allem ihre ersten beiden Alben. Sigh sind ebenso interessant. Aber das Ding ist, dass ich heutzutage wenig Metal höre. In letzter Zeit bewegt mich mehr barocke  oder zeitgenössische experimentelle Musik. Minimalistischer, serieller, wirklich komisches Zeug. Sie sind nicht so unterhaltsam, aber dennoch aufregend.

Du wurdest in Ungarn geboren und lebst nun in Schottland. Wie kam es zu diesem Umzug? Bist du in den guten Whiskey verliebt oder ist es wegen der Landschaft?
Freunde von mir leben hier und es war offensichtlich, dass ich, wenn ich Ungarn verlassen würde, zuerst hierher kommen würde. Ich liebe Schottland, die Landschaft, die Kultur. Weißt du, ich komme aus dem großen ungarischen Flachland ohne nennenswerte Hinweise auf einen Hügel in 200 Kilometern Entfernung. Berge sind mein Schwachpunkt. Whiskey interessiert mich allerdings gar nicht, ich trinke keinen Alkohol.

Auf Grund deiner ehemaligen Bands Gire und Towards Rusted Soil besitzt du vielleicht noch einen starke Verbindung zu Ungarn. Wie ist die Metal-Szene dort? Größer als jeder erwarten würde oder eher ein Untergrund-Ding? Kannst du sagen, dass die Szene wächst, oder ist Metal eher unpopulär dort?
Towards Rusted Soil war nur eines meiner Projekte um Black Metal zu spielen, mit insgesamt nur zwei Songs vor etwa zehn Jahren. Gire ist nicht aktiv, aber alle von uns sind in Großbritannien, deswegen existieren zumindest geografisch keine Verbindungen zu Ungarn. Im kreativen Sinne tun sie das definitiv. Ich werde immer meine ungarischen Wurzeln besitzen, die können nicht gelöscht werden und ich habe nicht die Absicht, dass zu tun. Ungarische Kultur ist in mir.

Die Untergund-Metal-Szene kann ich wirklich nicht kommentieren. Der Hauptgrund dafür ist, dass ich der Szene nicht nah genug folge. Ich habe Freunde, die großartige Musik spielen, wie Ahriman, Perihelion, Svoid, Ygfan und es gibt viele andere Bands, höchstwahrscheinlich wirst du also etwas finden, das du magst. Das Genre selbst wird im Grunde ausgegrenzt. Selbst innerhalb der Metal-Medien gibt es eine starke Verzerrung mit nur einer Organisation, die die Szene dominiert; die Schaffung eines eher ungesunden Zustands.

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Ich möchte das Interview mit dem traditionellen Metal1.info-Brainstorming beenden. Was fällt dir ein beim Lesen der folgenden Begriffe:
Liebstes Land, um deine Ferien zu verbringen: Ungarn.
Meist unterschätzte Band: Ich mag die Formulierung nicht, aber lass mich Decoryah von Finnland nennen. Sie haben viel mehr verdient als zwei Alben und einige EPs.
Hillary oder Bernie: Jeder, der nicht Donald ist.
THY CATAFALQUE in 10 Jahren: Keine Ahnung.
Black Metal: Hvis Lyset Tar Oss.

Vielen Dank für deine Zeit, Kátai! Falls du noch etwas hinzufügen möchtest, gehören die letzten Worte dir!
Dank dir, Sarah!

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