Konzertbericht: Bleed From Within w/ Humanity’s Last Breath & Allt

12.12.2022 München, Feierwerk (Hansa 39)

Tourplakat Bleed From Within
Das Jahr neigt sich dem Ende zu und so klingt auch der (endlich) wieder mit unzähligen Clubshows gespickte Spätherbst aus. Eines der größten Highlights dieser Vorweihnachtszeit verspricht das hochkarätige Package um die schottische Metalcore-Band BLEED FROM WITHIN zu werden. Gemeinsam mit den Progressive-Death-Metallern HUMANITY’S LAST BREATH und den Newcomern ALLT steht dem ausverkauften Hansa 39 des Feierwerks ein Abend voll energiegeladener und brachialer Klänge bevor.

Bandlogo Allt
Die Durchstarter ALLT, die erst in diesem Jahr ihre allererste Show spielen konnten, dürften bei der Bandgründung im Jahr 2020 wohl selbst nicht daran geglaubt haben, nur zwei Jahre später als Opener für BLEED FROM WITHIN ihre erste Europa-Tour absolvieren zu können. Dank zwei hervorragenden EPs und den richtigen Verbindungen in die Musikszene (HUMANITY’S LAST BREATHs Gitarrist Buster Odeholm produzierte beide Releases) können die jungen Schweden ihren Traum jedoch ausleben. Um 19:30 Uhr, eine halbe Stunde vor dem offiziell angesetzten Beginn, treten ALLT bereits auf die Bühne. Während das Publikum aufgrund des verfrühten Starts teilweise erst im Laufe des Sets eintrudelt, werden alle rechtzeitig Anwesenden von Beginn an mit atmosphärisch-progressiven Klängen und krachenden Breakdowns verwöhnt. Am Auftritt der Progressive-Metalcore-Truppe lässt nichts erahnen, dass sie erst seit diesem Jahr gemeinsam auf der Bühne stehen. Synchrones Headbanging an der Saitenfront sowie die Bewegungsfreude und die sicheren Ansagen von Frontmann Robin Malmgren wirken routiniert und vielfach einstudiert. Der Sound ist knackig und klar und profitiert von einem satt donnernden Bass. Die Lieder schwanken stets zwischen düsterer Atmosphäre und emotionalen Wutausbrüchen, bieten mit prägnanten Hooks („Paralyzed“) aber auch die nötige Eingängigkeit. Selbst als Malmgren während „Quietus“ von seinem umkippenden Podest fällt, lassen sich ALLT nicht aus der Ruhe bringen: Der Sänger lächelt den Schmerz weg und Gitarrist Olle Nordström strahlt vor freundschaftlicher Schadenfreude. Obwohl das Publikum, wohl der Unbekanntheit der Schweden geschuldet, noch sehr zurückhaltend agiert, hat sich bis zum Ende des Sets eine beachtliche Masse vor der Bühne versammelt, die die Skandinavier nach ihrem letzten Track „Blindsight“ mit lautem Jubel verabschiedet.

  1. Odium
  2. Rupture
  3. Paralyzed
  4. Quietus
  5. The Deep Blue Silent
  6. Blindsight

Bandlogo Humanity's Last Breath
Nach angenehm kurzer Umbaupause tritt mit HUMANITY’S LAST BREATH die nächste Prog-Band aus Schweden auf die Bühne. Mit ihrem düsteren und klinischen Sound erfüllt das Quartett das Hansa mit einer erdrückenden Weltuntergangsstimmung. In dichten Nebel gehüllt und mit monochromen Lichteffekten ausgestattet, sodass selbst aus nächster Nähe fast ausschließlich die Silhouetten der vier Musiker zu erkennen sind, kreieren HUMANITY’S LAST BREATH ein Ambiente, das zur Musik wie auch zum Bandnamen nicht passender sein könnte. Filip Danielsson, dessen Gesicht wie immer von einer tief herab gezogenen Kapuze verdeckt wird, erfüllt mit seinen dämonischen Growls auch die letzte Ecke der Location mit Finsternis. Während gegen Mitte des Sets in den ersten Reihen ein kleiner Moshpit das nihilistische Geschehen durchbricht, wirkt der Großteil des Publikums wie in Trance: So bitterböse die Musik der Progressive-Death-Metaller auch sein mag, so beruhigend wirkt sie gleichzeitig. Gerade die Tracks ihres aktuellen Albums „Välde“, allen voran das mächtige „Tide“, vermitteln das Gefühl, in einer endlosen Dunkelheit zu schweben. Selbstverständlich arbeiten HUMANITY’S LAST BREATH auch während ihren Shows mit zahlreichen musikalischen Effekten und Backing-Tracks – anders wäre ihre Musik im Live-Kontext nicht zu rekonstruieren. Doch auch das Spiel der drei Instrumentalisten ist so genau wie ein Schweizer Uhrwerk. Und solange ihre Auftritte einen solchen Bann über das Publikum legen können, gibt man sich ihrer misanthropischen Musik mit ganzem Herzen hin.

