Interview mit Mimi Telmo von We Ride

Mit ihrem dritten Album „Empowering Life“ haben die spanischen WE RIDE den Hardcore-Geheimtipp des Sommers auf den Markt gebracht: Pure Aggression trifft auf melancholische Gitarren, Hymnen-hafte Parts werden von stampfenden Rhythmen untermalt. Sängerin Mimi Telmo ist mit ihrem unheimlich Energie-geladenen Gesang maßgeblich für den Sound von WE RIDE mitverantwortlich: Im Interview gibt sie Auskunft über die Schwierigkeiten, in Spanien als Hardcore-Band zu bestehen, und gewährt Einblicke in die Hintergründe der Band und des Albums „Empowering Life“.

Euer neues Album „Empowering Life“ wurde vor kurzem veröffentlicht. Wie war die Rückmeldung eurer Fans und wie sind die Kritiken und Spanien und in der internationalen Presse ausgefallen?
Das Feedback war bisher wirklich sehr gut. Wir versuchen, mit jedem Album besser zu werden und ich denke, dass uns das mit „Empowering Life“ gelungen ist. Man kann zwar hören, dass wir uns musikalisch etwas verändert haben, aber den Leuten, die uns von Anfang an gefolgt sind, gefällt es, und wir haben dadurch auch viele neue Fans hinzugewonnen.

Die Veröffentlichung eures letzten Albums liegt fünf Jahre zurück, es ist 2012 erschienen. Warum hat es so lange gedauert, bis „Empowering Life“ fertiggestellt war?
Zwischen 2012 und 2015 sind wir extrem viel getourt und wenn wir zuhause waren, mussten wir unseren „echten“ Jobs nachgehen. Wir leben alle recht weit voneinander entfernt, deswegen war es ziemlich kompliziert, mal für längere Zeit zusammenzukommen und ein neues Album zu schreiben.

Warum habt ihr eure Band WE RIDE genannt?
Der Name geht auf den Film „Bad Boys“ und deren Motto „We Ride Together, We Die Together“ zurück. WE RIDE ist für uns wie eine Familie, auch über unsere Musik und die Konzerte hinaus, daher der Name.

In Sachen Songwriting ist „Empowering Life“ sehr viel geradliniger als die Vorgänger. Hattet ihr diesmal mehr Zeit, die Songs zu schreiben oder denkst du, dass ihr mit der Zeit und mehr Erfahrung einfach bessere Songschreiber geworden seid?
Ich glaube, es war wirklich eine Sache des Alters. Als wir angefangen haben, die Songs für das erste Album zu schreiben, waren wir 19, jetzt sind wir 28. Obwohl wir immer noch die gleiche Musik mögen, können wir jetzt auch ein bisschen mehr experimentieren, sodass sich die Songs nicht mehr so stark ähneln.


Von allen Songs auf dem Album gefällt mir „Summer“ am Besten, weil es so einen melancholischen Touch hat – und wenn ich den Text lese, klingt es für mich, als würde es um einen „verlorenen“ Menschen gehen, der gestorben oder seine Heimat verlassen hat. Stimmt das?
Danke, es ist auch mein Lieblingssong. Es geht um mich: Ich bin in Belgien geboren und mit zehn Jahren nach Galizien gezogen. Ein Teil meiner Familie ist in Belgien geblieben: Es war und ist immer noch sehr schwer für mich, so weit weg von ihnen zu leben, aber inzwischen ist es Teil meines Lebens. Meine Verwandten besuchen mich immer im Sommer, daher der Song-Titel.

Ihr habt bereits in vielen Ländern getourt, darunter die vereinigten Staaten und einige Länder in Südamerika. Was war eure beste Erfahrung dabei, und wo würdet ihr unbedingt gerne mal auftreten?
Das Beste daran, an so vielen Orten weit weg von zu Hause zu spielen – abgesehen von den Leuten und den großartigen Orten, die man kennen lernt – ist das Gefühl, Hunderte Leute deine Lieder singen zu sehen, während du 1000 Kilometer von zu Hause weg bist. Darauf arbeiten wir hin, und ich würde unheimlich gerne mal in Australien auftreten, eines Tages.

