Konzertbericht: Godflesh w/ Bliss Signal, Dōmu

24.05.2019 Leipzig, UT Connewitz

24 Jahre nach ihrem letzten Auftritt in Leipzig sowie fünf Alben mehr in ihrer Diskografie kommt die britische Industrial-Metal-Ikone GODFLESH zurück. Obwohl diese Neuigkeit bei den Fans von Justin K. Broadrick und G. C. Green ausreichen würde, um an diesem Abend in Scharen in das UT Connewitz zu strömen, haben sich GODFLESH dennoch für zwei Anheizer in Form von DŌMU und BLISS SIGNAL entschieden.

DŌMU eröffnen pünktlich den Abend, der mit der exklusiven Deutschlandshow von Broadrick und Green enden wird. Die zwei Leipziger von DŌMU beschreiben ihre Musik als Black World Music; nicht unbedingt passend für das Duo, welches lediglich mit Keyboard und Schlagzeug weder Black noch World Music spielt, sondern sehr atmosphärische, von enormen Steigerungen geprägten Ambient. Neben dem starken Klimax jedes Songs sind es besonders die sich gemächlich erhebenden Drums, die DŌMU charakteristisch werden lassen. Wer Broadricks eigene Ambient-Projekte JK Flesh und Jesu mag und elektronischen Klangflächen somit offen gegenübersteht, wird (zumindest live) nicht von DŌMU enttäuscht. Die Leipziger machen Bock auf mehr!

Im Anschluss betreten die zwei Briten von BLISS SIGNAL nach einer Umbaupause von 20 Minuten die Bühne. Einer von ihnen, James Kelly, ist besonders durch seine Aktivität in Altar Of Plagues bekannt geworden; deren Black Metal findet auch Einzug in BLISS SIGNAL, allerdings auf eine ganz andere Art und Weise. Denn das Duo treibt den elektronisch-ambienten Einstieg von DŌMU um einiges mehr auf die Spitze: Wabbernder Drone-Sound trifft auf Black-Metal-Riffs und das fehlende Schlagzeug wird durch Double-Bass-imitierende Synths ersetzt.

Das Ergebnis ist ein sprichwörtlich abgrundtiefer Klang, der den Boden vibrieren und den darauf befindlichen Körper ohne eigenes Zutun erbeben lässt. Ebenfalls rein instrumental wie die Leipziger zuvor, ebenso als Duo auf der Bühne und mit dem Merkmal ausgestattet, dass eines der beiden Instrumente fokusgebend ist, aber dennoch komplett verschieden: BLISS SIGNAL setzen die Gitarre eher zur Unterstreichungen ihrer brutalen Beats ein, die auch so schon hart genug gegen die Schädeldecke pochen. Dazu noch das flackernde weiße Licht und der Auftritt ist so verstörend wie packend.

Um Punkt 23 Uhr betreten GODFLESH die Bühne, voran Broadrick, der sein eigener Roadie ist und Aufbau wie Verkabelung noch selbst übernimmt. Merkwürdig, dass das Erscheinen einer der kreativsten Köpfe des Genre nicht unter tosendem Beifall begrüßt wird.

Nach einem zehnminütigen Mix aus Aufbauen, Gitarre stimmen, Jammen und mit dem Rücken zum Publikum stehend, beginnen GODFLESH endlich die heiß ersehnte Show. Visuell untermauert wird diese durch die Leinwand hinter den Briten, auf der unterschiedliche Bilder, darunter verschiedene Albumcover, rotieren. Nicht unbedingt sinnstiftend, aber auch nicht störend, schließlich sind alle Augen auf GODFLESH gerichtet, die das Publikum bereits in der ersten Minute für sich gewonnen haben. Eine kleine Gruppe in den vordersten Reihen braucht nicht einmal zwei Songs, um in Fahrt zu kommen.

Die Songs selbst gehen via Saitenstimmen ineinander über, ohne, dass einer von beiden sich ans Publikum wendet. So fühlt man sich eher als ungewollter Zaungast bei einer Probe denn als von GODFLESH erwarteter Fan, aber Broadrick schwebt in Sphären, die schier weit entfernt zu sein scheinen. Die meiste Zeit im nach unten gebeugten Zustand oder dem Kopf nach unten haltend, verbindet er ihre Songs genau dann mit free play, wen ihm danach ist. Nach der Zugabe und knapp 75 Minuten Spielzeit hat man Broadricks Gesicht zwar nicht einmal gesehen, aber dafür einen hervorragenden Querschnitt aus der Diskografie von GODFLESH erhalten – und am Ende sogar ein „Thank You“.

https://youtu.be/naj0hmlDM6s

Während DŌMU mit ihren sphärischen Steigerungen den Abend bereits gut eröffnen, sind es die Briten von BLISS SIGNAL, welche die Konzertbesucher noch mehr einfangen. Das Duo ist ein spannender Drone-Black-Metal-Bastard, der ungemein fies auf den Hörer eindrischt, sodass er beinah unter der Soundlast zerbricht. Gleiches gilt selbstredend für GODFLESH: Wenngleich die beiden Musiker wenig bis gar nicht mit dem Publikum interagieren, sind es deren Songs, welche die Brücke schlagen und das UT Connewitz zum Beben bringen.

In eigener Sache: Wie schon bei den anderen Konzerten, die ich im UT Connewitz gesehen habe, fällt auch an diesem Abend erneut die akkurate Einhaltung der zuvor bekannt gegebenen Slots der Bands auf. Sehr besucherfreundlich und alles andere als selbstverständlich!

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