Der Jahresrückblick 2017 von Stephan Rajchl

Schlechtestes Metal-Album des Jahres 2017
Bestes Entmetallisiert-Album des Jahres 2017
Bestes Festival des Jahres 2017

Ich war dieses Jahr nur auf zwei Festivals. Der Gewinner kann hier jedoch nur die Erstauflage des Vienna Metal Meetings sein: Wunderbar ausgeglichenes Line-Up, gute Organisation und perfekt passende Location. Verspricht auch im kommenden Jahr wieder super zu werden.

Bestes Konzert des Jahres 2017

Sehr schwere Wahl. Bezüglich schierer Wucht haben Trivium alle anderen weit hinter sich gelassen, in puncto Bühnenshow und Darbietung haben Batushka auf dem VMM und ASP brilliert (letztere haben sogar die lange Fahrt von Wien nach Leipzig gerechtfertigt), aber was die Emotionalität angeht, haben Anathema und Alcest Wunder gewirkt.

Schlechtes Konzert des Jahres 2017

Dragged Into Sunlight haben auf dem VMM nur chaotischen Krach gemacht, Harakiri For The Sky haben ihr Set auf dem VMM ziemlich lustlos abgearbeitet und Gothminister als billige Gothic-Kopie von Rammstein waren eindeutig der falsche Opener für ASP.

Bestes Coverartwork des Jahres 2017

Erneut eine sehr schwere Wahl, F41.0 und Eldamar hatten zum Beispiel wirklich eindrucksvolle, emotional berührende Artworks als Cover für ihre neuen Alben. Mit seinem ätherischen Gemälde für Heretoirs „The Circle“ hat Fursy Teyssier jedoch einmal mehr bewiesen, dass er zweifellos der geistvollste Illustrator im Metal-Umfeld ist. Seht und staunt:

Schlechtestes Coverartwork des Jahres 2017

Da musste ich nicht lang überlegen: Das Cover von White Willows „Future Hopes“. Leider nicht annähernd so gut wie das Album selbst und ein Beispiel dafür, dass große Namen (in diesem Fall Roger Dean) nicht immer auch mit großen Taten einhergehen…:

Newcomer des Jahres 2017

Einige Bands haben heuer durch wirklich beeindruckende Debüts auf sich aufmerksam gemacht, allen voran Pillorian als würdige Agalloch-Nachfolger und Vinsta als österreichische Antwort auf Opeth. Im entmetallisierten Sektor Noêta mit ihrem philosophischen Black Ambient.

Persönliche Entdeckung des Jahres 2017

Björk und Paragon Of Beauty. Geradezu peinlich, dass ich diese fantastischen Musikgenies erst jetzt für mich entdeckt habe.

Enttäuschung des Jahres 2017

– musikalisch: Eldamar, Falaise und ASP haben meine Erwartungen leider mehr oder weniger schlimm enttäuscht. Mit Todtgelichter und voraussichtlich auch Fäulnis hat der deutsche Black Metal zwei seiner außergewöhnlichsten Emporkömmlinge verloren – wirklich bedauerlich.
– persönlich: In erster Linie die (leider größtenteils vorhersehbaren) Ergebnisse der österreichischen Nationalratswahlen und der daraus resultierende Schwenk der Politik, der wohl so manchem Wähler noch nachhängen wird. Dementsprechend auch die Weltpolitik – Stichwort USA, Nordkorea und IS. Als Dreingabe noch die kleinen Probleme des Alltags wie etwa die Unfähigkeit einiger Rundfunkanbieter, die nicht zu überbrückende Distanz zu einigen meiner Mitmenschen und die Erkenntniss, dass selbst alte Freundschaften manchmal nur noch als Einbahnstraße funktionieren.

Überraschung des Jahres 2017

– musikalisch: Die anfangs scheinbar unerreichbaren Ziele der Crowdfunding-Kampagnen von Samsas Traum und Sopor Aeternus wurden tatsächlich verwirklicht – zwei fantastische Alben kündigen sich an. Schwadorf hat Sun Of The Sleepless aus der Versenkung geholt und damit das perfekte Black-Metal-Album kreiert, für das ich sogar mal die Höchstwertung zücken durfte. Neun Welten spielen plötzlich Post-Rock.
– persönlich: Während in einigen anderen Ländern der Gesetzgeber die „Ehe für alle“ beschlossen hat, wurde das bei uns vom VfGH übernommen – eine herrliche Ironie in Anbetracht der Ergebnisse der vergangenen Wahl. Saudi-Arabien wird vermeintlich liberaler und kündigt an, Kinos zuzulassen und Frauen das Autofahren zu gestatten. Ich habe endlich eine rundum zu mir passende Wohnung gefunden. Negativ: Ich musste feststellen, wie folgenschwer es sein kann, einem flüchtigen Bekannten in einer Bar zu begegnen.

Mein Song des Jahres 2017

Les Discrets haben mit „Rue Octavio Mey“ ein Meisterstück des Post-Rock zwischen Melancholie und Romatik geschaffen. „Lazarus“ ebnete nicht nur den Weg für die Rückkehr von Goethes Erben, sondern hat auch das Weltgeschehen trefflich kommentiert. Mit „Måneblôt“ hat Myrkur ihre bisher überwältigenste Black-Metal-Komposition veröffentlicht.

Mein bestes gelesenes Buch 2017

Allzu viel habe ich außerhalb meines Studiums nicht gelesen. Dayal Pettersons „Black Metal: Evolution Of the Cult“ war jedenfalls ein äußerst interessanter Einblick in die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte eines Phänomens, das über die Musik selbst hinausgeht, und zugleich eines meiner Lieblingsgenres.

Mein bester gesehener Film 2017

Durch „Dancer In The Dark“, den ich dieses Jahr zum ersten Mal gesehen habe und der mich tief berührt hat, habe ich Björk für mich entdeckt. Von den dieses Jahr erschienenen Filmen haben mich „Arrival“ und „La La Land“ am meisten beeindruckt.

Wunsch / Hoffnung für 2018

– musikalisch: Von den folgenden Bands erhoffe ich mir neue und gelungene Alben (einige davon sind leider noch nicht angekündigt und könnten noch lange auf sich warten lassen): Dornenreich, Autumnblaze, Angizia, Empyrium, Goethes Erben, Samsas Traum, Sopor Aeternus und Summoning. Dann sollen Todtgelichter und Agalloch doch bitte wieder zusammenkommen und Fäulnis zumindest noch einmal nach Wien kommen.
– persönlich: Ein möglichst problemloser Einzug in die neue Wohnung; der hoffentlich ebenso erfolgreiche Abschluss meines Studiums; möglichst wenige negative politische Veränderungen trotz einiger fragwürdiger Mehrheitsverhältnisse und Regierungschefs; die Überwindung einiger meiner Schwächen und selbstbehindernden Denkmuster.