Welche Botschaft wollt ihr mit dem Albumtitel „Empowering Life“ vermitteln?
Wir haben einen kurzen und positiven Titel gesucht, der die Bedeutung des Albums auf den Punkt bringt. Wir schreiben über das Leben im Allgemeinen, persönliche Probleme und wie man sie auf eine positive Art und Weise lösen kann.

Wofür steht das Albumcover?
Die Hände auf dem Albumcover stellen Probleme, Unterdrückung und Negativität dar. Die Frau dahinter steht für Zorn und die Kraft, sich von all dem loszureißen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Obwohl es mittlerweile recht normal ist, dass man in einer Hardcore-Band eine Frau am Mikrofon sieht, ist die ganze Szene immer noch sehr von „Männlichkeit“ bestimmt. Was für negative Erfahrungen hast du mit Sexismus gemacht, sei es auf oder abseits von Konzerten, und wie gehst du damit um?
Klar ist es eine Szene, die von Männern dominiert wird. Es werden nach und nach mehr Frauen, sei es in Bands, auf Konzerten, als Autorinnen in Magazinen, oder als Fotografinnen. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass wir uns gegenseitig unterstützen, vor allem, da wir momentan in der Minderheit sind. Auf Konzerten habe ich wenig Erfahrungen mit Sexismus gemacht, im Internet, auf Youtube, Twitter und so weiter ist es aber recht heftig.

Obwohl WE RIDE eine spanische Band ist, schreibt ihr eure Texte auf englisch. Wollt ihr damit hauptsächlich mehr Leute erreichen, und fällt es dir manchmal schwer, dich in einer Fremdsprache auszudrücken?
Ja, es kann manchmal schwierig sein, aber wir haben damit angefangen, weil quasi alle Bands, mit denen wir aufgewachsen sind, aus Amerika kamen, deswegen sind wir daran gewöhnt.

Spanien ist nicht wirklich als Metal- und Hardcore-Mekka bekannt. Denkst du, dass es schwieriger ist, dort als Hardcore-/Metal-Band zu überleben als in anderen Teilen Europas?
Ja, es ist schon schwieriger. In Ländern, in denen die Szene größer ist, sind die Bands ehrgeiziger, weil sie leicht aus ihrer Stadt rauskommen und die Möglichkeit haben, als Vorband größerer Bands zu spielen, oder auf Festivals. Hier ist es richtig schwer, und viele Bands geben nach ein oder zwei Jahren auf, weil sie es nicht geschafft haben, irgendwo aufzutreten außer in ihrer Stammkneipe vor 20 Leuten.

Gibt es andere spanische Punk- und Hardcore-Bands, die du empfehlen würdest?
Ja, es gibt in Spanien eine Menge Bands, die ich jedem empfehlen kann, zum Beispiel Brothers Till We Die, Noiseast, Minority Of One, Dawn Of The Maya und Turn To Dust.


Wir sind fast am Ende des Interviews angekommen. Ich würde es gerne mit einem kleinen Brainstorming beenden: Ich werfe ein paar Begriffe in den Raum und du sagst mir, was dir dazu einfällt:
Donald Trump: Scheiße
Deutschland: Die besten Konzerte
Vegetarier: Antispeziesismus
Europäische Union: Macht die Reichen reicher und die Armen ärmer.
Metal1.info: Horns up!

Danke für das Interview. Die letzten Worte gehören euch. Bis bald.
Danke für die Unterstützung und für das Interview. Macht weiter so und unterstützt Hardcore auf der ganzen Welt und eure lokale Szene, in jeder Stadt und jedem Land.

Publiziert am von Pascal Stieler

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