Review Thy Catafalque – Naiv

Nach zwei Jahren und somit im üblichen Turnus liegend, veröffentlicht Tamás Kátai mit seiner musikalischen Herzensangelegenheit THY CATAFALQUE mal wieder ein neues Album.

So weit, so schlecht, denn zuletzt war eher eine Abwärtstendenz in der Qualität von Kátais Platten zu verzeichnen, die womöglich im direkten Zusammenhang mit der wenigen Zeit steht, die sich Kátai zwischen Songwriting und Release zugesteht.

Nach seinem starken fünften Auftritt namens „Rengeteg“ (2011) ließ sich der Wahlschotte vier Jahre für sein nächstes Album Zeit, das unter dem Namen „Sgùrr“ (2015) auf den Markt kam und von diesem positiv aufgenommen worden ist.

Mochte „Meta“ (2016) im direkten Vergleich mit dem Vorgänger nur schlechter abschneiden, ging „Geometria“ (2018) hingegen im Dickicht des langweiligen Durchschnittgedüdels komplett unter. Nun greift THY CATAFALQUE mit Album Nummer neun erneut an und der Titel könnte verheißungsvoller nicht sein: „Naiv“.

Naiv, weil ich hoffe, dass kein zweites „Geometria“ vor mir liegt? Naiv, weil ich Kátai nicht mehr zutraue, noch immer so homogene Alben komponieren zu können wie vor einigen Jahren? Beides trifft zu, denn „Naiv“ ist weder so wie sein Vorgänger noch hat es THY CATAFALQUE verlernt, sich neu zu erfinden.

Mit seinem neunten Album begibt sich Kátai bekanntermaßen ins Unbekannte, denn erwartbar ist von THY CATAFALQUE nur, dass man die neuen Ideen mag oder nicht. „Naiv“ bietet Neues, klingt dabei allerdings wesentlich unaufgeregter und vor allem stimmiger als auf den letzten beiden Alben.

Daraus resultiert eine Dreiviertelstunde Musik, die weder langweilt noch verstört; THY CATAFALQUE gelingt es seit langem wieder, den Zuhörer in den Bann dieses kruden Avantgarde-Metal-trifft-auf-funky-Beats-und-Zitter-Töne-Mix zu ziehen. Unterstützung holt sich Kátai dabei erneut von vielen Gastmusikern aus seinem Heimatland Ungarn, darunter vier Sänger und Sängerinnen; allesamt so gut, dass sie ein anfänglich fragiles „Szélvész“ in eine mitreißende Nummer verwandelt können oder durch die Abwechslung zwischen männlichem, harschem Growling und starkem weiblichem Klargesang gut unterhalten („A Bolyongás Ideje“).

Dazwischen streut THY CATAFALQUE rein instrumentale Songs, die mit coolem Fretless Bass und Posaune („Tsitsushka“) oder einer tragenden Wall Of Sound aus Violine und Cello überraschen („Számtalan Színek“). Allzu gerne unterlegt Kátai die Songs dabei mit einem leicht in die Beine gehenden, flotteren 4/4-Takt („A Valóság Kazamatái“) oder einem in diesen Breitenstreifen weniger bekannten Instrument wie der Andenflöte („Kék Madár“) oder der Laute („Embersólyom“).

Überaus charmant ist es, dass es THY CATAFALQUE durchweg gelingt, diesen exotischen Klang problemlos nach THY CATAFALQUE klingen zu lassen; obwohl die ungewohnten Klänge aufgrund ihrer Seltenheit natürlich aus den einzelnen Songs hervorstechen, nehmen die Sounds dennoch nicht so viel Raum ein, um das Lied zu dominieren. Vielmehr schafft THY CATAFALQUE die Symbiose zwischen typischen, projekteigenen Klang sowie neuen Ideen.

Schade allerdings ist, dass man „Naiv“ eben diesen typischen THY-CATAFALQUE-Klang anhört, da jener Sound für eine stellenweise undifferenzierte Abmischung der Instrumente steht; besonders in den Metal-lastigen Parts klingt die Gitarre zu verwaschen. Außerdem rächt sich der konsequente Verzicht auf einen Schlagzeuger, denn der Drum-Computer kann mitnichten den raumfüllenden Klang erzeugen, den ein einfacher Schlag auf ein Crash-Becken bewirkt; hier mangelt es einigen Stellen an Druck.

Dennoch: Mit seinem neunten Album zeigt Kátai, dass sich THY CATAFALQUE nicht zur Sackgasse für ihn entwickelt hat, sondern der Wahlschotte noch immer genügend Abzweige nach links und rechts findet, um jedes Album irgendwie anders zu gestalten – nach „Geometria“ ist ihm das mit „Naiv“ endlich wieder gut gelungen.

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Wertung: 7.5 / 10

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