  1. Dödgud
  2. Glutton
  3. Human Swarm
  4. Abyssal Mouth
  5. Tide
  6. Bellua Pt. 1
  7. Earthless

Bandlogo Bleed From Within
Um 21:30 Uhr ist es Zeit für die Briten von BLEED FROM WITHIN, die mit ihrem aktuellen Album „Shrine“ den größten Erfolg ihrer bisherigen Karriere verzeichnen konnten und somit auch zum ersten Mal als Headliner durch Europa touren. Aufgrund eines familiären Notfalls musste Bassist Davie Provan die Tour vor dem heutigen Auftritt leider kurzfristig verlassen – die Band bittet ihre Fans um Entschuldigung und erklärt, dass es auch für sie ein seltsames Gefühl sei, nur zu viert auf der Bühne zu stehen. An Energie und Spielfreude haben die reduzierten Schotten jedoch nichts verloren! Mit „I Am Damnation“, „Sovereign“ und „Levitate“ eröffnen BLEED FROM WITHIN ihr Set mit einem Dreierpack aus ihrer neuesten Veröffentlichung. Und live zeigt sich auch gleich die größte Stärke des neuen Materials: Die prägnanten Singalongs animieren das Publikum ab der ersten Zeile zum Mitgrölen und Ausrasten. Die Crowd lechzt nach Action und gibt über die gesamte Distanz Vollgas in Form von Stagedives, Wall Of Deaths und Circle Pits. Die Band selbst steht ihren Fans dabei in Nichts nach: Frontmann Scott Kennedy eilt über die Bühne und die Gitarristen Craig Gowans und Steven Jones lassen gekonnt die Haare kreisen, ohne an Präzision einzubüßen. Letzterer, erst seit 2018 Mitglied von BLEED FROM WITHIN, hat mit seinem rauen Klargesang der Band nicht nur Tür und Tor zu ihrem Erfolg geöffnet, sondern performt seine Parts auch mit einer Qualität, die in der Metalcore-Szene nicht allzu häufig vorzufinden ist. Während die Musik der Briten voll ins Schwarze trifft, sorgen Kennedys Ansagen jedoch für Belustigung im Publikum: Nicht, weil er sich ungeschickt oder unprofessionell ausdrückt, sondern aufgrund seines schottischen Englischs für deutsche Ohren maximal ungewohnt klingt. Insgesamt gewinnen BLEED FROM WITHIN durch ihre lockere und nahbare Art viele Sympathiepunkte. Gepaart mit ihrem energiegeladenen Auftritt und einer hervorragend ausgewählten Setlist setzen sie dem durchweg gelungenen Abend mit ihrer Performance die Krone auf. Nach den letzten Klängen von „The End Of All We Know“ bricht frenetischer Jubel aus – denn BLEED FROM WITHIN dürften sehr vielen der Anwesenden mit ihrem Auftritt ein frühzeitiges Weihnachtsgeschenk und ein perfektes Ende eines tollen Konzertjahres beschert haben.

  1. I Am Damnation
  2. Sovereign
  3. Levitate
  4. Into Nothing
  5. Pathfinder
  6. Fracture
  7. Flesh And Stone
  8. Temple Of Lunacy
  9. Afterlife
  10. Stand Down
  11. Paradise
  12. The End Of All We Know

Der Abend geht um 22:40 Uhr zu einer äußerst arbeitnehmerfreundlichen Zeit zu Ende, alle Bands versammeln sich nach den letzten Klängen in vollständiger Anzahl am Merchstand und stehen den Fans für Gespräche und Fotos zur Verfügung. Die beidseitige Dankbarkeit ist an diesem Abend im Münchner Feierwerk greifbar. Denn eine Selbstverständlichkeit ist es zu solch ungewissen Zeiten nicht, in einer randvollen, ausverkauften Location auftreten zu dürfen – genauso wie eine solche Hingabe der Bands zu ihrer Musik auch nichts Alltägliches ist. So sei auch an dieser Stelle allen drei Bands, dem harmonisch feiernden Publikum und auch dem Feierwerk als abermals äußerst fairem Veranstalter (18 € für ein internationales und hochkarätiges Package wirken fast schon unverschämt günstig) ein großes Danke ausgesprochen!

Publiziert am von Silas Dietrich

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